476 Sitzung vom 7. Dezember 1910 kommen nutzbar zu machen. Danach erſcheint es er lichterloh und iſt tot; darüber iſt kein Zweifel. durchaus zweckmäßig, jetzt einen Reinwaſſerbe⸗ hälter zu bauen. In der Magiſtratsvorlage finden Sie auch ferner einen Hinweis darauf, daß es aus techniſchen und allgemeinwirtſchaftlichen Gründen angebracht wäre, ſogleich auch einen zweiten Rein⸗ waſſerbehälter zu erbauen, deſſen Neubau in den nächſten Jahren doch ſo wie ſo erforderlich ſein würde. Ich beantrage die Annahme der Magiſtrats⸗ vorlage und bitte, die 425 000 ℳ, die in der nächſten Anleihe bereits vorgeſehen ſind, aus Anleihemitteln zu bewilligen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: 2) Dem Neubau eines Reinwaſſerbehälters auf dem Waſſerwerk Jungfernheide nach dem vorgelegten Bauentwurf nebſt Koſtenan⸗ ſchlag wird zugeſtimmt. b) Die Koſten im Betrage von 425 000 ℳ ſind aus Anleihemitteln zu entnehmen.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 6 der Tages⸗ ordnung: Anfrage der Stadtv. Stein und Genoſſen betr. unfall auf dem Untergrund bahnhof Wittenberg⸗ platz. — Druckſache 335. Die Anfrage lautet: Iſt dem Magiſtrat bekannt, daß vor einiger Zeit auf dem Untergrundbahnhof Wittenberg⸗ platz ein Kind dadurch tödlich verunglückt iſt, daß es auf die dicht am Bahnſteig befindliche Leitungsſchiene fielkr“ Wird der Magiſtrat veranlaſſen, daß die Bahngeſellſchaft die Leitungsſchiene ungefährlicher anbringt? Frageſteller Stadtv. Stein: Meine Herren, als ich vor mehreren Wochen im Verein mit meinen Freunden dieſe Anfrage an den Magiſtrat richtete, war ich erſt wenig orientiert; ſonſt hätte ich einen Antrag geſtellt. Kurz bevor ich dieſe Anfrage ſtellte, an demſelben Tage, hatte ich davon Kenntnis erhalten, daß vor längerer Zeit ein Kind auf dem Bahnhofe Wittenbergplatz abgeſtürzt und ver⸗ brannt wäre. Über dieſen Unglücksfall war wenig in die Offentlichkeit gekommen. Ich erkundigte mich bei den Behörden, von denen ich dachte, daß ſie etwas davon gehört haben müßten. Keine Ahnung! Ich fragte auf dem Bahnhofe nach, wie die Sache wäre. Die Beamten ſind ja natürlich ſehr vorſichtig und werden nicht ohne weiteres jedem x⸗beliebigen Pfahlbürger Mitteilungen machen, ob ein Unglücksfall paſſiert iſt; dazu ſind ſie, glaube ich, auch gar nicht berechtigt. Aus den Mitteilungen konnte ich aber doch ſchließen, daß der Unglücksfall paſſiert war. Meine Herren, ich habe die Anfrage geſtellt, weil die Gefahr de facto exiſtiert. Wenn Sie ſich einmal auf dem Bahnhof Am Knie oder auf dem Bahnhofe Wittenbergplatz zu der Zeit, wo die Leute in die Theater und Konzerte ſtürzen, das Treiben auf den Perrons anſehen: wie man ſich vorbeugt, wie Damen und Kinder dicht an den Rand heranrücken —, dann kann man wohl ſagen: es iſt ein Wunder, daß nicht öfter ein Unglücksfall paſſiert. Denn wenn jemand abſtürzt, dann brennt In den Zeitungen iſt ja darüber nichts veröffent⸗ licht worden. Die Sache liegt aber doch ſo eigen⸗ tümlich, daß wohl Abhilfe geſchafft werden muß. — Vor ein paar Tagen iſt die Untergrundbahn in Schöneberg eröffnet worden. Dort iſt die Leitungsſchiene geſchützt. Ich will heute keinen Antrag ſtellen, ich habe die Sache nur vor der Offentlichkeit beſprechen wollen. Ich glaube, daß der Magiſtrat wohl das Nötige für die Bürger der Stadt tun wird, deren Leben und Geſundheit durch die jetzigen Mängel der Einrichtung jedenfalls bedroht ſind. Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren, ich möchte vorwegſchicken, daß die Untergrundbahn nicht eine ſtädtiſche Einrichtung iſt, ſondern von einer Geſellſchaft betrieben wird, die für die Sicherheit der Paſſagiere aufzukommen hat. Wir als Stadt haben auch kein Überwachungsrecht. Der Magiſtrat wird aber jedenfalls alles tun was in ſeinen Kräften ſteht, um dafür zu ſorgen daß Mißſtände auf der Untergrundbahn, die ihm bekannt werden, beſeitigt werden. Dem Magiſtrat war auch von dieſem Unfall, der auf dem Bahnhofe Wittenbergplatz paſſiert iſt, nichts bekannt. Er hat Erkundigungen bei der Hochbahngeſellſchaft eingezogen, und es iſt feſt⸗ geſtellt worden, daß auf dem Bahnhof Wittenberg⸗ platz am 9. Juli 1904 (Zuruf) — 1904, es ſind alſo ſchon über 6 Jahre her — der Knabe Holz in die Spalte zwiſchen dem Wagen des haltenden Zuges und dem Bahnſteig geraten, dabei auf die Leitungsſchiene gefallen und tödlich verunglückt iſt. Die Hoch⸗ und Untergrundb ahn⸗ geſellſchaft hat nach ihrer Mitteilung die Sache ſofort unterſucht und hat darauf hingewirkt, daß die Mißſtände auf dem Bahnhofe Wittenbergplatz und noch auf einem anderen Bahnhof, bei dem die Verhältniſſe ähnlich liegen, beſeitigt werden. Der Mißſtand beſteht darin, daß der Bahnhof Wittenbergplatz in einer Kurve liegt. Der Bahn⸗ ſteig mit den Schienen iſt alſo gekrümmt. Auf der einen Seite iſt die Krümmung dem Bahn⸗ ſteige zugewendet, auf der anderen Seite dem Bahnſteige abgewendet. Die Wagen, die vor dem Bahnſteig vorfahren, haben eine gerade Kante; infolgedeſſen entſteht auf dem einen Bahnſteig in der Mitte des Wagens ein erweiterter Spalt, auf der anderen Seite an beiden Enden des Wagens. Da die Türen zum Ein⸗ und Ausſteigen ſich an den Enden der Wagen befinden, ſo iſt für das Ein⸗ und Ausſteigen der Bahnſteig gefährlich dort, wo die beiden Enden des Wagens ſich von der Bahnſteig⸗ kante entfernen, wo ſich alſo der Spalt erweitert. An dieſer Stelle iſt auch das Unglück paſſiert. Das Kind wollte hineinſteigen, hat fehlgetreten und iſt in den Spalt gefallen. 0 Die Untergrundbahngeſellſchaft hat im Ein⸗ verſtändnis mit der vorgeſetzten Landespvolizei⸗ behörde zur Beſeitigung der Mißſtände Vor⸗ kehrungen nach zwei Richtungen getroffen. Einmal hat ſie auf den fraglichen Bahnhöfen das Gleis noch weiter an die Bahnſteigkante herangeſchoben, und zweitens hat ſie den Fußboden der Wagen an den Eingangstüren nach außen hin erweitert, in⸗ dem ſie vor die Eingangstüren Holzklötze genagelt und genügend befeſtigt hat. Damit hat ſie das getan, was nach Anſicht ihrer Aufſichtsbehörde nach Lage