482 Sitzung vom 7. ob hier nicht eine öffentliche Ausſchreibung für einen Bebauungsplan am Platze wäre. Stadtv. Becker: Meine Herren, mein Sprach⸗ organ iſt heute nicht in Ordnung; trotzdem möchte ich bei dem hohen Intereſſe, das hier für die Ent⸗ wicklung des Stadtteils Nord⸗Weſtend bekundet iſt, nicht verfehlen, einige Ausführungen zu machen, die Sie vielleicht intereſſieren werden. Es iſt Ihnen bekannt, daß ſich ein Verein gebildet hat, der auf Nord⸗Weſtend für Groß⸗Berlin eine Bismarck⸗ warte errichten will, daß dieſer Verein vom Eiſen⸗ bahnminiſterium ſeinerzeit ein Terrain gekauft hat, das dicht oberhalb des Bahnhofs Fürſtenbrunn liegt, alſo unmittelbar da, wo ſpäter eine Haupt⸗ verbindung von dem oberen Stadtteile nach dem Bahnhof Fürſtenbrunn hergeſtellt werden muß. Den Herren iſt auch — das kann ich wohl annehmen — das Kliſchee der Warte bekannt, das angibt, wie man ſich ſeinerzeit den Bau gedacht hat. Es war in Ausſicht genommen, für den Bau dieſer Warte einen Betrag von 100 000 Mark durch freiwillige Beiträge zuſammenzubringen. Seit 5 Jahren habe ich die Leitung dieſes Vereins, und ich kann den Herren die Mitteilung machen, daß dieſe 100 000 ℳ zuſammengebracht ſind, (Bravo!) nicht nur zuſammengebracht, ſondern weit über⸗ ſchritten ſind, ſo daß man ſchon jetzt mit einem Kapital von etwa 135 000, 136 000 ℳ. rechnen kann. Nun könnten wir ja anfangen, unſern Turm zu bauen. Das hat aber einen Hacken. Dort in der Gegend vom Fürſtenbrunner Bahnhof haben ſich die Siemens⸗Schuckertwerke angebaut; es ſind dort Waſſertürme entſtanden und große Schorn⸗ ſteine, und auch Ihnen hat es beliebt, einen Rieſen⸗ Waſſerturm dort oben auf Weſtend zu errichten. Wenn wir nun mit unſerm Türmchen kommen, das wir ſeinerzeit projektiert haben, dann würden wir nichts anderes tun, als einen Schornſtein neben die übrigen Schornſteine ſetzen. Wir würden unſer Geld verpulvern und keinen Eindruck mit dem Bau erwecken können. Nachdem wir eingeſehen haben, daß es zwecklos iſt, dieſen beſcheidenen Entwurf dort auszuführen, hat ſich der Verein veranlaßt geſehen, mit Baukünſtlern allererſten Ranges in Verbindung zu treten, um einen eindrucksvollen Plan für dieſes Bauwerk auf Weſtend zu erhalten. Bei den Vor⸗ beſprechungen iſt als Koſtengrenze für den Bau die Summe von 400 000 ℳ« angenommen worden. Sie ſehen, meine Herren, daß wir Courage haben. Nachdem wir in ein paar Jahren, — was ich per⸗ ſönlich kaum jemals geglaubt habe erhoffen zu dürfen — 136 000 ℳ geſammelt haben, wird es uns auch ſchon gelingen, den Betrag von 400 000 ℳ für ein Bismarck würdiges Denkmal dort oben in Groß⸗Berlin zuſammenzubringen. Wenn wir nur erſt einen Plan haben, der durchgreift, dem alle begeiſtert zuſtimmen. Wir haben uns die anerkannteſten Denkmalerbauer Deutſchlands zu dem Werke geſichert. Im September dieſes Jahres haben wir ein Ausſchreiben zu beſchränktem Wett⸗ bewerbe erlaſſen, zu dem herangezogen worden ſind: der Regierungsbaumeiſter Robert Leibnitz in Berlin, ein Baukünſtler, der als Mitglied des Vereins⸗Vorſtandes uns ſchon vielfach bei unſeren Arbeiten unterſtützt hat, ferner der Architekt E. H. Schaut, der Erbauer vom Hamburger Bismarck⸗ Dezember 1910 Denkmal, und Herr Prof. Dr Bruno Schmittz. Das ſind drei Namen, mit denen man wohl in eine ſolche Konkurrenz hineingehen kann. Dann iſt ein Preisgericht zuſammengeſetzt worden, beſtehend aus dem Profeſſor Wallot, Prof. Dr Friedrich von Thierſch in München und dem Stadtbaurat Seeling in Charlottenburg — ebenfalls ein Preisgericht allererſten Ranges. Zum 15. März nächſten Jahres ſollen die Pläne eingereicht ſein, dann wird das den ganzen Stadtteil Nordweſtend be⸗ herrſchende und ihm ſein Gepräge aufdrückende Bauwerk beurteilt werden, und die Preisrichter werden ſich entſcheiden, ob ſie einen und welchen von den Entwürfen zur Ausführung empfehlen können. Dann hoffen wir die Pläne öffentlich ausſtellen und mit friſchem Mute in weitere Sammlungen eintreten zu können, und ich hoffe, dann auch von Ihnen allen aufs beſte unterſtützt zu werden. (Bravo! und Heiterkeit.) Stadtv. Dzialoszynski: Meine Herren, ich will von der Propaganda für das Bismarck⸗Denk⸗ mal zurückkehren zu dem Antrage, der hier geſtellt worden iſt. Ich muß ſagen, ich gehörte. früher zu denjenigen, die eine Beſchleunigung in der Aufſchließung von Nord⸗Weſtend nicht für erwünſcht hielten. Es leitete mich dabei die Erwägung, daß treibhausartige Aufſchließungen von Baugelände zu vermeiden ſind. Wenn Sie auf die Entwicklung von Charlottenburg einen Blick werfen und ſich z. B. einmal die Entwicklung der Kantſtraße ver⸗ gegenwärtigen, ſo werden Sie ſehen, daß der Teil der Kantſtraße, der vorzeitig bebaut worden iſt, nämlich der Teil in der Gegend der Wilmersdorfer Straße, total verbaut iſt. Überhaupt iſt das bei den Straßenteilen um den Bahnhof Charlottenburg und die Wilmersdorfer Straße, die vorzeitig bebaut worden ſind, der Fall; ſie gewähren nicht gerade erfreuliche Städtebilder. Wenn in Berlin das Hanſa⸗ viertel 4, 5 Jahre ſpäter aufgeſchloſſen worden wäre, ſo würde dieſes Viertel, glaube ich, einen ganz anderen Charakter haben als heute. Die vorzeitige Aufſchließung dieſes Stadtteils hat Folgen gehabt, die für Berlin nicht erwünſcht ſind und die zum Teil die Entwicklung der Gegend um den Kurfürſten⸗ damm ermöglicht haben. Man wird alſo, glaube ich, anerkennen müſſen, daß eine Verlangſamung des Tempos der Aufſchließung von Stadtteilen zweck⸗ mäßig iſt in dem Milieu von Groß⸗Berlin, in dem überhaupt treibhausartig Gelände über den Bedarf hinaus aufgeſchloſſen werden. Trotzdem ich von dieſer Anſchauung durch⸗ drungen bin, ſtelle ich mich jetzt auf den Standpunkt, daß die Zeit gekommen iſt, eine andere Haltung in der Erſchließung von Nord⸗Weſtend einzunehmen. Hierbei leitet mich der Geſichtspunkt, den der Herr Stadtbaurat vorhin verwarf, nämlich die Erſchlie⸗ ßung des Spandauer Grenzgebietes. Mich ſchrecken hierbei nicht die Hinderniſſe, die der Herr Baurat vor⸗ hin dargeſtellt hat. Dieſe Hinderniſſe werden ſich beſeitigen laſſen, zwar nicht von heute auf morgen, nicht in ein, zwei oder drei Jahren, wohl aber in abſehbarer Zeit, und alsdann wird die Bebauung von Nord⸗Weſtend erwünſcht ſein, und zwar gerade mit Rückſicht auf die Entwicklung des Grenzgebiets. Ich bin überzeugt, daß die Entwicklung von Nord⸗ weſtend nicht von der Spandauer Chauſſee aus kommen wird, ſondern gerade von dieſem Grenz⸗ gebiet aus.