Sitzung vom 7. Dezember 1910 Zur Vorbereitung der Aufſchließung können wir jetzt ſchon einen Schritt tun. Dieſer Schritt beſteht darin, daß wir ſo raſch wie möglich den Bebauungsplan aufſtellen und veröffentlichen. Die⸗ ſen Schritt zu tun, ſind wir durch nichts gehindert. Wenigſtens habe ich aus den Ausführungen des Herrn Stadtbaurats Bredtſchneider nichts ent⸗ nommen, was dem entgegenſteht. Mit dieſem Schritte werden wir das einzig Praktiſche, das für die Aufſchließung und Fortentwicklung von Nord⸗ weſtend einzig Mögliche tun. Das können wir, und das wird ein fruchtbarer Schritt ſein; denn in dem Moment, wo wir dieſen Bebauungsplan auf⸗ ſtellen und veröffentlichen, werden wir die Be⸗ wegung fördern, die bereits jetzt in Nord⸗Weſtend eingeſetzt hat, nämlich die Bildung von großen Terraingeſellſchaften, mit denen wir verhandeln können, die kapitalkräftig genug ſind, um an dieſer Stelle eine geſunde Entwicklung in die Wege zu leiten. Es hat ſich ja dort ſchon eine große Truſt⸗ geſellſchaft gebildet; es ſind die bedeutungsvollſten Terraingeſellſchaſten Groß⸗Berlins zu einer ein⸗ zigen zuſammengetreten, die den größten Teil von Nord⸗Weſtend in der Hand hat. Wir fördern dieſe Entwicklung und ein gemeinſames, großzügiges Operieren aller Terrainbeſitzer, wenn wir den Be⸗ bauungsplan ſo raſch wie möglich veröffentlichen. Nachdem die Entwicklung des Grenzgebiets ſo wuchtig eingeſetzt hat, haben, glaube ich, die Terrainbeſitzer durchaus das Recht darauf, und es liegt auch im Intereſſe der Kommune, wenn wir dieſen Schritt tun. Wenn hierbei die An⸗ rogung, die Herr Klau vorhin gegeben hat, befolgt wird, daß der Bebauungsplan beſonders reizvoll ausgeſtaltet wird, daß ein öffentliches Preisaus⸗ ſchreiben erfolgt, ſo wird ſich dagegen nichts ein⸗ wenden laſſen. Durch eine derartige Maßnahme dürfte aber meiner Meinung nach die Aufſtellung des Bebauungsplanes nicht erheblich verzögert werden. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Flatau (Schluß⸗ wort): Meine Herren, ich darf mit Vergnügen konſtatieren, daß aus der Mitte der Verſammlung von keiner Seite ein Widerſpruch gegen das Ziel unſeres Antrages laut geworden iſt und daß alle Redner, die ſich mit dem Inhalt unſeres Antrages beſchäftigt haben, auch den notwendigen Zuſammen⸗ hang zwiſchen der baulichen Erſchließung von Nord⸗ Weſtend und der wirtſchaftlichen Erſchließung des angrenzenden Spandauer Geländes betont haben. Ich möchte im Anſchluß daran noch feſtſtellen, daß der Stadtverordnetenverſammlung und wohl auch den einzelnen Mitgliedern in dieſen Tagen eine neue Petition zuging, die durch den Gang der heutigen Verhandlungen — wie ich annehme, — zur Zufriedenheit der Intereſſenten erledigt worden iſt. Perſönlich möchte ich dann noch meiner Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß der Herr Stadtbaurat uns heute die erſten wirk⸗ ichen Schritte auf dem Wege der baulichen Er⸗ ſchließung von Nord⸗Weſtend für die nächſte Zeit angekündigt hat. Wenn ich meinen Standpunkt, wie ich ihn vor ungefähr Jahresfriſt hier vertreten hatte, in der Zwiſchenzeit einigermaßen modifizieren mußte, ſo hat das ſeinen Grund darin, daß ich in⸗ zwiſchen etwas ſteptiſch inbezug auf die Unüber⸗ windlichkeit und Stärke der Hinderniſſe geworden 483 war, die uns ſeiner Zeit im Ausſchuß von dem Herrn Stadtbaurat geſchildert worden waren. Wir werden wohl alle der Meinung ſein, daß die Mo⸗ mente, die auch heute wieder eine gewiſſe Rolle in der Erklärung des Herrn Stadtbaurats geſpielt haben, ſo geartet ſind, daß man ſie ebenſo gut vor drei Jahren beſeitigen und die bezüglichen Arbeiten damals ſo gut wie heute in Angriff nehmen konnte, ſo daß man allerdings in Überein ſtimmung mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Stadthagen ſagen darf: es hätte das Nötige ganz gut einige Jahre früher in die Wege geleitet werden können. Was insbeſondere die Schwierigkeiten an⸗ langt, die uns hier vom Herrn Stadtbaurat un⸗ gemein draſtiſch geſchildert worden ſind, — die techniſchen Schwierigkeiten, die ſich einer Verbin⸗ dung zwiſchen der Höhe von Weſtend, dem einen Ufer der Spree und dem andern Ufer entgegenſtellen ſollen, ſo möchte ich eins betonen: tatſächlich be⸗ ſteht doch bereits jetzt ein erheblicher Verkehr zwi⸗ ſchen dieſen beiden Ufern. Die Leute ſcheinen ſchon jetzt dieſe Schwierigkeiten doch nicht ſo hoch einzu⸗ ſchätzen, während ſich ja nach erfolgter baulicher Erſchließung die Verbindung noch ganz anders und leichter geſtalten würde. Bei den Schilderungen des Herrn Stadtbaurats konnte man beinahe zu der Anſicht kommen, als ob die Höhe von Weſtend dem Gletſchergebiete des Mont Blane angehöre, die Tiefe des Spreetales ein Seitenſtück zu dem „Cannon des Colorado“ wäre und beide zuſammen ein geradezu unüberwindliches Naturhindernis dar⸗ ſtellten. Ich glaube, wenn man den Schwierigkeiten ernſtlich ins Auge ſieht, dann verflüchtigen ſie ſich. Ich möchte deshalb mit den Worten ſchließen: wo ein Wille iſt, da iſt auch ein Weg, und ich hoffe, daß dieſer Weg recht bald und recht energiſch be⸗ ſchritten wird. (Bravo!) (Die Verſammlung ſtimmt mit großer Mehr⸗ heit dem Antrage der Stadtv. Dr Flatau und Gen. zu.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Durch dieſen Beſchluß iſt die Petition der Intereſſenten von Nord⸗Weſtend, die eingereicht worden iſt, er⸗ ledigt. Das Protokoll vollziehen heute die Herren Kollegen Kerb, Kern und Klick. Wir kommen zu Punkt 8§ der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Dr. Borchardt und Gen. betr. Gemeindefriedhof. — Druckſache 337. Der Antrag lautet: Die Verſammlung erſucht den Magi⸗ ſtrat, nachdem das für Errichtung eines Ge⸗ meindefriedhofes in Ausſicht genommene Terrain am Tiefwerder in andere Hände über⸗ gegangen iſt, unverzüglich bei der Regierung Schritte zu tun, um auf geeigneten Teilen der Jungfernheide einen Gemeindefriedhof errichten zu können. Antragſteller Stadtv. Vogel: Meine Herren, dieſer Antrag iſt nicht neu. Bereits am 19. Novem⸗ ber 1901 iſt von unſerm früheren Kollegen Dr Pen⸗ zig und einer Anzahl Genoſſen der Antrag geſtellt worden, einen Gemeindefriedhof in Charlotten⸗ burg zu errichten. Später ſind vom Kollegen