484 Sitzung vom 7. Dezember 1910 Protze und Gen. ebenſolche Anträge oder Anfragen iſt nicht mehr zu haben geweſen, iſt ſchon ander⸗ geſtellt worden, desgle ichen vom Kirchlich⸗Liberalen weitig verwendet worden, ſo daß der Magiſtrat Verein in Charlottenburg. Der Gemeindekirchenrat auf dieſes Terrain überhaupt verzichten mußte. der Trinitatisgemeinde hat die ſtädtiſchen Be Er iſt dann wegen eines Terrains an der Heer⸗ hörden um ſchleunigſte Errichtung eines kommunalen Friedhofs gebeten, und der Haus⸗ und Grundbe⸗ ſitzerverein von 1895 bringt die Jungfernheide als dazu geeignetes Terrain in Vorſchlag. Dann ſind noch verſchiedene Anfragen von den Kollegen Bollmann, Dr Stadthagen, Jolenberg uſw., auch wegen Errichtung von Krematorien, Urnenhallen, eingegangen. Wie geſagt, es zeigt ſich, daß in allen Kreiſen der Bevölkerung das dringende Verlangen nach einem Gemeindefriedhof und nach der Er⸗ richtung von Anlagen zur Feuerverbrennung und von Urnenhallen vorhanden iſt. Der Magiſtrat hat auch eine ganze Anzahl von Schritten zur Ver⸗ wirklichung dieſer Forderungen getan. Am 8. Ok⸗ tober 1904 hat er an den Regierungspräſidenten eine Eingabe gerichtet mit der Bitte um grund⸗ ſätzliche Stellungnahme zu der Frage der kommu⸗ nalen Friedhöfe, event. um kommiſſariſche Ver⸗ handlungen. Am 26. November desſelben Jahres weiſt er nochmals auf die Dringlichteit der Sache hin. Am 1. Dezember bittet er den Oberpräſidenten um möglichſte Beſchleunigung der Angelegenheit. Am 14. Dezember erwidert dann der Oberpräſident, daß die endgültige Stellungnahme vorbehalten bleiben müſſe, bis die ſtädtiſchen Behörden be⸗ ſtimmte Vorſchläge gemacht haben. Am 3. Januar 1905 teilt der Regierungspräſident mit, daß er kommiſſariſche Verhandlungen zurzeit nicht für zweckmäßig halte. Dann wendet ſich das Königliche Konſiſtorium an den Regierungspräſidenten in Potsdam und fragt an, ob es richtig wäre, daß in Charlottenburg auf dem Gemeindefriedhof „lauf⸗ grabenähnliche Maſſengräber“ eingeführt ſeien. Dabei hatten wir, wie der Herr Bürgermeiſter ſeinerzeit mitgeteilt hat, damals noch gar keinen Friedhof (Bürgermeiſter Matting: Auch heute noch nicht!) ſowenig wie heute. Das Polizeipräſidium hat ſich auch danach erkundigt, wie weit denn die Ange⸗ legenheit ſteht. Aber erſt reichlich zwei Jahre ſpäter kam ein Beſcheid vom Oberpräſidenten. Am 31. März 1907 hatte der Herr Oberbürger⸗ meiſter Gelegenheit, mit dem Oberpräſidenten mündlich zu ſprechen, und er hat die Auskunft be⸗ kommen, die Sache „ſchwebte noch“. Am 30. Sep⸗ tember 1907 bittet der Magiſtrat um Beſchleunigung der Sache. Aber es kommt keine Antwort. Es ſind dann noch verſchiedene Eingaben an den Prä⸗ ſidenten und Oberpräſidenten gerichtet worden. Es iſt eine Anfrage dann gekommen, wie es mit den Andersgläubigen bei der Beerdigung gehalten werde. Am 1. Februar 1908 wird gefragt, wie viel Andersgläubige, am 22. Februar, wo dieſe Anders⸗ gläubigen beerdigt werden. Der Magiſtrat hat dar⸗ auf bloß erwidern können, das wiſſe er ſelbſt nicht. Am 11. Oktober 1908 antwortet dann der Ober⸗ präſident auf die Eingabe vom 12. September 1906, daß er nicht eher Beſcheid geben könne, als bis die genauen Grenzen des zukünftigen Friedhofs mitgeteilt werden. Der Magiſtrat hatte nämlich die Möckeritzwieſen vorgeſchlagen. Inzwiſchen ſind aber die Beſitzer der Möckeritzwieſen auf die Sache aufmerkſam geworden und haben ganz unerhörte Forderungen geſtellt. Der Baggerſand, der zur Aufhöhung des Terrains in Ausſicht genommen war — die Möckeritzwieſen liegen bekanntlich tief —, ſtraße bei Dalgow in Unterhandlungen getreten, die ſich auch zerſchlagen haben. Es war auch zur Kenntnis gekommen, daß der Kaiſer nicht wünſche, daß an der Heerſtraße ein Friedhof errichtet werde. Meine Fraktion hatte demungeachtet den Antrag geſtellt, der Magiſtrat möchte mit aller Energie auf die Errichtung des neuen Friedhofs bedacht ſein. Nun iſt der Herr Kämmerer wegen des Terrains am Tiefwerder in Unterhandlung ge⸗ treten. Die Unterhandlungen haben mehrere Mo⸗ nate, beinahe ein Jahr gedauert. Der Magiſtrat iſt auf jedes Verlangen eingegangen und hat allen Bedingungen zugeſtimmt. Schließlich hat ſich herausgeſtellt, daß noch von anderer Seite auf das Terrain am Tiefwerder reflektiert wird, und zwar von den Charlottenburger Waſſerwerken. Ich kann mir nicht helfen, die Verhandlungen machen ganz den Eindruck wie die Verhandlungen des Kriegs⸗ miniſteriums mit dem Berliner Magiſtrat wegen des Tempelhofer Feldes. Wie Berlin dort hinge⸗ halten wurde, ſo ſind wir auch — muß man an⸗ nehmen — hingehalten worden, bis der Preis ent⸗ ſprechend erhöht war. Das iſt allerdings keine er⸗ freuliche Ausſicht. Auch in anderer Beziehung haben ſich die Königlichen Behörden ſehr reſerviert gezeigt. Sie ſehen das ſchon aus den vielen Hin⸗ haltungen gegenüber dem Magiſtrat. Eine be⸗ zeichnende Außerung iſt dann erfolgt, die der Magiſtrat uns am Jahresſchluß 1907 mitgeteilt hat. Der Magiſtrat hatte einen Ausſchuß einge⸗ ſetzt, der in mehreren Sitzungen auf Grund juri⸗ ſtiſcher Gutachten die geſetzlichen Unterlagen für Errichtung und Durchführung des Kommunal⸗ friedhofs geſichtet und klargelegt hatte. Bei dieſen Arbeiten wurde feſtgeſtellt, daß anläßlich der Vor⸗ beſprechungen im Bureau der Berliner Stadt⸗ ſynode über die Anlage von Kirchhöfen in der Umgebung von Berlin laut Protokoll vom 19. No⸗ vember 1901 der Vertreter des Herrn Oberprä⸗ ſidenten in Potsdam ſich dahin ausgeſprochen habe, daß für den Fall der rechtzeitigen Initiative der Stadtſynode für die Anlage eines Zentral⸗ friedhofs in Zukunft die Genehmigung zur Anlage von Einzelfriedhöfen weder kirchlichen noch kom⸗ munalen Körperſchaften werde erteilt werden. Allerdings iſt hinzugefügt worden, daß, wenn die Stadtſynode nicht rechtzeitig Einrichtungen für einen Zentralfriedhof träfe, dann auch kommunale Körperſchaften zur Anlage von Friedhöfen ver⸗ anlaßt werden würden. Der Grundgedanke iſt aber doch, daß der Synode der Friedhof reſerviert worden iſt. Herr Kollege Bollmann hat damals dar⸗ auf aufmerkſam gemacht, daß die Synode haupt⸗ ſächlich das finanzielle Intereſſe im Auge habe; die Kirchenſteuern wären zu unbedeutend, davon könnte ſie ſolche Terrains nicht beſtreiten. Die Austritte aus der Landeskirche nehmen, wie Sie wiſſen, von Jahr zu Jahr zu. Die Synode ſucht nun die nöftigen Mittel durch den Zentralfriedhof zu erlangen, und ihr Streben geht dahin, daß keine anderen Gemeindefriedhöfe errichtet werden, damit der von ihr angelegte Zentralfriedhof be⸗ nutzt wird, ſo ungünſtig er auch für große Teile der Bevölkerung, ſpeziell für Charlottenburg, gelegen iſt. Die Einſchränkung, die gemacht worden iſt, daß nur auf einem „ſeparaten Beerdigungsblock“