486 für den Wunſch der Stadt Charlottenburg, einen eigenen Gemeindefriedhof zu errichten, volles Ver⸗ ſtändnis habe, daß aber zufolge eines beſonderen Miniſterialerlaſſes zunächſt an den Herrn Miniſter zu berichten ſei. Ich kam mit den beſten Hoffnungen zurück, ſetzte mich dann perſönlich mit dem Herrn Kreisarzt in Verbindung, der in geſundheitspoli⸗ zeilicher Hinſicht das Gelände begutachten wollte, ſowie mit dem Herrn Landrat des Kreiſes Teltow, von Achenbach, der ebenfalls ſein Einverſtändnis zu erklären hatte. Das Gelände war ſorgfältig ab⸗ gebohrt worden, und überall ſchienen alle Bedenken beſeitigt zu ſein oder überhaupt weſentliche Be⸗ denken nicht zu beſtehen. Plötzlich, am 7. Juli dieſes Jahres, ging aus dem Miniſterium für Land⸗ wirtſchaft, Domänen und Forſten folgendes Schrei⸗ ben ein: Zu meinem Bedauern bin ich nicht in der Lage, der Stadtgemeinde Charlottenburg das gewünſchte forſtfiskaliſche Gelände bei Tief⸗ werder für Kirchhofszwecke zu verkaufen, da die Herren Miniſter der geiſtlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten und des Innern grundſätzlich (hört! hört!) Bedenken gegen die Anlegung von Kommu⸗ nalfriedhöfen erhoben haben. (Hört! hört!) Man hat uns alſo gar nicht erſt auf unſere Eingabe vom 4. April abſchlägig beſchieden, ſondern hat den Umweg gewählt, dem Herrn Landwirtſchafts⸗ miniſter zu ſagen: verkaufe das Gelände nicht, das iſt uns nicht ſympathiſch. Der Magiſtrat hat in ſeiner nächſten Sitzung von dieſem hier am 9. Juli eingegangenen Schrei⸗ ben Kenntnis genommen und ſofort an den Herrn Landwirtſchaftsminiſter berichtet, wir bäten, uns doch wenigſtens das Gelände noch eine Weile an der Hand zu laſſen, da wir in Erwägungen darüber einzutreten beabſichtigten, ob das Gelände nicht auch für andere ſtädtiſche Zwecke als einen Ge⸗ meindefriedhof geeignet ſei, worauf wir am 10. Au⸗ guſt 1910 den endgültigen Beſcheid bekamen: Dem geſtellten Antrag vermag ich leider nicht mehr zu entſprechen, da über das frag⸗ liche Gelände bereits anderweitig verfügt iſt. (Unruhe und Zurufe.) Damit waren alſo dieſe Verhandlungen definitiv abgeſchnitten, und der Magiſtrat mußte ſich mit dieſem erneuten Mißerfolge abfinden. (Zuruf: Iſt ja viel ſchlimmer als Tempelhof!) Irgendein Rechtsmittel gegen dieſes Verfahren gibt es natürlich nicht. (Zuruf: Leider!) Durch Verfügung des Herrn Regierungs⸗ Präſidenten vom 11. Auguſt iſt denn auch unſer Antrag vom 4. April ohne weiteren ſachlichen Be⸗ ſcheid als förmlich erledigt erklärt worden. Nichts⸗ deſtoweniger ſcheint aber doch der Vorgang noch eine zweite Verfügung des Herrn Regierungspräſidenten vom 19. Auguſt d. I. an die Herren Landräte des Kreiſes Niederbarnim, Oſthavelland und Teltow und auch an den Magiſtrat von Charlottenburg ver⸗ anlaßt zu haben, welche lautet: Wiederholte Anträge der Berliner Vor⸗ ortgemeinden auf Anlage kommunaler Fried⸗ höfe außerhalb der zum Gemeindebezick ge⸗ hörigen Gemarkung veranlaſſen mich, Euer Hochwohlgeboren darauf hinzuweiſen, daß ich Sitzung vom 7. Dezember 1910 ſolchen Anträgen grundſätzlich entgegen treten werde. Es muß von den Gemeinden verlangt werden, daß ſie ihre Friedhöfe im eigenen Bezirke anlegen; denn durch das Beſtehen und die Anlage von Friedhöfen in der Nach⸗ bargemeinde wird die Entwicklung der letz⸗ tern gehindert, beſonders dort, wo der Fried⸗ hof im Anſchluß an eine bebaute Ortſchaft oder in einem Gelände angelegt werden ſoll, deſſen bauliche Erſchließung alsbald zu er⸗ warten iſt. Dieſe Erwägungen haben bereits meinen Herrn Amtsvorgänger zu einer beſonders ſtrengen Prüfung der Kirchhofsprojekte der Berliner Kirchengemeinden in den Vorort⸗ gemeinden geführt, deren Ergebnis die An⸗ lage von Zentralfriedhöfen war. Der Schutz, welcher den Gemeinden damit gegenüber den Friedhofsanlagen der Kirchen⸗ gemeinden geboten iſt, wird ihnen auch gegen gleiche Projekte von politiſchen Gemeinden um ſo weniger verſagt werden können, als auf den Friedhöfen der Berliner Kirchengemein⸗ den auf meine Einwirkung auch die Leichen von Andersgläubigen oder keiner Religions⸗ gemeinſchaft Angehörigen Aufnahme finden. Dadurch werden nach den bisherigen Er⸗ fahrungen die Bemühungen, einen ſtädtiſchen Friedhof anzulegen, ſchon wegen des Mangels eines geeigneten Geländes innerhalb des Weichbildes unſerer Stadt von vornherein ausſichtslos, und es bleibt uns höchſtens noch übrig, uns in Überein⸗ ſtimmung mit dem eingebrachten Antrage die Frage vorzulegen, ob der Gemeindefriedhof etwa in der Jungfernheide angelegt werden kann. Der Ma⸗ giſtrat hat zu dieſer Frage noch keine Stellung ge⸗ nommen, weil es bisher nicht opportun erſchien, dieſes höchſtens als ultimum refugium zu be zeichnende Gelände von vornherein in Erwägung zu ziehen. Ich darf bei dieſer Gelegenheit aber nicht verſchweigen, daß, nachdem der heute auf der Tagesordnung ſtehende Antrag zur Kenntnis der Waſſerwerksdeputation gelangt war, von dieſer Stelle ſofort darauf hingewieſen wurde, es möge bei der Prüfung und möglichſt in der heutigen Verhandlung berückſichtigt werden, daß die Jung⸗ fernheide, wie bekannt, auch für die Erweiterung der Waſſerwerke in Ausſicht genommen ſei und daß ſich das Waſſerwerk und der Gemeindefriedhof auf demſelben Gelände ſchwer würden vereinigen laſſen. Ob dieſe Bedenken und Schwierigkeiten ſich werden beſeitigen laſſen oder nicht, bedarf natürlich wei⸗ terer Prüfung. Ich für meine Perſon möchte ver⸗ ſichern, daß ich trotz der vielfachen Mißerfolge auch heute noch meine Bereitwilligkeit, energiſch für das Gemeinde⸗Friedhofsprojekt einzutreten, nicht aufgeben werde, obgleich ich nicht allzu viel Hoffnung für die endgültige Verwirklichung des Gedankens habe. (Allſeitiges Bravo.) Stadtv. Bollmann: Meine Herren, der Herr Antragſteller hat bereits ausführlich dargelegt, daß ſich die Stadtverordnetenverſammlung ſchon wieder⸗ holt mit der Schaffung eines Gemeindefriedhofs befaßt hat. Von allen Seiten des Hauſes iſt ſtets ſehr energiſch betont worden, daß die Errichtung eines Kommunalfriedhofs für Charlottenburg ein drin⸗ gendes Bedürfnis ſei; dem iſt auch dadurch Aus⸗