488 Beſtimmungen des Kommunalabgabengeſetzes und unſerer Kanaliſationsordnung von ſeiten der Ver⸗ waltungsgerichte und auch der Zivilgerichte zuteil geworden iſt. Der Kernpunkt der vorgeſchlagenen Anderungen iſt die neue Faſſung des § 12 der Ka⸗ naliſationsordnung; insbeſondere der Satz, daß künftighin die Abgaben innerhalb eines Viertel⸗ jahrs unteilbar ſein ſollen. Dadurch wird erreicht, daß der Erwerber eines Grundſtücks — der ja zumeiſt zahlungsfähiger iſt als ein Vorbeſitzer, der die fälligen Kanaliſationsgebühren nicht bezahlt und dann das Grundſtück abgeſtoßen hat —, wenn er auch nur kurze Zeit innerhalb eines Viertel⸗ jahres den Beſitz des Grundſtücks gehabt hat, für ein ganzes Vierteiljahr die Kanaliſationsgebühren bezahlen muß. Insbeſondere wird das auch An⸗ wendung finden, wenn jemand im Wege der Sub⸗ haſtation ein Grundſtück erwirbt. Es iſt ja nicht zu leugnen, daß unter Umſtänden die Verpflichtung, als Folge einer vielleicht nur kurzen Beſitzzeit für ein Vierteljahr die rückſtändigen Gebühren, vielleicht auch noch die zukünftigen Gebühren für ein weiteres Vierteljahr entrichten zu müſſen, eine gewiſſe Härte darſtellen kann. Immerhin iſt dieſe Beſtim⸗ mung viel milder,und ſie wird weniger hart empfun⸗ den werden als die Methoden, die andere Stadt⸗ gemeinden gegen ſolche Schuldner anzuwenden pflegen und auch gegen die Rechtsnachfolger ſolcher Schuldner zur Anwendung bringen: ſo die anſchei⸗ nend nicht ganz ſeltene Methode, dem Grundſtücks⸗ erwerber, der ſich nicht verpflichtet, alle rückſtändigen Gebühren zu bezahlen, einfach die Waſſerzuführung für das Grundſtück abzuſchneiden. Es iſt das eine Praxis, die gewiß für den nicht zahlenden Haus⸗ beſitzer recht unangenehm iſt, aber auch — in hygieniſcher Hinſicht — nicht gerade erfreulich für die Nachbarn des betreffenden Grundſtückseigen⸗ tümers. Ich muß deshalb unſerer Methode, nur mit juriſtiſchen Mitteln die Bezahlung der der Stadt geſchuldeten Beträge durchzuſetzen, den Vorzug geben. Ich empfehle Ihnen, der Vorlage zuzuſtimmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats mit großer Mehrheit, wie folgt: Der § 9 der Kanaliſationsordnung vom 6. Mai 1896 erhält an Stelle ſeiner bisherigen Faſſung folgenden Wortlaut: Die Verpflichtung zur Zahlung der Ge⸗ bühr entſteht mit Ablauf des Kalender⸗ vterteljahres, in dem die Abnahme der inneren Entwäſſerungsanlage erfolgt iſt. Die Verpflichtung zur Zahlung der Gebühr erliſcht mit Ablauf desjenigen Kalender⸗ vierteljahres, in welchem bei dem Magiſtrat die Anzeige von der Beſeitigung des An⸗ ſchluſſes des Grundſtücks an die Kana⸗ liſation eingegangen iſt. Dem § 11, Abſ. 1 iſt folgender Satz 3 anzu⸗ fügen: Tritt während des nach § 12, Abſ. 2, Satz 1 für die Entrichtung der Gebühren maßgebenden Zeitabſchnittes ein Eigen⸗ tumswechſel ein, ſo haften ſämtliche Eigen⸗ tümer, die während dieſes Zeitabſchnitts die Kanaliſation benutzt haben, für die auf dieſen Zeitraum entfallende ganze Gebühr Im § 11 Abſ. 2 ſind die Worte „und Ge. bühren“ zu ſtreichen. Sitzung vom 7. Dezember 1910 Der § 12 Abſ. 2 erhält folgende Faſſung: Die Gebühr iſt für jedes Kalenderviertel⸗ jahr im voraus zu entrichten. Sie iſt inner⸗ halb dieſes Zeitabſchnittes unteilbar. Die Vorausbezahlung mehrer Raten bis zum Jahresbeitrag iſt geſtattet.) Vorſteher ⸗ Stellv. Dr. Hubatſch: Punkt der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Zander und Gen. betr. Ge⸗ meindegrundſteuer. — Druckſache 338. Der Antrag lautet: Im Hinblick auf die höhere Belaſtung des Grundbeſitzes in Charlottenburg gegenüber derjenigen der Nachbargemeinden erſuchen wir den Magiſtrat, bei der Aufſtellung des Etats für 1911 eine Herabſetzung der Gemeinde⸗ grun dſteuer vorzuſehen. Antragſteller Stadtv. Zander: Meine Freunde und ich haben den Antrag eingebracht, im Hinblick⸗ auf die höhere Belaſtung der Grundſtücke in Char⸗ lottenburg gegenüber jenen der Nachbargemeinden im Etat für 1911 eine Herabſetzung der Gemeinde⸗ grundſteuer vorzuſehen. Wenn wir dieſe ſcharfe Form gewählt haben, ſo waren wir uns bewußt, wie ſchwer die jetzige Gemeindegrundſteuer auf dem Haus⸗ und Grundbeſitz laſtet. Was in guten Zeiten ſchon ſchwer zu tragen war, iſt jetzt unerträglich geworden. Die Unzufriedenheit der Haus⸗ und Grundbeſitzer wird täglich größer, und zwar nicht mit Unrecht. Nach der Statiſtit vom 1. Mai dieſes Jahres ſtehen in Charlottenburg 4444 Wohnungen leer. Wenn nun, wie es nach derſelben Statiſtik heißt, der Grundbeſitz in Charlottenburg anderthalb Milliarden gemeinen Wert hat und wir annehmen, daß 4500 Häuſer in Charlottenburg ſind, ſo würde das einen Durchſchnitt für das Haus von 330 000 ℳ ergeben, und wenn wir dann wiederum im Durch⸗ ſchnitt ½ % des Verdienſtes rechnen, das der Haus⸗ beſitzer über die Verzinſung und die Steuern übrig⸗ behält, ſo wäre das eine Summe von 7⅝ Millionen. Die 4444 leerſtehenden Wohnungen würden nun nach der Statiſtit ungefähr 4½ Millionen ausmachen, und damit würden faſt zwei Drittel des ganzen Einkommens, das die Haus⸗ und Grundbeſitzer aus ihren Grundſtücken haben, durch die leerſtehenden Wohnungen verloren gehen. Aber dieſer Verluſt iſt nicht wie bei der Einkommenſteuer vermindert durch eine geringere Steuer, nein, die Gemeinde⸗ grundſteuer muß voll und ganz weiter getragen werden, während die Einkommenſteuer je mit dem Einkommen hinauf und hinunter geht. Aber nicht allein die Gemeindegrundſteuer muß weiter ge⸗ tragen werden, ſelbſt wenn das ganze Haus leer ſteht, ſondern auch die Kanaliſationsabgabe muß weiter gezahlt werden, auch die Müllabfuhr, wie es heute liegt, und ſo werden die Haus⸗ und Grund⸗ beſitzer mit Steuern belaſtet, die ſie eben, wie geſagt, nicht mehr tragen können. Deshalb geht meine Bitte dahin, in dem Etat möglichſt darauf Rückſicht zu nehmen, daß dieſe ſchwere Belaſtung endlich um etwas gemildert wird. Wir haben ja im Jahre 1908 — da iſt es ja wohl ge⸗ weſen, oder 1909 — einen Überſchuß von 1 300 000 Mark gehabt. Es kann deshalb doch nicht ſo ſehr