490 Sitzung vom 7. denen es nicht um einen Einnahmepoſten, ſondern um einen Ausgabepoſten zu tun iſt, bereits vorher, ehe die Etatsberatung begonnen hat, alſo bereits jetzt, in den nächſten Wochen, damit kommen würden, irgendeinen Wunſch, den ſie hegen, etats⸗ mäßig feſtzulegen. Ja, meine Herren, dann würde es nichts anderes werden, als daß wir den ganzen Etat ſtückweiſe ohne Kenntnis der übrigen Stücke unvollſtändig und ſchlecht beraten würden. (Sehr richtig!) Und es bliebe uns entweder nichts anderes übrig, als die gefaßten Beſchlüſſe wieder aufzuheben, alſo unnötige Arbeit jetzt zu leiſten, oder wir müßten uns damit beſcheiden, daß wir ein ſchlechtes und unvollſtändiges Werk hätten. Aber, von dieſen allgemeinen Betrachtungen abgeſehen, gibt gerade der vorliegende Fall ein gutes Beiſpiel dafür, daß ein ſolches Vorgehen im unrichtigen Moment zu ſehr böſen Folgen führen, ja zu Folgen führen kann, die ge⸗ rade demjenigen widerſprechen, was die Antragſteller urſprünglich gewollt haben. Nehmen Sie den Fall, wir beſchlöſſen heute, die Grundſteuer ſo und ſo feſt⸗ zuſetzen, und nun ergäbe die Notwendigkeit der Etatsbalanzierung den Zwang, die Gemeindeein⸗ kommenſteuer zu erhöhen. Keiner würde mehr unter einer ſolchen Maßregel leiden als die Haus⸗ und Grundbeſitzer, (ſehr richtig!) Die Haus⸗ und Grundbeſitzer, die namentlich in dem neuen noch unbewohnten und noch im Auf⸗ ſchluß begriffenen Teile Charlottenburgs darauf an⸗ gewieſen ſind, daß der Zuzug nach Charlottenburg, auf den ſie rechnen und hoffen, in ungeſtörter gleich⸗ mäßiger Weiſe fortgeht. Wenn wir ſolche Maß⸗ regel träfen, wenn ſich dieſe Notwendigkeit ergäbe, hieße das nichts anderes, als daß wir ihnen Pfennige ſchenken und Taler nehmen. Dasſelbe wäre der Fall, wenn wir die Gewerbe⸗ ſteuer erhöhen müßten und Handel und Gewerbe, das ja auch den Grundbeſitz rentabel macht, ſchä⸗ digten oder vom Charlottenburger Gebiet verg⸗ drängten: nichts anderes, wenn wir durch Erhöhung der Gas⸗ und Elektrizitätspreiſe die Mieter veran⸗ laßten, von Charlottenburg fortzuziehen. Alles das würden Folgen ſein zu ungunſten derer, in deren Intereſſe dieſer Antrag geſtellt iſt. Deshalb, glaube ich, wäre es ein höchſt bedenkliches Vor⸗ gehen, wenn man ſich in dieſer ſtraffen Weiſe bereits im gegenwärtigen Augenblicke feſtlegen wollte. Ganz etwas anderes iſt es aber, wenn man dem Magiſtrat einen gewiſſen Finger⸗ zeig in der Richtung gibt, in welcher ſich die Wünſche der Stadtver⸗ ordneten verſammlung f ü r d i e Etatsaufſtellung bezüglich eines be ſtimmten Poſtens bewegen, be⸗ wegen dann, wenn ein ganz beſtimmter Fall als Vorausſetzung gegeben iſt. Ich glaube, daß das die Etatsarbeiten des Magiſtrats nur fördern wird und daß auf dieſe Weiſe ſich eine gewiſſe Einſtimmig⸗ keit über gewiſſe Grundprinzipien ſchon eher erzielen läßt, bevor der Magiſtrat mit ſeiner definitiven Etatsaufſtellung fertig iſt. Von dieſem Gedanken⸗ gange ausgehend, habe ich mir erlaubt, dem Herrn Vorſteher einen Antrag einzureichen, der von einer großen Anzahl meiner Freunde unterſchrieben iſt, und der lautet: Dezember 1910 Die Stadtverordnetenverſammlung erſucht den Magiſtrat, für den Fall, daß im Etat für 1911 eine Steuerherabſetzung möglich erſcheint, in erſter Linie eine Herabſetzung der Real⸗ ſteuern (Grund⸗ und Gewerbeſteuer) vorzu⸗ nehmen. Meine Herren, dieſer Antrag bedeutet allerdings wohl weiter nichts als einen Fingerzeig für das, was wir wünſchen, was wir, die Antragſteller, allerdings ſehr ernſtlich wünſchen, und von dem wir hoffen, daß es ſich in möglichſt reichlichem Maße durchſetzen läßt. Dieſer Antrag vermeidet die Fehler, die ich vorhin bezeichnet habe. Es ſteht zwar nicht darin, daß er als Vorausſetzung hat die Höhe der Einkommenſteuer, die Höhe der Ein⸗ kommenſteuer von 100%. Wir haben dies fort⸗ gelaſſen, weil es uns als ſelbſtverſtändlich erſchien. Denn darüber können Sie ſicher ſein: allen meinen Freunden liegt in erſter Linie daran, dieſe Grenze nicht eher zu überſchreiten, als bis die Überſchreitung durch die Maßnahmen unſerer Nachbargemeinden ungefährlich iſt. Solange das nicht der Falliſt,ſolange werden wir, gerade von den Sympathien für die Haus⸗ und Grund beſitzer geleitet, dieſe Grenze feſtzuhalten ſuchen, als das irgend möglich erſcheint. Ich bitte Sie, meinen Antrag anzunehmen. (Bravo!) Stadtv. Klick: Meine Herren, auch meine Freunde können ſich nicht für den Antrag des Herrn Kollegen Zander erwärmen, wenngleich wir nicht verkennen, daß ein Teil der Hausbeſitzer durch Leer⸗ ſtehen von Wohnungen in eine etwas mißliche Lage geraten iſt und ſchwer empfinden muß, wenn er Steuern bezahlen ſoll für Erträge, die er nicht einbekommt. Aber andererſeits hätte das ja auch eine neue Belaſtung des Etats zur Folge. Wir müßten, wie Herr Kollege Frentzel ſchon andeutete, über 100%, hinausgehen, und es wäre ein Abzug der ſteuerkräftigen Bevölkerung von Charlottenburg zu befürchten. Schließlich könnten auch die Gewerbe⸗ treibenden kommen und eine Herabſetzung der Gewerbeſteuer verlangen. Wir glauben auch, daß der Oktoberumzug uns Zuzug gebracht hat, ſo daß ein Teil der leerſtehenden Wohnungen wieder be⸗ zogen worden iſt und daß die Novemberſtatiſtik ein Abflauen der Zahl der leerſtehenden Wohnungen zeigen wird. Ich möchte dann noch auf einige Zahlen zurück⸗ kommen, wieviel andere Städte bezahlen. Es ſind nur ſehr wenige rheiniſche Städte, die einen niedrigeren Satz erheben; alle anderen Städte in Preußen erheben nach der Statiſtik von 1907 einen viel höheren Prozentſatz, der teilweiſe ſogar über 5% hinaufſteigt. Von unſeren Nachbargemeinden erhebt Schöneberg 2,25, Wilmersdorf 2,20 pro Mille des gemeinen Werts, während Rixdorf 2,95 erhebt; mit den anderen Vororten läßt ſich ein Vergleich nicht ziehen, weil ſie nach einem andern Modus die Grundſteuer erheben. Berlin erhebt 5,80% des Nutzungswertes, und auch in anderen Gemeinden iſt der Satz höher als in Charlottenburg. In der Statiſtik iſt für Berlin noch der alte Satz angegeben; ich weiß nicht, was Berlin jetzt erhebt. (Zuruf!) — Da nimmt Berlin alſo 3,05 ℳ, alſo noch 30 Pf. mehr als wir. Da andere Gemeinden einen höheren Satz erreichen als wir, haben wir keine Veran⸗