Sitzung vom 7. Dezember 1910 Borlage betr. Bermehrung der Zahl der Ma⸗ giſtratsmitglieder. — Druckſache 341. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Röthig: Meine Herren, der Magiſtrat beantragt, die Beſchluß⸗ faſſung über folgende Vorlage: Es ſoll vom 1. Ja⸗ nuar 1911 ab die Zahl der Magiſtratsmitglieder um einen beſoldeten Stadtrat vermehrt werden. Dieſer muß die Approbation als Arzt und eine beſondere Vorbildung in der Hygiene beſitzen, darf öffentliche Nebenämter oder private ärztliche Praxis ohne Genehmigung der ſtädtiſchen Körperſchaften nicht übernehmen und darf das Amt freiwillig nur nach dreimonatlicher Kündigung aufgeben. Die Beſoldung wird — entſprechend dem Normal⸗ beſoldungsetat für den Stadtſchulrat — folgender⸗ maßen feſtgeſetzt: Alterszulagen nach je drei Jahren 1000 ℳñ Höchſt⸗ gehalt 12 000 ℳ. Das Ortsſtatut vom 27. 6./9. 7. 1907, betreffend die Zahl der Magiſtratsmitglieder, wird gemäß dieſem Beſchluſſe abgeändert. Der für das laufende Rechnungsjahr erforderliche Ge⸗ haltsbetrag von 2250 ℳ iſt dem Dispoſitionsfonds zu entnehmen. Zur Begründung dieſer Vorlage weiſt der Magiſtrat im einzelnen nach, welche ſtarke Ver⸗ mehrung die geſundheitlichen Einrichtungen un⸗ ſerer Stadt in den letzten Jahren bereits erfahren haben und in Zukunft bei dem weiteren Wachstum von Charlottenburg aller Vorausſicht nach werden er⸗ fahren müſſen. Er hält es infolgedeſſen für angezeigt, eine Stelle im Magiſtratskollegium neu zu ſchaffen, deren Inhaber ſeine ganze Zeit und Kraft, ſein ganzes Wiſſen und Können in den Dienſt der Verwaltung und Leitung der hugieniſchen Unternehmungen unſerer Stadt zu ſtellen hat. Er ſoll nach den Wor⸗ ten der Magiſtratsvorlage ſeine vornehmſte Auf⸗ gabe darin erblicken, „Fingerzeige und Ratſchläge, Anregungen und Auskünfte hinſichtlich hygieniſcher Maßnahmen auf allen Gebieten der ſtädtiſchen Verwaltung zu geben, die beſtehenden hygieniſchen Einrichtungen fortlaufend zu beobachten, ſowie hygieniſchen Neuerungen und Verbeſſerungen Ein⸗ gang zu verſchaffen. Ferner wird er die durch die weitverzweigte Verwaltungsorganiſation zer⸗ ſplitterten hygieniſchen Ergebniſſe und Erfahrungen zuſammenzufaſſen, für die Allge meinheit nutzbar zu machen und dabei eine notwendige Einheitlichkeit zu wahren haben. Er wird bemüht ſein müſſen, den hygieniſchen Gedanken bei allen öffentlichen Maß⸗ nahmen der Stadt wach zu halten und von ſeinem Standpunkt aus ſo vollkommen wie irgend möglich zum Wohle der Stadt und ihrer Einwohner beizu⸗ tragen.“ — Es liegt in der Natur der Sache be⸗ gründet, daß danach der neue Stadtrat die Appro⸗ bation als Arzt und eine beſondere Vorbildung in der Hygiene beſitzen muß. Der Beweisführung des Magiſtrats für die Notwendigkeit der Schaffung dieſer neuen Stadt⸗ ratsſtelle ſtimme ich rückhaltlos zu. Es läßt ſich ſchlech⸗ terdings nicht beſtreiten, daß das Wiſſensgebiet der Hygiene ein immer umfangreicheres wird und eine immer höhere Bedeutung nicht nur für die Allgemeinheit, ſondern im ſpeziellen auch für alle Zweige kommunaler Verwaltung gewinnt. Soll auf dieſem Gebiete weiter für unſere Stadt Gutes und Erſprießliches geſchaffen werden, ſo iſt es durch⸗ aus wünſchenswert, daß hierfür im Magiſtrat eine ſpeziell vorgebildete tüchtige Kraft hauptſächlich tätig iſt. Wie auch ſonſt die Bedeutung iſt, die einem Anfangsgehalt 9000 ℳ, drei 495 ſolchen Stadtmedizinalrat beigelegt wird, das können Sie beiſpielsweiſe daraus entnehmen, daß Schöneberg und Cöln dieſe Einrichtung bereits beſitzen und daß in Berlin, wo ſeit langen Jahren dieſe Einrichtung ſeitens der Arzteſchaft immer wie der gefordert wird, dieſelbe Forderung in aller⸗ letzter Zeit von der Subkommiſſion der Berliner Krankenhausdeputation neuerdings an den Ber⸗ liner Magiſtrat gerichtet geworden iſt. Was unſcre ſpeziellen Verhältniſſe betrifft, ſo kommt hinzu, daß erfreulicherweiſe unſere geſund⸗ heitlichen Unternehmungen bereits einen der⸗ artigen Umfang angenommen haben, daß die mit ihrer ſachgemäßen Leitung und Verwaltung ver⸗ bundene Arbeitslaſt einem nur ehrenamtſich tätigen Magiſtratsmitgliede auf die Dauer nicht mehr gut zugemutet werden kann bei aller Anérkennung für die erſtaunliche Arbeitskraft des derzeitigen Magiſtratsmitglieds und ſeiner Hingabe an die ehrenamtlich übernommenen Verpflichtungen. Somit begrüße ich die Vorlage, als im wohl⸗ verſtandenen Intereſſe Charlottenburgs licgend, auf das wärmſte. Wenn ich gleichwohl nicht ihre glatte Annahme, ſondern die Einſetzung eines Ausſchuſſes beantrage, ſo geſchieht es, um Gelegen⸗ heit zu einer genaueren Erörterung mancher mit der Vorlage in Verbindung ſtehender Einzelheiten zu geben. So erſcheint mir perſönlich z. B. die Frage der cvent. Privatpraxis des neuen Stadtrats in der Magiſtratsvorlage nicht präzis genug beant⸗ wortet zu ſein. Es ſcheint mir da in gewiſſer Hin⸗ ſicht wenigſtens ein Widerſpruch zwiſchen Anfang und Ende im Wortlaut der Magiſtratsvorlage vor⸗ zulie gen. Einmal wird geſagt, daß der neue Stadt⸗ rat Privatpraxis grundſätzlich nicht ausüben ſoll, und das andere Mal wird hervorgehoben, daß es von der Genehmigung der ſtädtiſchen Körper⸗ ſchaften abhängen ſoll, ob ihm Privatpraxis ge⸗ ſtattet werden darf. Ich zweifle nicht daran, daß wir eine befriedigende Antwort erhalten werden. Ich für meine Perſon möchte hervorheben, daß ich es für dringend wünſchenswert halte, daß dieſer neue Stadtrat Privatpraxis tatſächſich grundſätzlich nicht ausüben darf. Ferner wird ſich im Ausſchuß die Gelegenheit geben, ſich über folgende zwei Fragen noch zu unterhalten: wie ſich nämlich das Verhältnis nach Schaffung der neuen Stelle zwiſchen den beſoldeten und unbeſoldeten Magiſtrats⸗ mitgliedern zahlenmäßig geſtalten ſoll, und ob die neue Stelſe ausgeſchrieben werden ſoll oder nicht. Ich beantrage demnach die Einſetzung eines Ausſchuſſes von 13 Mitgſiedern. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt die Überweiſung der Vor⸗ lage an einen Ausſchuß von 13 Mitgliedern und wählt zu Ausſchußmitgliedern die Stadtverordneten Dr Bauer, Bollmann, Dr Frentzel, Hirſch, Holz, Dr Hubatſch, Jaſtrow, Kaufmann, Dr Landsberg, Otto, Dr Röthig, Vogel und Zander.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Wir kommen zum letzten Punkt der Tagesordnung: Vorlage betr. Ehrengaben an Beteranen. Druckſache 343. Berichterſtatter Stadtv. Braune: Meine Herren, dem Dringlichkeitsantrage vom 14. Sept. d. I., in einer gemiſchten Deputation über eine