510 Ich möchte den Magiſtrat bitten und ebenſo auch die Stadtverordnetenverſammlung, unſerm Antrage beizutreten. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, ich möchte mich der Anregung des Herrn Vorredners durchaus anſchließen. Ich habe es aufs lebhafteſte bedauert, daß an dieſer Stelle die Eisbahn ein⸗ gehen ſoll, wo ſo mancher von uns ſich auch vielleicht getummelt hat. Wir ſollten uns freuen, daß wir innerhalb Charlottenburgs Mauern noch einen ſolchen Platz haben, wie ihn Berlin im Tiergarten hat, und ich würde es für außerordentlich be⸗ dauerlich halten, wenn durch den Ankauf des Lietzenſees durch die Stadt ſich dieſe Folge ergeben würde. Ich möchte Sie dringend bitten, dem Antrage möglichſt einſtimmig zuzuſtimmen. Im übrigen möchte ich allerdings bemerken, daß der Antrag, was die Preisfeſtſetzung anbelangt, für mich nicht maßgebend iſt, daß da für mich natürlich ganz andere Geſichtspunkte eintreten. Es liegt meines Erachtens durchaus kein Anlaß vor, andere Preiſe feſtzuſetzen als früher. Die Abonne⸗ ments ſind ja ziemlich billig. Daß die Stadt unter allen Umſtänden eine andere Feſtſetzung treffen ſoll als die einzelnen Pächter, das ſehe ich durchaus nicht ein. Die Stadt könnte auch den See ver⸗ pachten, wie es früher war. Kurz und gut, das ſind Einzelheiten, über die man reden kann — aber erhalten werden muß meines Erachtens die Eisbahn. Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren, der See iſt erſt ſeit dem vergangenen Sommer in den Beſitz der Stadtgemeinde übergegangen und ſteht zurzeit in der Verwaltung der Tiefbau⸗ deputation. Die Tiefbaudeputation hat ſich mit der Frage beſchäftigt, ob es zweckmäßig iſt, auf dem See eine Eisbahn zu errichten, eventuell auch das Eis als ſolches zu verkaufen. In der Sitzung der Tiefbaudeputation ſind zwei verſchiedene An⸗ ſichten aufgetreten. Die eine ging dahin, es ſei ſehr zweckmäßig, auf dem Lietzenſee dem Publikum eine Gelegenheit zum Eislaufen zu geben; die andere aber: bei einem Eislauf entſteht unver⸗ meidlich viel Lärm und Geräuſch, und das könnte die benachbarten Anwohner ſtören. Infolgedeſſen einigte man ſich in der Tiefbaudeputation dahin, dieſe Frage zunächſt auf ein Jahr zu vertagen. Meine Herren, je nachdem, welche Intereſſen man als die überwiegenden erachtet, kann man ſich auf den einen oder andern Standpunkt ſtellen. Es wäre aber auch denkbar, daß der Magiſtrat für den Fall, daß der Antrag hier angenommen wird, ſich noch auf einen dritten Standpunkt ſtellt, und daß er ſagt: wenn ſchon ein Verſuch gemacht wird, dann ſoll es nicht der ſein, den die Tiefbaudeputation in Vorſchlag gebracht hat, nämlich die Entſcheidung der Frage auf ein Jahr zu vertagen, ſondern man ſoll es in dieſem Jahre mit dem Eislauf ver⸗ ſuchen und dabei feſtſtellen, ob wirklich die Befürch⸗ tungen in Hinſicht auf den Lärm und ſeine Wir⸗ kungen eintreffen oder nicht. Deshalb, glaube ich, wird der Magiſtrat dem Antrage wohlwollend gegenübertreten, und es wäre nicht unmöglich, daß der Magiſtrat ihm nachkommt. Allerdings glaube ich, daß man ſich auf den im Antrag vorgeſchlagenen außerordentlich niedrigen Eintrittspreis von 10 Pf. kaum wird einlaſſen können. Es ſei denn, daß wir die Eisbahn ſelbſt Sitzung vom 21. Dezember 1910 verwalten und von einer Verpachtung Abſtand nehmen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Auch dieſe Frage wird in Erwägung gezogen werden. Stadtv. Neukranz: Meine Herren, ich hätte mich ſehr gefreut, wenn die Antwort des Magiſtrats etwas anders gelautet hätte. Ich bin etwas ent⸗ täuſcht. Ich hatte gedacht, es würde mit vollen Segeln gleich herangegangen werden, und wir hätten die Eisbahn bald nach Weihnachten geſehen. (Heiterkeit.) Ich möchte doch glauben, daß die Gründe, die an⸗ geführt ſind, nicht ſtichhaltig ſind, um unſerer Jugend eine ſo geſunde Bewegung, wie das Schlitt⸗ ſchuhlaufen iſt, zu erſchweren. Wenn ich höre, daß das Geräuſch ſo groß ſein ſoll, daß die Um⸗ wohner geſtört werden, ſo kann ich gar nicht faſſen, wo dieſes Geräuſch herkommen ſoll. Wenn ein eiſerner Schlittſchuh über eine blanke Fläche fährt, ſo habe ich nie ein Geräuſch gehört; im Gegenteil, ich habe es immer unangenehm empfunden, wenn geräuſchlos plötzlich einer hinter mir herkam. Ich glaube, daß das Geräuſch der Rollſchuhläufer auf den Straßen bedeutend größer iſt als das Geräuſch der Schlittſchuhläufer auf der Eisbahn. Ich hoffe, daß der Magiſtrat dem Antrage nachkommen wird, und daß in dieſem Winter ein Verſuch gemacht wird, und daß der Verſuch dann ſo ausfällt, daß die Eis⸗ bahn auch ſpäter beſtehen bleibt. (Bravo!) Stadtv. Zietſch: Wir haben den geringen Preis in unſern Antrag mit aufgenommen, um gerade den weiteren Kreiſen unſerer Bevölterung in Char⸗ lottenburg die Benutzung der Eisbahn zu geſtatten, (Sehr richtig! bei der Vereinigten Alten Fraktion) und wir haben bei Feſtſetzung dieſes niedrigen Preiſes insbeſondere daran gedacht, daß die Eisbahn nicht von der Stadt verpachtet werden ſoll, um einem Pächter einen Zwiſchenverdienſt zu ge⸗ währen, ſondern wir dachten daran, daß die Stadt die Eisbahn ſelbſt herrichten und auch verwalten ſoll, und daß ſie in der Form des Eintrittsgeldes nur ihre Selbſtkoſten zu erheben berechtigt ſein dürfte. Wenn dazu 10 Pf. genügen, ſo freut es uns; iſt es noch weniger, ſo würden wir noch erfreuter ſein. Aber wir haben auch im Auge, was ſelbſt bei niedrigen Pachtpreiſen nicht der Fall ſein würde, daß den Kindern der Charlotten⸗ burger Schulen die Benutzung der Eisbahn gratis zu geſtatten iſt. Ich gehe bei dieſer Erläuterung unſeres Antrages von der Tatſache aus, daß auch einige andere deutſche Städte eine Eisbahn ſchon ſelbſt hergerichtet haben und verwalten und zu äußerſt niedrigen Preiſen ihren Einwohnern zur Verfügung ſtellen. Und ich meine, was in anderen Städten möglich iſt, könnte auch hier gemacht wer⸗ den, namentlich da uns eine ſo ſchöne Naturanlage dazu zur Verfügung ſteht. Stadtv. Dzialoszynski: Ich wollte zum Aus⸗ druck bringen, daß ich den Antrag dahin auffaſſe, daß der Magiſtrat durch denſelben nicht dauernd feſtgelegt wird, ſondern in der Lage iſt, einen Ver⸗ ſuch zu machen. Es iſt nicht zum Ausdruck ge⸗ bracht, daß die Eisbahn für die Dauer eingerichtet werden ſoll. Der Wortlaut läßt dieſe Auffaſſung durchaus zu. Es heißt: es ſoll die Eisbahn „er⸗ öffnet“ werden. Daraus folgt nicht, daß ſie nicht