Sitzung vom 17. Januar 1912 darin beſtand, wenn ich nicht irre, eine einmütige Anſicht in der Kommiſſion — ſoll ein Verkaufspreis verſtanden werden unter Berückſichtigung der durch den Verkauf entſtehenden Unkoſten. Es ſollen alſo dem Einkaufspreiſe die durch den Verkauf entſtehen⸗ den Unkoſten zugeſchlagen werden. Es wurde außer⸗ dem noch darauf hingewieſen, daß der verhältnis⸗ mäßig geringe Verbrauch von Reis im Verhältnis zu anderen Ländern bei uns eben zum Teil auf klima⸗ tiſche Urſachen zurückzuführen ſei, und daß, wenn in anderen Ländern ein ſehr ſtarker Reisverbrauch iſt, das auf die klimatiſchen Verhältniſſe zurückzuführen ſei. Immerhin hat ſich die Mehrheit der Deputation doch auf den Standpunkt geſtellt, daß man für dieſes billige und wichtige Nahrungsmittel Propaganda machen ſollte. Der Magiſtrat ſchlägt Ihnen nun in Geſtalt des Punktes 2 die Propaganda vor. Der dritte Punkt der Magiſtratsvorlage betrifft die Unterſtützung der Geſellſchaft für Volks⸗Kaffee⸗ und Speiſehallen in Berlin durch eine Art Garantie bei Errichtung einer Speiſehalle und Zentralküche in Charlottenburg. Die Einrichtungen der Geſellſchaft für Volks⸗Kaffee⸗ und Speiſehallen in Berlin haben ſich außerordentlich bewährt, und ſie können zweifel⸗ 1os als ſehr ſegensvolle Einrichtungen betrachtet wer⸗ den, weil in dieſen Hallen den unverheirateten Arbei⸗ tern und auch denjenigen Familien, in denen Frauen der eigenen Arbeit wegen nicht in der Lage ſind, zu kochen, ein warmes Mittageſſen zu einem ſehr mäßi⸗ gen Preiſe verkauft wird. Es iſt hervorzuheben, daß dieſes Unternehmen ſich ſelbſt erhält, alſo nicht etwa als ein reines Wohltätigkeitsunternehmen mit Unter⸗ ſtützung öffentlicher Mittel anzuſehen iſt, ſondern als ein freilich von einem gewiſſen Idealismus ge⸗ tragenes privates Unternehmen, das ſo arbeiten joll, daß es ſich ſelbſt erhält, ja daß es ſogar noch das in ihm arbeitende Kapital mäßig verzinſt. Die Depu⸗ tation hat Verhandlungen mit dieſer Geſellſchaft ange⸗ knüpft und ſie bereitwillig gefunden, auch in Char⸗ lottenburg eine ſolche Speiſehalle einzurichten unter der Bedingung, da es ſich hier um ein neues Expe⸗ riment handelt, daß die ſtädtiſche Verwaltung, für 10, erſte Zeit wenigſtens, eine gewiſſe Garantie eiſtet. Auch gegen dieſe Einrichtung ſind im Kreiſe der Deputation Bedenken erhoben worden. Diejenigen, die bedenklich geſtimmt waren, haben ſich dahin ge⸗ äußert, daß es ſich hier um ein ganz neues Gebiet der Arbeiterfürſorge handelt, bei dem es doch immer fraglich erſcheinen könnte, ob es überhaupt Aufgabe der öffentlichen Fürſorge ſei, ſolche Einrichtungen zu treffen oder ſolche Einrichtungen mit öffentlichen Mitteln zu unterſtützen. Immerhin hat die Mehr⸗ heit der Deputation dieſe Bedenken nicht geteilt, ſon⸗ dern ſie hat den Magiſtrat beauftragt, ſich mit der Geſellſchaft in Verbindung zu ſetzen. Das Reſultat liegt Ihnen vor: der Magiſtrat beantragt, der Ge⸗ ſellſchaft zu einer in Charlottenburg zu errichtenden Speiſehalle mit Zentralküche eine Garantie von 5000 %ℳ zu bewilligen. Der vierte Punkt der Magiſtratsvorlage betrifft die Unterſtützung des Vaterländiſchen Frauenvereins vom Roten Kreuz in Charlottenburg, damit dieſer Verein, ein reiner Wohlfahrtsverein, in der Lage iſt, in einem anderen Stadtgebiet eine Volksküche, eine Zweiganſtalt, zu errichten und zu betreiben. Dieſes Unternehmen trägt ſelbſtverſtändlich einen weſentlich anderen Charakter, da hier warme Koſt, zum Teil unter dem Selbſtkoſtenpreiſe, zum Teil unentgeltlich, an Arme und Hungernde verteilt wird. Es kann 11 durchaus als eine Aufgabe der Oeffentlichkeit ange⸗ ſehen werden, ſolche Unternehmungen zu unterſtützen. Meine Herren, das ſind die vier Punkte, über die ich Ihnen Bericht zu erſtatten habe. Ich gebe nun Ihrer Entſchließung anheim, wie Sie ſich dazu ſtellen werden. Meine Aufgabe iſt aber nicht lediglich, über die poſitiven Reſultate der Deputation zu berichten, ſon⸗ dern ich faſſe es als meine Aufgabe auf, auch über den, wenn ich ſo ſagen darf, negativen Erfolg der Verhandlungen der Deputation Bericht zu erſtatten. Denn der zweite Teil des Antrags b, der ja, wie man wohl ſagen darf, der Kern des ganzen Antrages iſt, hat eine Beantwortung durch meine Berichterſtattung bisher nicht gefunden. Dieſer zweite Teil heißt: es ſoll geprüft werden, ob nicht durch Ver⸗ mittlung der Stadt ſelbſt ein billigerer Bezug von Lebensmitteln, vor allem von Kartoffeln, Brot, Milch und Fleiſch, für die Bevölkerung ermöglicht werden kann. Meine Herren, dieſer Antrag hat eine gewiſſe Unter⸗ ſtützung durch den bekannten Erlaß des Landwirt⸗ ſchaftsminiſters gefunden, der die Gemeinden auf⸗ fordert und anregt, Vorkehrungen zu treffen, um Lebensmittel ſelbſt einzukaufen und an die Bevölke⸗ rung abzugeben. Es ſind ſelbſtverſtändlich in der [Deputation derartige Anträge geſtellt worden, und die Deputation hat ſich ſehr gründlich mit dieſer Frage beſchäftigt. Indeſſen iſt die Mehrheit zu der Anſicht gelangt, daß es nicht Aufgabe der ſtädtiſchen Körperſchaften ſein kann, derartige Vorkehrungen zu treffen, daß es auch gar nicht möglich ſein würde, zweckmäßig ſolche Einrichtungen zu treffen. Die Mehrheit iſt bei ihrer Ablehnung dieſer Anträge von drei Geſichtspunkten ausgegangen. Erſtens hat die Mehrheit politiſche Bedenken gehabt, indem ſie ſagte, es würde durch derartige Maßnahmen der Städte der Anſchein erweckt, als wollten die Städte dem Staate eine Verantwortung abnehmen, die lediglich der Staat zu tragen hat. Man war der Anſicht, daß die Teuerung, die als Folge der Zollgeſetzgebung entſtanden ſei, auch nur wieder durch die Geſetzgebung beſeitigt werden könne, und daß derartige Einrichtungen der Städte, ſelbſt wenn ſie möglich wären, und wenn ſie wirklich auch einen nur beſcheidenen Erfolg hätten, immerhin dabei die politiſche Eigenſchaft haben, daß eine Verantwortung n e wird, die das Städteweſen nicht tragen ann. Das war aber keineswegs das Hauptbedenken, das die Mehrheit gegenüber den Anträgen hatte. Es war ferner ein ſoziales Bedenken vorhanden, nämlich daß durch derartige Einrichtungen zweifellos in das Erwerbsleben eingegriffen wird, und daß die Ge⸗ werbetreibenden durch ſolche Einrichtungen, durch ſtädtiſchen Einkauf und Verkauf, zweifellos in ihrem Erwerbsleben geſchädigt würden, ja, daß bei der Ausdehnung einer ſolchen Einrichtung ſogar Eriſten⸗ zen vernichtet werden könnten. Das mußte für die Vertreter der Bürgerſchaft um ſo mehr ins Gewicht fallen, als es ſich doch hier um Bürger handelt, die ebenſo mit ihren Kräften zur Erhaltung des Städte⸗ weſens durch Zahlung von Steuern beitragen wie jeder andere. Es müſſe zweifellos auch Aufgabe der Selbſtverwaltung ſein, bei allen ihren Entſchlüſſen Rückſicht zu nehmen auf jede einzelne Kategorie, auf alle Bürger, auf alle Berufsſtände unſerer Stadt. Meine Herren, es war aber ferner, ſelbſt wenn die Mitglieder der Deputation über die politiſchen und grundſätzlichen ſozialen Bedenken mit Rückſicht auf