12 die beſonderen Teuerungsverhältniſſe hinweggehen würden, die wichtigſte Frage zu prüfen, nämlich die wirtſchaftliche: iſt es denn überhaupt möglich, liegt es überhaupt in der Macht der ſtädtiſchen Körperſchaften, derartige Einrichtungen zu treffen, d. h. Nahrungs⸗ mittel billiger an die Bevölkerung abzugeben, als der Händler, als die Gewerbetreibenden ſie verkaufen können? Hierbei wiederhole ich, was ich vorhin ſchon ſagte: daß eine einmütige Anſicht darüber beſtand, daß man unter Selbſtkoſten denjenigen Verkaufs⸗ preis verſtehen muß, der ſich dadurch bildet, daß man dem Einkaufspreis diejenigen Koſten zuſchlägt, die durch den Verkauf entſtehen. Und da war die Mei⸗ nung bei der Mehrheit durchſchlagend, daß die ſtäd⸗ tiſche Einrichtung das nicht leiſten könnte, daß Vor⸗ kehrungen nötig wären, z. B. Verkaufsſtellen, die derartige Unkoſten verurſachen würden, daß die ſtäd⸗ tiſche Verwaltung nicht in der Lage wäre, Nahrungs⸗ mittel billiger zu verkaufen als die Gewerbetreiben⸗ den. Schließlich wurde in der Deputation in Rückſicht auf den vorliegenden Antrag der Stadtverordneten⸗ verſammlung bezüglich der einzelnen Nahrungsmittel, die im Antrag erwähnt ſind, beratſchlagt, ob denn ein ſolcher Bezug zweckmäßig ſei. Da war in erſter Reihe die Frage, ob man Kar⸗ toffeln einkaufen ſollte. Es iſt aber feſtgeſtellt wor⸗ den, daß der Vorteil, den man eventuell im beſten Falle der Bevölkerung oder einzelnen Schichten der Bevölkerung zuführen könnte, ſo unerheblich in dem ganzen Budget des Lebensunterhalts ſei, daß es ſich wirklich nicht lohne, derartige Einrichtungen zu tref⸗ fen. Denn wenn eine Familie von 4 bis 5 Köpfen im Jahre vielleicht ca. 400 Kilogramm Kartoffeln verbraucht, ſo könnte ſich im günſtigſten Falle eine Erſparnis von vielleicht 10 %% im ganzen Jahre her⸗ beiführen laſſen, wobei immer noch höchſt wahrſchein⸗ lich, ja, ich möchte ſagen, gewiß iſt, daß die Stadt mehr Unkoſten haben wird, als vorher geſchätzt war, und daß ihr erhebliche Unkoſten durch die Errich⸗ tung von Verkaufsſtellen erwachſen. Und würde man ſich mit einer Zentralſtelle begnügen, von der aus man die Kartoffeln an die Bevölkerung abgibt, indem die Hausfrauen verpflichtet wären, von dieſer Zen⸗ tralſtelle aus die Kartoffeln zu beſorgen, ſo würde wiederum für den Einkäufer kein Vorteil darin liegen, indem er Zeit und Straßenbahngeld ver⸗ braucht. Der Vorteil würde durch andere Ausgaben zweifellos beſeitigt ſein. Es wurde auch in der Depu⸗ tation darauf hingewieſen, daß diejenigen Städte oder Gemeinſchaften, die derartige Einrichtungen ge⸗ troffen und den Kartoffeleinkauf und Verkauf in die Hand genommen haben, ſehr üble Erfahrungen ge⸗ macht haben, indem die Hausfrauen keineswegs be⸗ friedigt waren. Die Kartoffel iſt ein Qualitäts⸗ artikel, über den die Anſichten ſehr verſchieden ſind. Die Frauen kehrten dann wieder zu ihrem früheren Händler zurück. Meine Herren, eine ſehr wichtige Frage war ſelbſtverſtändlich die: iſt es zweckmäßig, daß die Stadt die Fleiſchverſorgung in irgendeiner Form in die Hand nimmt, ſoll ſie entweder Fleiſchhändler ſein oder gar den Schlächtereibetrieb aufnehmen? Es ſind übrigens in der Denkſchrift, die Ihnen zuge⸗ gangen iſt, ſehr beachtenswerte Aeußerungen in dieſer Beziehung enthalten. Ich will mich begnügen, darauf hinzuweiſen, daß hier hervorgehoben iſt, daß die große Spannung, über die ſo viel geklagt wird, zwiſchen Vieh⸗ und Fleiſchpreiſen nicht etwa eine neue Erſcheinung wäre, ſondern daß ſie begründet iſt in Sitzung vom 17. Januar 1912 der Eigenart des gewerblichen Betriebes, und es wird darauf hingewieſen, daß auch eine Gemeinde, ein kommunaler Betrieb nicht viel daran ändern würde. Das Schlächtereigewerbe ſei ſo eigenartig konſtruiert, daß es auf den Zwiſchenhandel geradezu ange⸗ wieſen iſt. Es befindet ſich in den Akten ferner noch eine ſehr intereſſante Denkſchrift der Frankfurter Ge⸗ meinde, die ſehr ausführlich gerade dieſe Frage be⸗ handelt. Ich will mich, um nicht zu breit zu werden, reſümieren und darauf hinweiſen, daß nach den Be⸗ richten die Erfahrungen, die andere Gemeinſchaften, auch Konſumvereine uſw. gemacht haben, in faſt allen Fällen durchaus ſchlecht waren, und daß kein einziges Beiſpiel zu finden iſt, in dem ein ſolches Unter⸗ nehmen, ſei es Fleiſcherei⸗ oder Großbetrieb, irgend⸗ wie zum Nutzen ausgeſchlagen wäre. (Stadtv. Hirſch: Oho!) — Kollege Hirſch bezweifelt das. Ich habe ſelbſt in der Deputation ſchon ausführlich darüber geſprochen; (Stadtv. Hirſch: Iſt da auch ſchon widerlegt worden!) ich will darauf verzichten, es hier noch einmal zu be⸗ tonen. Aber ich will bei dieſer Gelegenheit eine kurze Bemerkung vorleſen aus den Genoſſenſchaftsblättern, die darauf Bezug genommen haben, daß der Zentral⸗ verband Deutſcher Konſumvereine, der, wenn ich recht unterrichtet bin, in politiſcher Beziehung dem Sozi⸗ alismus ziemlich nahe ſteht, (Stadtv. Hirſch: Neutral!) daß dieſer Zentralverband Deutſcher Konſumvereine ſich zu dem Gegenſtande geäußert hat und dringend davor warnt, die Konſumvereine möchten doch ja nicht Schlächtereien einrichten, denn ſie würden ſehr traurige Erfahrungen damit machen. Das würde ja noch nicht die Frage beantworten, ob die Städte das tun ſollten; dieſer Artikel ſchließt aber wörtlich: Auf den Vorſchlag, die Kommunen möchten die Fleiſchverſorgung in die Hand nehmen, brauchen wir nur mit wenigen Worten einzu⸗ gehen. — Nicht etwa die Genoſſenſchaftsblätter ſagen das, ſondern der Zentralverband Deutſcher Konſum⸗ vereine! Was der konſumgenoſſenſchaftlichen Selbſthilfe nicht möglich iſt, das iſt den Gemeinden noch viel weniger möglich. Eine kommunale Fleiſchverſorgung wird einen ganz erheblichen Zuſchuß aus dem allgemeinen Säckel erfordern und ein Ende mit Schrecken nehmen. 5 Meine Herren, ich begnüge mich damit. Ich kann nur ſagen: die Mehrheit des Ausſchuſſes konnte ſich keineswegs bereit finden, ein derartiges Experiment zu machen, das nach ihrer Anſicht zweifellos zu er⸗ heblichen Unkoſten führen würde und damit eben doch zu Ausgaben, die wieder durch Erhebung von Steuern aus der Bürgerſchaft gedeckt werden müſſen. Denn, meine Herren, wie ich vorhin ſchon ſagte: davon kann ja doch gar keine Rede ſein, daß die