Sitzung vom 17. Januar 1912 lichen Quelle der Teuerung abzulenken, von der agra⸗ riſchen Wirtſchaftspolitik, welche die Teuerung ver⸗ urſacht hat. Sehr richtig!) Es wäre recht wünſchenswert, wenn auch die Herren der Sozialdemokratie das noch klarer erkennen woll⸗ ten, als es nach den Ausführungen des Herrn Vor⸗ redners der Fall iſt, (Sehr richtig!) und wenn ſie ſich nicht den beweisloſen Behauptungen über die verteuernde Wirkung des Zwiſchenhandels anſchließen wollten, die immer und immer wieder ohne jedes Material vorgebracht werden, und die dazu führen, daß der Zwiſchenhandel ganz zu unrecht ver⸗ dächtigt wird und man ihm alle möglichen Gewinne zuſchreibt, die er, ſobald man der Kalkulation auf den Grund geht, in der Tat nicht hat. Meine Herren, wir haben auch keinen Zweifel darüber gelaſſen, daß wir dem ſozialdemokratiſchen Antrage ſchon deshalb ſkeptiſch gegenüberſtanden, weil wir es politiſch für bedenklich halten, die Verantwort⸗ lichkeit der Reichs⸗ und Staatsregierung für die gegen⸗ wärtigen wirtſchaftlichen Verhältniſſe zu verwiſchen und zu trüben durch derartige Maßnahmen, die nicht in den Rahmen der Aufgaben der Stadt fallen. (Sehr richtig! — Zuruf des Stadtv. Hirſch.) Ein weiteres Moment, das wir von vornherein be⸗ tont haben, und das ſich bei der Beratung der ge⸗ miſchten Deputation für uns noch verſtärkt hat, iſt die Gefahr der Schädigung der Gewerbetreibenden. Wenn Herr Kollege Hirſch eben unterſtrichen hat, daß das nur unſerer Meinung nach nicht Aufgabe der Stadt ſei, und damit wohl zum Ausdruck bringen wollte, daß dieſe Meinung falſch iſt, was er ja im allgemeinen von unſeren Meinungen glaubt, (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) dann liegt mir um ſo mehr daran, hier auszuſprechen, daß es in der Tat nach meiner Anſicht und der Anſicht meiner Freunde nicht die Aufgabe der Städte iſt, etwas zu tun, was das Gewerbe einer großen An⸗ zahl ſtädtiſcher Gewerbetreibender iſt. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Koksverkauf! Fiſchverkauf!) — Gewiß, es gibt Ausnahmen für dieſes oder jenes, (Ahal bei den Sozialdemokraten) die ihre beſondere Begründung in ganz beſtimmten Verhältniſſen haben, die ich nicht erörtern will, weil ich keine ſo lange Rede halten will, wie ſie von anderer Seite gehalten worden iſt. Im allgemeinen aber ſoll die Kommune nicht den Gewerbetreibenden Kon⸗ kurrenz machen, deren Steuerkraft wir brauchen, um die ſtädtiſchen Aufgaben zu erfüllen. Vor allen Dingen haben wir endlich Zweifel — und auch dieſe Zweifel ſind durch die Deputationsbe⸗ ratungen nur verſtärkt worden — an dem Erfolge ſolcher Maßnahmen. Erfolge in dieſer Richtung ſtehen noch keineswegs feſt. Wirſud nach wie vor der Ueber⸗ zeugung, daß ſtädtiſche Unternehmen dieſer Art außer⸗ 17 ordentliche Riſiken bieten, weil die Städte nicht in der Lage ſind, die Konjunkturen in der Weiſe zu über⸗ ſehen und ihnen nachzugehen, wie es der Kaufmann tun kann, weil ſie nicht in der Lage ſind, die Speſen ſo nachzurechnen und zu verringern, wie es aus jahr⸗ hundertelanger Betätigung dem Handel möglich iſt. Aus dieſem Grunde halten wir auch heute daran feſt, den Weg nicht zu gehen. Wir erkennen inſoweit die Ausführungen in der Begründung der Magiſtratsvor⸗ lage als zutreffend an. Aber weiterhin hat die Vorlage eine Ent⸗ täuſchung auch denjenigen gebracht — und hierunter befinden ſich auch meine Freunde — die erwartet haben, daß der Magiſtrat eine andere Maßregel vor⸗ ſchlagen würde, die hier verſchiedentlich verlangt worden iſt, nämlich die Beihilfen für die ſt äd tiſchen Angeſtellten. Ich will nur kurz wiederholen, daß wir damals bereits, als die Deputation eingeſetzt wurde, den Wunſch ausgedrückt haben, daß, falls es ſich als unmöglich erweiſen ſollte, Wege zu finden, die zu einer Abhilfe des Notſtandes für die Allgemeinheit führen, dann darauf Bedacht genommen werden müßte, dort zu helfen, wo die Stadt dazu befähigt und legitimiert iſt, nämlich gegenüber den minderbeſoldeten ſtädtiſchen Ange⸗ ſtellten. Wir haben dieſer unſerer Anſicht erneut Ausdruck gegeben im Einverſtändnis mit der ge⸗ ſamten ſozialdemokratiſchen Fraktion und mit der großen Mehrheit der vereinigten alten Fraktion durch den Beſchluß vom 20. Dezember, den wir infolge eines Dringlichkeitsantrages gefaßt haben, und meine Fraktion hat mich beauftragt, ihr Erſtaunen darüber auszuſprechen, daß uns der Magiſtrat noch keine Erklärung darüber hat zugehen laſſen, ob und in welcher Weiſe er zu dieſem unſerem Beſchluſſe Stellung genommen hat. Beſchlüſſe, die auf Grund eines dringlichen Antrags gefaßt ſind, die darauf hin⸗ ausgehen, Notſtänden abzuhelfen, ſollten unſeres Er⸗ achtens eine anderweitige Behandlung erfahren, als es hier der Fall geweſen iſt. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Meine Herren, wenn ich nun nach dieſen all⸗ gemeinen Bemerkungen zu der Vorlage übergehe, ſo ſtelle ich an die Spitze, daß es ſich für mich hier nicht um Maßregeln gegen die Lebensmittelteuerung handelt — denn darin ſtimme ich ganz mit dem Herrn Vorredner überein, daß die hier vorgeſchlagenen Maßnahmen dieſem Ziele nicht dienen ſondern lediglich um eine Verſtärkung der ſozialen Fürſorge auf dem Gebiete, auf dem gegenwärtig eine beſondere Notlage beſteht. Von dieſem Geſichtspunkt aus, nicht als Maßregel gegen die Lebensmittelteuerung, ſondern als eine verſtärkte ſoziale Fürſorge, ſtimmen wir im großen und ganzen der Magiſtratsvorlage zu. Von dieſem Geſichtspunkt aus ſind wir beſonders ein⸗ verſtanden mit der Unterſtützung der Abteilung Volksküchen des Vaterländiſchen Frauenvereins. Wir haben deswegen auch nichts an der Einrichtung von Kochkurſen auszuſetzen, wobei wir übrigens daran feſthalten, daß es zweckmäßig erſcheint, dieſe Einrichtung von Kochkurſen auf die minder be⸗ mittelte Bevölkerung zu beſchränken, da ja für dieſe durch die Vorlage geſorgt werden ſoll. Geteilte Aufnahme haben im Kreiſe meiner Freunde die Vorſchläge zu 2 und 3 gefunden. Was zunächſt den Vorſchlag zu 3 anlangt, die Garantie für die Errichtung einer Speiſehalle mit Zentralküche in Charlottenburg, ſo iſt dagegen eingewendet