18 worden, was ja auch ſchon der Herr Referent ange⸗ deutet hat, daß hierdurch eine Beeinträchtigung des Familienlebens ſtattfinden könnte, weil Leute, die ſehr wohl in der Lage ſind, ſich ſelbſt ihre Nahrung zu bereiten, dadurch dazu verführt würden, die Nahrung von einer derartigen Zentralküche zu beziehen. Die Mehrheit von uns ſteht mit mir auf dem Stand⸗ punkt, daß die Forderung, um die es ſich hier handelt, nicht dazu angetan iſt, ſchwerwiegende grundſätzliche Fragen aufzurollen. Die Geſellſchaft für Volks⸗Kaffee⸗ und Speiſehallen in Berlin baſiert im weſentlichen auf der Idee der Speiſehallen, und dieſen wird man aus Gründen, die früher angeführt ſind, volle Sympathie widmen. Wenn daneben eine Zentral⸗ küche eingerichtet wird, dann dürfen wir doch er⸗ warten, daß ſich im allgemeinen diejenigen, die es nicht nötig haben, kaum an die Zentralküche wenden werden, und daß die Zentralküche regelmäßig nur denen zugute kommen wird, die einer ſolchen Ein⸗ richtung bedürfen. Deshalb iſt die Garantie nicht der Anfang eines neuen Weges, ſondern lediglich eben⸗ falls eine Maßnahme praktiſcher Fürſorge. Was den Antrag zu 2 anlangt, ſo iſt ein Teil meiner Freunde, und zwar der kleinere Teil, der An⸗ ſicht, auch dieſem Teile folgen zu ſollen aus den Gründen, die die Magiſtratsvorlage angibt. Es wird vor allen Dingen darauf hingewieſen, daß der Konſum von Reis bei uns ſehr gering iſt und nur ein Drittel des Konſums beträgt, der beiſpielsweiſe in England auf den Kopf der Bevölkerung entfällt, daß er ſeit Jahren konſtant geblieben iſt, und daß infolgedeſſen die Möglichkeit beſtehen dürfte, den Konſum zu heben und aus dem Reis in höherem Maße, als es gegenwärtig der Fall iſt, ein Volks⸗ nahrungsmittel zu machen. Die Mehrheit meiner Freunde dagegen meint, daß der Reis, über deſſen Eignung zum Volksnahrungsmittel übrigens die Meinungen geteilt ſind, jedenfalls nicht dadurch populär werden würde, daß die Stadt einen Waggon davon billig verkauft. Und, wie geſagt, es iſt nicht Aufgabe der Stadt, irgendwelche Waren, die von den Gewerbetreibenden gehandelt werden, zu vertreiben, ohne daß in einem beſtimmten Falle ein ganz be⸗ ſtimmter Grund vorliegt, was hier nicht zutrifft, da von keiner Seite behauptet oder bewieſen iſt, daß Reis über Gebühr teuer in Charlottenburg verkauft wird. Wenn es nötig war, noch eine Stärkung dieſer grundſätzlichen Anſchauung herbeizuführen, ſo hat Herr Kollege Lehmann dafür geſorgt, indem er geſagt hat, daß ſeine Freunde namentlich für den ſtädtiſchen Reisverkauf ſind, „um für die Zukunft etwas zu haben, worauf man ſich ſtützen kann“. Das iſt allerdings das, was wir gerade nicht wollen, und nachdem wir nunmehr ſehen, daß von den Herren Kollegen der Sozialdemokratie hierin der Anfang eines Vertriebes von Lebensmitteln durch die Stadt erblickt wird, werden die Bedenken derjenigen Kollegen, die meine grundſätzliche Auffaſſung teilen, derart verſtärkt ſein, daß ihnen eine Annahme dieſes Teiles der Magiſtratsvorlage völlig unmöglich iſt. (Sehr gut! bei den Liberalen.) Meine Herren, ich glaube, daß es nach meinen Ausführungen nicht notwendig iſt, noch hinzuzufügen, daß und warum wir den heute geſtellten ſozial⸗ demokratiſchen Hauptantrag ablehnen. Er liegt elen gerade in der Richtung, die wir vermeiden wollen. Mit dem Kollegen Lehmann teile ich aber den Wunſch, daß die Deputation zuſammen bleibe. Ich Sitzung vom 17. Januar 1912 habe ſchon in der vorletzten Verſammlung Gelegen⸗ heit gehabt, darzulegen, daß in der Tat die Teuerungsverhältniſſe ſehr drückend ſind. Allerdings hat Herr Kollege Lehmann heute etwas zu ſchwarz gemalt; denn das, was er über den Arbeitsmarkt geſagt hat, iſt nicht richtig. Der Arbeitsmarkt liegt, wie aus den ſtatiſtiſchen Zuſammenſtellungen hervor⸗ geht, zurzeit nicht beſonders ungünſtig, und es trifft lediglich zu, daß die Maurer und ſonſtigen Bauarbeiter wegen der Witterung nicht beſchäftigt ſind. Aber auch wenn jene Ausführungen des Herrn Kollegen Lehmann nicht vollſtändig richtig ſind, Tatſache bleibt die erhebliche Teuerung, und da auch ich befürchte, daß die Teuerung namentlich für Fleiſch zunehmen wird, ſo bin ich mit Herrn Kollegen Lehmann der Anſicht, daß zu einer Auflöſung der Deputation kein Anlaß vorliegt. Wir verlangen aber nicht, daß ſie ſich bei etwaigen neuen Vorſchlägen, wie das Herr Kollege Lehmann indirekt gefordert hat, ſchematiſch nach anderen Städten richtet. Daß Gelſenkirchen und Halle — und welche Städte ſonſt Herr Kollege Lehmann noch angeführt hat größere Summen aus⸗ geben für dieſe Zwecke als wir, das iſt nicht im geringſten beweiskräftig; denn man kann die Aus⸗ gaben nur vergleichen, wenn man ſie mit allen anderen Aufwendungen für ſoziale Zwecke zuſammen⸗ ſtellt, und da bin ich ganz ſicher, daß bei einer ſolchen Statiſtik Charlottenburg ſehr gut dem Ergebnis ent⸗ gegenſehen kann. (Sehr richtig!) Ich bin ferner der Meinung, daß es künftig auch nicht mehr Aufgabe der Deputation ſein ſoll, Wege für einen Einkauf und Vertrieb ſtädtiſcher Lebensmittel zu ſuchen. Die Frage iſt für meine Freunde nach den bisherigen Ermittlungen negativ erledigt. Dagegen darf ich am Schluſſe noch einmal dem Wunſche Aus⸗ druck geben, daß die Beſchlüſſe, die wir gefaßt haben, in bezug auf die einmalige Beihilfe möglichſt bald eine greifbare Geſtalt annehmen mögen. Im übrigen bitte ich Sie, die Magiſtratsvorlage mit Ausnahme des Punktes zu 2 und unter entſprechender Ab⸗ änderung des Punktes 5 anzunehmen. (Bravo! bei den Liberalen.) Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren! Ich ſchließe mich — und kann dies auch, wie ich glaube, im Namen eines großen Teils meiner Freunde ſagen den Ausführungen des Herrn Vorredners in allen Punkten an. Ich werde deshalb ganz kurz ſein und mich nur auf ein ſpezielles Gebiet wenden, das den Vorſchlag bezüglich der Volks⸗Kaffee⸗ und Speiſehal⸗ len⸗Geſellſchaft betrifft, um da einige Bedenken zu zer⸗ ſtreuen, die innerhalb der Fraktion des Herrn Vor⸗ redners entſtanden ſind. Die Herren meinen, daß durch die Einführung einer Halle hier in Charlotten⸗ burg im Familienleben Aenderungen eintreten fönnten, die nicht gut wirken würden, insbeſondere dahin, daß Familien, anſtatt zu Haus das Eſſen zu bereiten, ſich daran gewöhnen würden, es ſich aus der Halle zu entnehmen. Dieſe Befürchtungen ſind, glaube ich, durchaus unbegründet. Die Haupttätig⸗ keit der Geſellſchaft hat bisher darin beſtanden, daß i n der Halle die Nahrungsmittel dargeboten werden, und wenn nicht die Bevölkerung die Initiative dazu ergreift und durch ihre Nachfrage verlangt, daß nach außen hin bedeutende Quantitäten abgegeben werden, ſo wird die Geſellſchaft natürlich nicht eine Aenderung in dieſer Richtung einzuführen vermögen.