20 nommen werden, ſo iſt alles bis ins Kleinſte vorbe⸗ reitet, und es wird kein Zeiwerluſt weiter eintreten. Wenn Sie aber die Beſchaffung von Reis ab⸗ lehnen aus dem Grunde, daß wir damit den Ge⸗ werbetreibenden der Stadt Konkurrenz machen, ſo kann ich dieſen Grund nicht anerkennen. Es handelt ſich um ſo weſentlich geringe Mengen, daß eine Kon⸗ kurrenz nicht ſtattfinden wird, weil, wenn wir Er⸗ folg haben, der Abſatz von Reis ſich ſteigern wird. Aber bei ſolchen Maßnahmen — das haben wir bei der Säuglingsfürſorge gelernt — genügt es nicht, daß wir Merkblätter und ähnliches in die Menge werfen, ſondern wir müſſen noch irgend einen anderen Anreiz bieten, und wenn ein ſolcher wegfällt, ſo werden unſere Maßnahmen etwas erſchwert werden. Deshalb würde ich bitten, daß Sie Punkt 2 auch an⸗ nehmen. Dann iſt wiederholt — auch von dem Herrn Be⸗ richterſtatter — geſagt worden, es handle ſich nur um kleine Maßnahmen. Klein im Verhältnis zu dem großen Notſtande, den wir ja auch nicht unterſchätzen. Aber, bitte, halten Sie unſere Maßnahmen nicht für zu unweſentlich! Seit langen Jahren wird von vielen Seiten darauf hingewieſen, daß gerade durch un⸗ zweckmäßige Verſorgung der minderbemittelten Be⸗ völkerung mit Nahrungsmitteln ein Schaden geſtiftet wird, der ſehr erheblich zur Unterernährung der Ju⸗ gend beiträgt. Wenn wir mit den Mitteln der Ge⸗ ſundheitspflege und der Aufklärung auf dieſem Wege vorgehen, ſo werden wir doch, wie ich mir verſpreche, damit Größeres und Wirkſameres erreichen, als die Herren heute denken. Und infolgedeſſen begrüße ich die Zuſtimung eines großen Teiles der Herren mit beſonderer Freude. Stadtv. Zander: Meine Herren, nach den Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Meyer will ich mich ganz kurz faſſen. Mit dem Antrage 1 ſind meine Freunde ohne die Aenderung der ſozialdemokratiſchen Fraktion einver⸗ ſtanden. Denn für uns iſt es ganz beſonders wichtig, daß der Ausdruck „minderbemittelt“ darin ſteht, weil wir für die bemittelten Klaſſen ja keine Einrichtun⸗ gen dieſer Art ſeitens der Stadt zu treffen brauchen. Was den Antrag 2 anbetrifft, ſo ſind auch wir nicht in der Lage, den ſtädtiſchen Verkauf von Reis zu befürworten und zu bewilligen. Was den Reis ſelbſt anbetrifft, ſo ſchätzen wir ihn natürlich als ein großes Volksnahrungsmittel; aber er iſt im Ver⸗ hältnis zu Kartoffeln doch bedeutend teurer. 25 Pfund Reis würden einem Zentner Kartoffeln entſprechen. Wenn wir im Verhältnis zur Trockenſubſtanz reden, ſo enthält der Reis ca. 12 % Waſſer, die Kartoffel ca. 78 %, die Nährwerte in den Kartoffeln ſind 9,68 %, im Reis 8,44 %, und die Ausſcheidungen in den Faeces und in dem Harn ſind bei Kartoffeln 5,3 %, beim Reis 4,1 %. Das ſind Verſuche, die ſeinerzeit von Rubner angeſtellt ſind, die alſo voll⸗ ſtändig den Tatſachen entſprechen. Die Zubereitung des Reiſes halten wir auch für teurer als die der Kartoffeln. Ein Zentner Kar⸗ toffeln iſt momentan für 3,50 D bis 4 % zu haben und nicht, wie Herr Kollege Lehmann ſagt, für 6 % bis 6,50 ¾. Das ſind vielleicht die Preiſe von Lind⸗ ſtädt « Säuberlich für einzelne Pfunde; hier beim Roten Kreuz in Charlottenburg kaufen die Herren die Kartoffeln für 3,50 ℳ bis 4 ℳ. Der Reis würde ſich bei 25 Pfund, die einem Zentner Kartoffeln ent⸗ ſprechen, auf 5 ℳ ſtellen, er würde alſo 25 % teurer Sitzung vom 17. Januar 1912 ſein als Kartoffeln, und die Herſtellung des Reiſes iſt, wie ſchon vorher erwähnt, auch teurer. Dann iſt der Reis durchaus nicht ſo vorhaltend. Der Reis wird zwar den Magen füllen, aber nach kurzer Zeit ſtellt ſich ein viel größeres Hungergefühl wieder ein als nach dem Genuß von Kartoffeln. Trotzdem halte ich es für wichtig, die Propaganda für den Reis zu befördern, obwohl ich glaube, daß unſere Bevölkerung, die doch auf gute Nahrung ſieht, ſich nicht dazu her⸗ geben wird, die Reisnahrung als Hauptnahrung ein⸗ zuführen, namentlich nicht in den minderbemitelten Kreiſen. Wenn Reis mit Birnen oder Aepfeln zu⸗ ſammen gekocht werden ſoll, ſo tritt eine ſo erhebliche Verteuerung ein, daß die minderbemittelte Bevölke⸗ rung ſie kaum aufbringen kann. Wir würden es für richtig halten, wenn das, was hier geſpart würde, den Volksküchen und Speiſehallen zugute käme. Dadurch würde eine weitere Milderung des herrſchenden Notſtandes geſchaffen werden. Die Mehrzahl meiner Freunde ſteht alſo auf dem Standpunkt, die Punkte 1, 3, 4, 5 zu bewilligen, den Punkt 2 aber abzulehnen. Stadtv. Jacobi: Meine Herren, ich gehöre zu demjenigen Teile meiner Fraktion, welcher auch Punkt 2 der Magiſtratsvorlage anzunehmen bereit iſt. Ich glaube, daß der Magiſtrat durch die Maß⸗ nahmen, die er bis jetzt getroffen hat, darauf hin⸗ wirkt, daß die Lebensmittel ſich verbilligen müſſen. Denn durch den Verkauf von Seefiſchen, dadurch, daß man dieſes Nahrungsmittel in viel größerem Maße dem Volke zugänglich macht, als es bisher möglich war, wirkt er unbedingt auf die Verbilligung der Fleiſchpreiſe ein. Denn die Leute, die Fiſche kaufen, kaufen ja kein Fleiſch; infolgedeſſen, wenn weniger Nachfrage nach einer Ware vorhanden iſt, drückt das den Preis. Aus dieſem Grunde bin ich auch für den Vertrieb von Reis. Ich möchte Sie daran erinnern, meine Herren, daß China, ein Land von über 400 Millionen Einwohnern, faſt aus⸗ ſchließlich von Reis lebt, (Stadtv. Gebert: Und Ratten!) und daß dieſe Speiſe dort allerdings in den ver⸗ ſchiedenartigſten Zubereitungen verabfolgt wird, was ja auch bei uns ſehr leicht geſchehen kann durch die Kochſchule. Dadurch, daß ein neues Nahrungsmittel in vergrößerter Menge verbraucht werden kann, wer⸗ den die Preiſe der anderen Lebensmittel ebenfalls herabgedrückt. (Sehr richtig!) Es gibt auch noch ein anderes Lebensmittel, das auf dem Wege iſt, den übrigen Lebensmitteln Kon⸗ kurrenz zu machen, und zwar ſind das die Bananen. (Stadtv. Vogel: Sind viel zu teuer!) Es wird Ihnen bekannt ſein, daß eine große Maſſe von Bananen dem Verderben anheimfällt, weil nicht rechtzeitig für den Export dieſes Artikels geſorgt werden kann. Es haben ſich nun unter der Leitung der Hamburg⸗Amerika⸗Linie mehrere Bananen⸗ geſellſchaften gebildet, und die Hamburg⸗Amerika⸗ Linie hat es übernommen, eine große Anzahl von Schiffen zur Verfügung zu ſtellen, um dieſe Bananen zunächſt nach Amerika und dann nach Europa zu be⸗ fördern. Ich meine, das wäre auch ein Mittel, um