24 antwortung abnehme. Man könnte ebenſogut weiter gehen und theoretiſch ſagen: wenn wirklich ſolche ſtädtiſchen Maßnahmen Erfolg hatten, dann würden ja die Gemeinden dem Staate die Verantwortung abgenommen haben. Was die ſozialen und wirtſchaftlichen Bedenken anlangt, die die Majorität der Deputation gehabt hat, ſo hat der Kollege Hirſch darauf hingewieſen, daß dies Anſchauungen wären, die man vielleicht vor hundert Jahren hätte haben können, denn es wären ſchon vielerlei Dinge in ſtädtiſche Regie übergegangen. Gewiß, das iſt richtig; es handelt ſich da in erſter Reihe — daran hat Herr Kollege Hirſch gedacht um Erzeugniſſe wie Gas uſw. Da liegen aber ganz andere Gründe vor, weshalb die Städte für dieſe Produkte eigene Regie eingerichtet haben. Hier kommt vor allen Dingen, um nur kurz darauf hinzuweiſen, die Vorausſetzung in Betracht, daß die Straßen be⸗ nutzt werden müſſen, das Beſitztum der Allgemein⸗ heit, (Stadtv. Hirſch: Dagegen haben ſich Ihre Freunde auch geſträubt!) und daß natürlich die Allgemeinheit, weil eben die Straßen für das Rohrnetz benutzt werden müſſen, ein Recht darauf hat, daß hier die eigene Regie ge⸗ wählt wird. Im übrigen möchte ich Herrn Kollegen Hirſch bemerken, daß es mir noch ſehr zweifelhaft iſt, ob immer die ſtädtiſchen Einrichtungen, auch was die Gasverwaltung anlangt, ſo ökonomiſch gearbeitet haben, wie es Privatunternehmungen tun. Ich ver⸗ weiſe in dieſer Beziehung lediglich auf die guten Einnahmen, die Berlin aus den Berliner Elektri⸗ zitätswerken hat, und auf den Umſtand, daß ganz London von Privatunternehmungen mit Gas ver⸗ ſorgt wird und der Gaspreis in London billiger iſt als in Berlin. Wenn Herr Kollege Hirſch ferner, nicht bloß mir, ſondern der Majorität der Deputation gegen⸗ über ich bleibe dabei auch im Rahmen der Bericht⸗ erſtattung — darauf hingewieſen hat, daß auch ein ſtädtiſcher Fiſchverkauf eingerichtet worden iſt, ſ0 trifft das in Wirklichkeit nicht zu: es handelt ſich hier um eine erzieheriſche Maßregel, die auch mal ein Ende haben wird, und zweitens iſt es nicht ein ſtädtiſcher Fiſchverkauf, ſondern es kommt hier nur die Ueberlaſſung des Raumes in Frage, was etwas weſentlich anderes iſt. Ich muß jedoch ſagen, daß Herr Kollege Hirſch vielleicht recht hat, wenn er uns zur Vorſicht mahnt, daß man nicht auf dieſem Ge⸗ biete weiter gehe und recht vorſichtig an alle Fragen herantrere, die die eigene Regie der Städte betreffen. Jas dann zum Schluß die ſozialen Bedenten betrifft, die die Mehrheit des Ausſchuſſes veranlaßt haben, die Anträge der Herren Sozialdemokraten abzulehnen, ſo weiſt Herr Kollege Hirſch darauf hin, daß die Intereſſen der Allgemeinheit höher ſtehen ſollen als die des Einzelnen. Das iſt gewiß vollkom⸗ men richtig; auch wir haben das Ziel im Auge, daß die Intereſſen der Allgemeinheit höher gelten müſſen als die des Einzelnen. Es kommt natürlich immer darauf an, was man unter Intereſſen der Allgemein⸗] heit verſteht. Wir dürfen dabei nicht aus dem Auge verlieren als Vertreter der Bürgerſchaft, daß wir auch auf die einzelnen Erwerbsſtände Rückſicht nehmen müſſen. Das Städteleben hat ſich nicht bloß durch die Rechte der Selbſtverwaltung entwickelt, ſondern auf dem feſten Pfeiler der Gewerbefreiheit, und die Sitzung vom 17. Januar 1912 blühende Entwicklung der Städte wäre nie möglich geweſen ohne Gewerbefreiheit. Wenn man erſt an⸗ fängt, an ſolchem einzelnen Pfeiler zu rütteln, dann beſteht die Gefahr, daß die blühende Entwicklung der Städte untergraben wird. Dieſes Bedenken — es war mit das wichtigſte hat den großen Teil der Mitglieder der Deputation veranlaßt, gegen die Anträge zu ſtimmen. Ich ver⸗ ſage mir, auf die wirtſchaftlichen Bedenken noch wei⸗ ter einzugehen. Die Behauptung des Herrn Kollegen Hirſch, daß die Städte billiger die Nahrungsmittel beſchafft haben, iſt durch nichts bewieſen. (Stadtv. Hirſch: Doch!) — Wenn Sie die Akten verfolgen, das Material ver⸗ folgen, ſo finden Sie eher das Gegenteil, daß nämlich alle die Unternehmungen, die die Städte getroffen haben, zum großen Teil Schiffbruch erlitten haben. Jedenfalls fehlt vollkommen der Beweis dafür, daß die Städte die Nahrungsmittel der Bevölkerung bil⸗ liger zuführen können, als es im freien Erwerbsleben geſchehen kann. Als Berichterſtatter bitte ich Sie, meine Herren, in dieſem Sinne Stellung zu nehmen und Beſchluß zu faſſen. Sonſtige neue Momente ſind in der Debatte nicht hervorgehoben worden. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Wir kommen nunmehr zur Abſtimmung. Zu Nr. 1 der Vorlage iſt der Abänderungsantrag eingegangen, die Worte „für die minderbemittelte Bevölkerung“ zu ſtreichen. Ferner iſt noch ein Antrag eingegangen, folgende Re⸗ ſolution zu faſſen: Die Stadtverordnetenverſammlung be⸗ ſchließt, den Magiſtrat zu erſuchen, beſonders im Preiſe geſtiegene Nahrungsmittel durch die Stadt einzukaufen und an die Bevölkerung zum Selbſtkoſtenpreiſe abzugeben. Wir werden nachher darüber abſtimmen, wenn wir über die Vorlage abgeſtimmt haben. Zu bemerken iſt noch, daß namentliche Abſtimmung beantragt worden iſt zu dem Antrag auf Streichung der Worte „für die minderbemittelte Bevölkerung“ und ferner zu Nr. 2, den Reis betreffend. Wir ſtimmen jetzt über den Abänderungsvor⸗ ſchlag zu Abſ. 1 der Magiſtratsvorlage ab. Ich bitre diejenigen Herren, welche die Worte „für die minder⸗ bemittelte Bevölkerung“ beibehalten wollen, mit Nein zu antworten, diejenigen alſo, die die Worte ſtreichen wollen, mit Ja zu ſtimmen. Ich bitte, mit der Ko⸗ lonne 1 zu beginnen. (Der Namensaufruf erfolgt. Es ſtimmen mit Ja die Stadtverordneten Bade, Dr Borchardt, Gebert, Hirſch, Klick, Lehmann, Richter, Stulz, Vogel, Wilk; mit Nein die Stadtverordneten Baumann, Braune, Dr Byk, Dr Crüger, Dr Damm, Erdmannsdörffer, Dr Flatau, Dr Frentzel, Dr. Friedlaender, Gredy, Dr Hu⸗ batſch, Jachmann, Jacobi, Jaſtrow, Imberg, Jolenberg, Kerb, Kern, Laskau, Litten, Mann, Marzahn, I)r. Mommſen, Mottek, Neukranz,