42 nicht, daß dieſe Vermehrung um 86 Betten eintritt durch eine Ueberbelegung, und daß in dem Moment, wo eine Vermehrung um 120 Betten eintritt, im Oktober, dieſe Ueberbelegung von 86 Betten natürlich zurückgezogen werden wird. (Widerſpruch.) — Wenigſtens teilweiſe, wird mir vom Magiſtrats⸗ tiſch zugerufen. Ich halte es auch für ſelbſtverſtänd⸗ lich, daß, wenn aus Not eine Ueberbelegung eintritt, dann, wenn dieſe Not nicht mehr vorhanden iſt, wenn ſie durch dieſe 120 Betten erleichtert wird, dieſe Ueber⸗ belegung aufhört. Allerdings, meine Herren, muß ich ſagen: wenn ich höre, daß 1700 Kranke im Jahr abgewieſen werden, dann habe ich zu dem Zurück⸗ ziehen der Ueberbelegung ſehr wenig Zutrauen, und dann, glaube ich, wird möglicherweiſe auch noch nach dem Oktober die Ueberbelegung notwendig werden. Aber weiter, meine Herren, hat Herr Stadtrat Dr Gottſtein Ihnen ausgeführt, daß wir nach dem Reichsſeuchengeſetz verpflichtet ſind, eine Reſerve be⸗ reit zu ſtellen, und daß er auf Anfrage vom Polizei⸗ präſidium aus nicht in der Lage ſein würde, zu ſagen: wir haben eine Reſerve. Meine Herren, was dann? Wollen Sie die Verantwortung auf ſich nehmen, daß im Mai dieſes Jahres der Polizeipräfident anfragt, wie es mit der Reſerve ſteht, daß dann vom Ma⸗ giſtrat aus erklärt werden muß: eine Reſerve iſt nicht vorhanden, und daß dann vom Polizeipräſidium an⸗ geordnet wird: die Baracke, die Reſerve, die die Stadtverordnetenverſammlung ablehnt, muß auf An⸗ ordnung im Aufſichtswege gebaut werden? Meine Herren, eine derartige Verantwortung möchten wir nicht auf uns nehmen. Meine Freunde werden daher für die Magiſtratsvorlage ſtimmen, und ich bitte Sie, das Gleiche zu tun. (Bravo!) Stadtrat Boll: Meine Herren! Ich möchte doch richtig ſtellen, damit es keine Mißverſtändniſſe gibt: wir werden keine Ueberbelegung durch dieſe 86 Betten ſchaffen. Der Direktor des Krankenhauſes, Herr Kol⸗ lege Gottſtein, Herr Kollege Röthig und ich ſind durch die einzelnen Pavillons gegangen und haben feſtge⸗ ſtellt, daß noch gut in der geſetzmäßigen Anzahl dieſe Betten untergebracht werden können. Allerdings unter Zunahme einiger Tagesräume. Wieviel wir ſpäter, wenn wir die 120 Betten haben, wegnehmen können, wiſſen wir noch nicht; jedenfalls werden wir, ſobald wir mehr Platz haben, die Tagesräume wieder als ſolche benutzen. Aber es iſt auch mit den 86 Betten noch der vorgeſchriebene Luftraum für jeden Kranken vorhanden. Alſo dem möchte ich entgegentreten, daß wir jetzt eine Ueberbelegung geſchaffen haben. Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Meine Freunde lehnen es ſelbſtverſtändlich ab, irgendwie eine Krankenhausnot herbeiführen zu wollen, ſondern im Gegenteil, wir ſind aufs dringendſte dafür, daß der Krankenhausnot abgeholfen wird. Dieſe Vorlage ohne b würde aber nach unſerer Anſicht, nach Anſicht der Majorität meiner Freunde, der Krankenhausnot abhelfen. Wenn Herr Stadtrat Gottſtein eben gefagt hat: 1700 Kranke ſind im letzten Jahre abgewieſen — nun, ſo bitte ich — von der Frage, aus welchen Grün⸗ den die Abweiſung erfolgt iſt, ganz abgeſehen dieſe Zahl einmal zu multiplizieren mit der Höchſt⸗ zahl der Tage, die die Kranken durchſchnittlich im Sitzung vom 31. Januar 1912 Krankenhauſe bleiben. Wie mir vom Magiſtrat ge⸗ ſagt wird, iſt dieſe Zahl 25 bis 30 — ich habe früher, glaube ich, eine niedrigere Zahl gehört. Wenn ich aber ſelbſt 30 rechne, dann komme ich auf die Zahl von 51 000 Tagen. Wenn wir daraus die Bettenzahl entnehmen, ſo kommen wir auf 140 Betten, die even⸗ tuell gefehlt haben. Im Herbſt dieſes Jahres haben wir aber 206 Betten mehr, d. h. über dieſe Fehlzahl noch 66 Betten weiter. Nun wird immer darauf hingewieſen: wir haben aber keine Reſerve. Meine Herren, wenn wir die Reſerve, eine beſondere Baracke, jetzt 10 Jahre lang nicht gehabt haben, dann kann ich abſolut nicht ein⸗ ſehen, warum wir nun für ein halbes Jahr dieſe Re⸗ ſerve bauen ſollen. (Sehr richtig!) Sie können leicht ſagen: Sie übernehmen damit eine große Verantwortung. Da muß ich nur ſagen: dann übernimmt der Magiſtrat auch die Verantwortung, daß, wenn eine größere Epidemie ausbricht, er mit 20 Betten dieſem Bedürfnis abſolut nicht abgeholfen hat. Wenn Sie dieſes Bedürfnis befriedigen wollen mit 20 Betten, dann können Sie genau ſo in dem Krankenhauſe, das wir jetzt haben, ein oder zwei Zimmer abſchlagen — wir bekommen ja jetzt 86 Betten — einen Raum abſchlagen und nur für den Notfall — es wird davon geredet: wenn einmal ein Peſtfall auftritt — für dieſen Notfall reſervieren. Wir haben auch früher derartige Fälle gehabt — bei den aus⸗ wandernden Ruſſen, erinnere ich mich — da iſt auch dafür geſorgt worden; da ſteht eine Schulbaracke zur Verfügung, die natürlich nachher nicht mehr für die Schule gebraucht werden kann. Derartige Hilfsmittel haben wir alſo. Eins hat mich aber beſonders an den Ausfüh⸗ rungen des Herrn Stadtrats Boll gewundert und mich ſehr ſtutzig gemacht, und ich möchte Herrn Stadtrat Boll, an den ich mich eben perſönlich wende, auch bitten, jetzt zuzuhören. Herr Stadtrat Boll hat vor⸗ hin erklärt, das Krankenhaus zweiter Klaſſe würde ja erſt in mehreren Jahren fertig ſein. Dieſe Aeußerung hat mich außerordentlich er⸗ ſtaunt. Seit Jahren hat die Stadtverordneten⸗ berſammlung den Wunſch gehabt, daß ein Kranken⸗ haus für den Mittelſtand gebaut wird; wir haben vor längerer Zeit — es iſt wohl über ein halbes Jahr her — der Magiſtratsvorlage zugeſtimmt, und jetzt hören wir auf einmal: es kann noch jahrelang dauern. In der Anleihe ſteht das Krankenhaus. Da kann ich nur den Magiſtrat auf das dringendſte bitten, dieſen. Bau des Pavillons zweiter Klaſſe zu be⸗ ſchleunigen, der dem Bedürfnis des Mittelſtandes entgegenzukommen berufen iſt. Stadtrat Dr. Gottſtein: Meine Herren! Durch Ablehnung der Baracke bringen Sie uns tatſächlich in Verlegenheit. So ſchematiſch, wie Herr Stadtv. Stadthagen rechnet, daß man ſagt: ſo und ſo viel Tage iſt der Kranke im Krankenhaus, ſo und ſo viel Betten haben wir, dieſe Zahl von Krankheitstagen rechne ich heraus —, ſo ſchematiſch kann man nicht vorgehen. Man kann nicht alle Kranken durchein⸗ ander legen; man muß Frauen und Kinder ſcheiden, anſteckende und nicht anſteckende Krankheiten; man muß auch einmal die Möglichkeit haben, eine ganze Station für eine kurze Zeit leer zu legen, um ſie des⸗ infizieren zu können, und dieſe Möglichkeit war ſeit, 1904 in Weſtend überhaupt nicht gegeben. Wir haben