Sitzung vom 31. Januar 1912 uns geholfen, wie wir konnten: wir haben die Schwindſüchtigen in andere Krankenhäuſer wegge⸗ geben uſw. Wenn wir dieſes Syſtem abſtellen und mit den umfaſſenden Abweiſungen endlich einmal brechen wollen, ſo ſind wir durch die Neueinſtellung bis zur zuläſſigen Belegungsgrenze gegangen. Wir haben dadurch aber genügend getrennte Iſolierabtei⸗ lungen verloren; wir können ja doch Maſern und Scharlach nicht zuſammenlegen, ſondern müſſen ſie in verſchiedenen Pavillons unterbringen; ſelbſt wenn der Maſernpavillon nur mit 30 belegt iſt, können wir die übrigen 70 % nicht für andere Abteilungen als freie Betten einrechnen. Alſo wenn wir die Infek⸗ tionsfälle nicht iſolieren können, wenn wir für Kata⸗ ſtrophen nicht eine Reſerve haben, ſo ſind wir in Not. Wir wollen hoffen, daß die Tatſache ſelbſt nie⸗ mals auftritt; aber die Möglichkeit beſteht, und wir ſind verpflichtet, an dieſe Möglichkeit zu denken und für ſie vorzuſorgen. Stadtrat Dr Röthig: Meine Herren! Ich hatte vom Magiſtrat aus Gelegenheit, die Verhältniſſe in Weſtend an Ort und Stelle zu ſehen, und kann er⸗ klären, daß die Einfügung der 86 Betten vollkommen den hugieniſchen Forderungen entſpricht, daß aber nach der Einfügung der 86 Betten der verfügbare Raum im Krankenhauſe faſt bis zur Grenze aus⸗ genutzt iſt. Wenn dann alſo irgendwelche dringenden Momente eintreten ſollten, die eine weitere Unter⸗ bringung infektiöſer Kranker notwendig machen, dann fehlt es dem Krankenhauſe tatſächlich an dem ſo un⸗ bedingt notwendigen Sicherheitsventil, und dieſes Sicherheitsventil ſoll durch die beantragte Baracke geſchaffen werden. Dafür kommt es nicht in Betracht, ob die Baracke nur 20 oder nur einige Betten hat. Es iſt bei einer plötzlich auftretenden Epidemie un⸗ bedingt notwendig, daß die erſten Fälle ſchnell iſoliert werden können, und wenn der übrige Teil des Kran⸗ kenhauſes, wie es dann tatſächlich der Fall ſein wird, ſtark ausgenutzt wird, ſo haben wir keine Reſerve; denn die bisher beſtehende Döckerſche Baracke iſt un⸗ brauchbar, wie von vielen Seiten hervorgehoben wird. Es iſt alſo, ſoweit es ſich um die Bewilligung der Baracke handelt, nur die Frage zu entſcheiden, ob Sie meinen, die Verantwortung tragen zu können, daß keine beſonders ſchwierigen Fälle der Krankenhaus⸗ verwaltung in der nächſten Zeit erwachſen werden. Dieſe Frage kann man weder beſtimmt bejahen noch beſtimmt verneinen. Man muß aber, finde ich, in ge⸗ ſunden Verhältniſſen für ungünſtige Verhältniſſe Vor⸗ ſorge treffen. Sehr richtig!) Dieſe Vorſorge wird getroffen durch die beantragte Baracke. Dabei kommt für mich weniger in Betracht, ob wir geſetzlich dazu verpflichtet ſind; das iſt aber noch dazu der Fall. Wir müſſen daher für ſolche Ver⸗ hältniſſe ſorgen und müſſen in geſunden Verhältniſſen für die Zeit der Not vorſorgen. Ich kann Sie nach meiner Kenntnis der Verhältniſſe nur dringend bitten, die beantragte Baracke zu bewilligen. (Bravo!) Stadtv. Guttmann: Meine Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Stadtrats Dr Röthig kann ich mich kurz faſſen. Nach den überzeugenden Aus⸗ führungen des Herrn Stadtrats Dr Gottſtein, dieſes ausgezeichneten Fachmannes, deſſen Mitarbeit wir 43 uns zu erfreuen haben, können mich die theoretiſchen und in gewiſſem Maße mechaniſchen Berechnungen des Herrn Kollegen Dr Stadthagen in keiner Weiſe von dem Eindruck befreien, daß es eine ſchwere Ver⸗ antwortung wäre, die Baracke abzulehnen. (Sehr richtig!) Es iſt möglich, daß wir ſie nicht ſo nötig brauchen; ich gebe aber lieber das Geld für die Baracke aus und riskiere es, daß ſie nicht ſo dringend nötig iſt, als daß ich es riskiere, daß wir vor einer Not in dieſer Beziehung ſtehen. (Sehr richtig!) Ich bitte Sie dringend, meine Herren, die Baracke zu genehmigen. (Bravo!) Vorſteher Kaufmann: Es iſt von Herrn Kolle⸗ gen Vogel mit genügender Unterſtützung der Antrag auf namentliche Abſtimmung über Nummer p geſtellt worden. (Unruhe.) Stadtv. Dr. Landsberger: Meine Herren! Die Schwierigkeiten, in die wir geraten ſind, und für die ein ausgezeichnetes Symptom dadurch gegeben iſt, daß jetzt ein Antrag auf namentliche Abſtimmung eingegangen iſt, als wenn es ſich darum handelte, daß der eine Teil der Stadtverordnetenverſammlung humaner und der andere weniger human dächte die Schwierigkeiten unſerer Situation ſind dadurch entſtanden, daß der Magiſtrat ſo ſehr von dem Stand⸗ punkt ſeines Organs, nämlich der Krankenhaus⸗ deputation, abgewichen iſt. Stadtv. Dr Stadthagen: Sehr richtig!) Die Krankenhausdeputation hatte nach ſorgfältiger Erwägung und unter vollſtändiger Anerkennung der Notlage, die vorübergehend geherrſcht hat, eine Ver⸗ mehrung der ſtändigen Bettenzahl um 30 beſchloſſen, von denen nachgewieſen war, daß ſie ohne Schädigung des Krankendienſtes in die beſtehenden Räume ein⸗ gefügt werden könnten, und ſie hat ferner die Auf⸗ ſtellung von zwei Döckerſchen Baracken, d. h. trans⸗ portablen, leicht abreißbaren Baracken beſchloſſen von denen heute zu Unrecht behauptet iſt, daß ſie für den Krankenhausdienſt nicht brauchbar ſind; die Döckerſchen Baracken ſind im Militärdienſt bewährt; (Sehr richtig!) jeder Sachverſtändige wird Ihnen ſagen, daß man in Döckerſchen Baracken zu jeder Jahreszeit Kranke gut aufnehmen und unterbringen kann. Gewiß, in einem nicht feſtſtehenden Hauſe iſt die Unterbringung von Kranken nicht gerade ideal, aber auch feſte Baracken können nicht leicht die Unterbringung in einem Krankenhauſe erſetzen. Das ſind Dinge, über die gar nicht geſprochen zu werden braucht. Hier handelt es ſich aber um die Abſtellung einer Notlage. Mit den Argumenten, mit denen Herr Stadtrat Röthig gekommen iſt und denen Herr Kollege Gutt⸗ mann ſich angeſchloſſen hat, kann man alles beweiſen. (Sehr richtig!)