46 Berichterſtatter Stadtv. Wöllmer: Meine Herren! Der Magiſtrat beantragt Erweiterungs⸗ bauten auf Gaswerk 11, und zwar ſollen erſtens die Gasreinigeranlagen des Gaswerks 11 mit einem Koſtenaufwande von 210 000 ℳ, zweitens die elek⸗ triſche Kraftſtation mit einem Koſtenaufwande von 65 000 ℳ erweitert werden. Die geſamten Koſten von 275 000 ℳ ſind aus Anleihemitteln zu ent⸗ nehmen, wofür die neue Anleihe über 42½ Millionen zur Verfügung ſteht. Meine Herren, die Motivierung der Magiſtrats⸗ vorlage in techniſcher Beziehung iſt ſo außerordentlich klar und ausführlich, daß ich mich damit begnügen kann, nur das Weſentliche hervorzuheben. Was die Erweiterung der Gasreinigeranlagen betrifft, ſo kann angenommen werden, daß die Leiſtungsfähigkeit der Anlagen in ihrem bisherigen Umfange bis zu 250 000 cbm Gas beträgt. Da aber die größte Gas⸗ abgabe im Dezember v. I. an einem Tage bei ſehr ſtarker Beanſpruchung bereits 240 000 ehm be⸗ tragen hat, ſo erhellt aus dieſer Gegenüberſtellung der Zahlen, daß eine Erweiterung der Gasreinigeranlage unbedingt erforderlich iſt. Es wird die Aufſtellung von 3 neuen Trockenreinigern mit einer Leiſtungs⸗ fähigkeit von 150 000 cbm beantragt, ſo daß in Ver⸗ bindung mit dem bisherigen Betriebe eine Leiſtungs⸗ fähigkeit von zuſammen 400 000 ehm an zu reinigendem Gaſe nachgewieſen iſt. Dieſe Anlage würde ſchätzungsweiſe mindeſtens auf 5 Jahre reichen. Auch die Erweiterung der Kraftſtation, die den zweiten Punkt der Magiſtratsvorlage betrifft, iſt unbedingt nötig ſchon mit Rückſicht auf den ſtändig wachſenden Kohlen⸗ und Koksbetrieb. Die Aufſtellung einer weiteren Turbodynamomaſchine erſcheint dringend geboten, und damit wird ein Koſten⸗ aufwand von 65 000 ℳ verurſacht werden. Die Deputation für die Gaswerke hat ſich mit dieſer Vorlage gründlich beſchäftigt. Ich beantrage die Annahme der Magiſtratsvorlage. Stadtv. Dr Byk: Zu der Vorlage ſelbſt möchte ich im Namen meiner Fraktion erklären, daß ſie gewillt iſt, die Vorlage ohne weiteres anzunehmen. Ich möchte bei der Gelegenheit aber etwas hervor⸗ heben, was mir, ſo lange ich in Charlottenburg an⸗ ſäſſig bin, aufgefallen iſt nämlich daß in Charlotten⸗ burg viel zeitiger als in den Nachbarkommunen das (cas am Abend angeſteckt wird. Dieſe Wahrnehmung habe ich nicht für meine Perſon allein gemacht, ſondern mele andere haben das auch in dem Grundbeſitzer⸗ verein von 1894, dem ich angehöre, hervorgehoben und haben gefragt, wie es kommt, daß das Gas am Nachmittag hier viel eher in Brand geſetzt wird, als es anderswo der Fall iſt. Ich habe mich 3. B. wieder⸗ holt im Laufe der Jahre davon überzeugt, daß, wenn ich am Kurfürſtendamm gegangen bin, das Gas auf unſerer Seite ſchon hell brannte, während die gegen⸗ überliegende Wilmersdorfer Seite noch verhältnis⸗ mäßig dunkel war. Wenn ich vom Kurfürſtendamm nach der Potsdamer Straße in Berlin fuhr, brannte hier bereits das Gas, und in der Potsdamer Straße waren die Laternen noch dunkel. Ich bin im November d. Is. mehrere Wochen durch die Lietzen⸗ burger Straße, die doch eine Grenzſtraße zwiſchen Charlottenburg und Wilmersdorf iſt, täglich zwiſchen %4 und 4 gegangen, und da iſt mir regelmäßig auf⸗ gefallen, daß auf der Charlottenburger Seite und in den nach Charlottenburg zu gelegenen Straßen die Laternen brannten, während auf der andern Seite in Wilmersdorf, ſoweit man blickte, nichts von einer Sitzung vom 31. Januar 1912 brennenden Laterne zu ſehen war; auf hunderte Meter konnte man wahrnehmen, daß vollkommen noch die Orientierung möglich war. In gleicher Weiſe habe ich im Laufe des Januar wiederholt feſtgeſtellt, daß wenigſtens in meiner Gegend des Morgens die Straßenlaternen weit über die übliche und die nötige Zeit hinaus brannten. Ich weiß mich beſtimmt zu erinnern, es war am 14. Januar: da bin ich nach der Potsdamer Straße in Berlin gefahren, und als ich dort um ½8 Uhr ankam, waren die Laternen aus⸗ gelöſcht; um 8 Uhr bin ich dann wieder zurück⸗ gefahren, und als ich nach Charlottenburg kam das war etwa 25 Minuten nach 8 Uhr —, da brannten in meinem Viertel noch die Laternen. Ich ſah gerade den Laternenanzünder kommen, der die Laternen auslöſchte. Wie ich aus der Tabelle, die die Gasver⸗ waltung für die Laternenanzündung herausgegeben hat, feſtgeſtellt habe, ſoll zwiſchen dem 14. und 20. Januar um 7¼ Uhr das Auslöſchen der Laternen bewirkt werden. Die Laternen haben alſo weit über eine Stunde länger an dieſem Tage gebrannt. Nun weiß ich, daß in unſerer Gegend Gasfernzündung iſt, und dieſe mag wohl bei dem damals herrſchenden Froſt verſagt haben. Immerhin iſt es doch eine große Kalamität: es wird doch außerordentlich viel Gas unnütz verbrannt. Wenn damals ich hatte noch nicht die Ehre, der Stadtverordnetenverſammlung anzugehören — als die ziemlich hohen Mittel für die Gasfernzündung bewilligt werden ſollten, geſagt wurde, daß dadurch eine Erſparnis an Gas eintreten würde, ſo ſcheint mir teilweiſe wenigſtens das Um⸗ gekehrte der Fall zu ſein, da weit über das übliche Maß hinaus Gas gebrannt wird. Auch heute, am 31. Januar, wo nach der mir zugänglichen Tabelle das Gas nachmittags um 5 Uhr in Brand geſetzt werden ſoll, iſt das Gas vor meinem Hauſe ſchon um 3%5, alſo eine halbe Stunde vorher, angezündet worden. Ich habe eine Berechnung angeſtellt, daß, wenn nur 20 Minuten ſpäter das Gas angeſteckt wird, bei den vorhandenen ca. 8000 Flammen etwa 144 000 ebm im Jahre erſpart werden. Das ſcheint mir doch eine nicht unbedeutende Menge zu ſein. Ich habe nicht ſo ſehr in Betracht gezogen, was am Morgen geſpart werden könnte, weil ich ja weniger Gelegenheit habe, des Morgens dieſe Wahrnehmung zu machen; aber des Nachmittags iſt es, wie ich ſchon eingangs ſagte, nicht bloß mir, ſondern zahlreichen anderen aufgefallen, daß in Charlottenburg weit früher als in anderen Kommunen und als es nötig iſt — das iſt ja wohl die Hauptſache —, das Gas an⸗ geſteckt wird. Vorſteher Kaufmann: Ich habe Herrn Kollegen Dr Byk das Wort gelaſſen, obgleich dieſe ſeine Aus⸗ führungen bei der Etatsberatung beſſer am Platze wären als bei der Beratung einer Vorlage, die eine Erweiterung der Gasreinigeranlagen und der elek⸗ triſchen Kraftſtation zum Gegenſtande hat. Stadtrat Caſſirer: Wenngleich der Herr Stadt⸗ verordneten⸗Vorſteher ſchon hingewieſen hat, daß die Ausführungen des Herrn Vorredners mit der Vorlage des Magiſtrats nicht in direktem Zuſammenhange ſtehen, ſo möchte ich doch auf die ſehr ausführlichen Ausführungen einige Worte erwidern. Ich glaube, der Herr Stadtv. Dr Byk geht von falſchen Voraus⸗ ſetzungen aus. Wenn er an der einen oder anderen Stelle bemerkt hat, daß das Gas früher angezündet worden iſt, als es nach dem Zündkalender hätte an⸗ geſteckt werden müſſen, ſo muß er doch berückſichtigen,