Sitzung vom 31. Januar 1912 nate beraten, um ſchließlich zu einem negativen Re⸗ ſultat zu kommen. Nein, wir müſſen jetzt beizeiten Vorſorge treffen! Wenn aber wirklich die Schweine⸗ preiſe vorübergehend etwas niedriger ſind, ſo wird dadurch die Steigerung der Preiſe für die übrigen Lebensmittel doch noch nicht wettgemacht. Im großen ganzen iſt die Lebenshaltung namentlich der minderbemittelten Bevölkerung, auch des Mittel⸗ ſtandes, zweifellos verteuert worden, und es iſt recht charakteriſtiſch, daß unmittelbar nachdem die Depu⸗ tation auseinandergegangen war, am nächſten Tage ſchon, die Preiſe für eines der wichtigſten Nahrungs⸗ mittel, für Kartoffeln, wieder eine ganz exorbitante Höhe erreicht haben; man muß jetzt in Charlotten⸗ burg bereits 65 § für 10 Pfund Kartoffeln zahlen. (Zurufe: 70 Pfennig!) — 70 5 ſogar. — Man kann angeſichts dieſer Preiſe — und ähnlich ſind auch die Preiſe für andere Nah⸗ rungsmittel geſtiegen — die Teuerung nicht mehr be⸗ ſtreiten. Es wird uns ja nun nichts weiter übrig bleiben, als uns in unſer Schickſal zu fügen, uns vorläufig mit der Mitteilung des Magiſtrats abzufinden. Das einzig Erfreuliche an dem Beſchluſſe der Deputation iſt, daß ſte, wenn drei Mitglieder es verlangen, zu⸗ ſammentreten muß. Namens meiner Freunde kann ich erklären, daß wir alles daranſetzen werden, ſobald es uns notwendig erſcheint, eine Sitzung der Depu⸗ tation zu beantragen. (Stadtv. Wöllmer: Sehr gut!) — Herr Kollege Wöllmer, ob Sie kommen oder nicht, iſt ziemlich gleichgültig; entweder fehlen Sie, oder Sie ſtimmen gegen vernünftige Anträge. (Heiterkeit.) Ich würde Ihnen den Rat geben, daß Sie aus der Deputation austreten und einen andern hinein⸗ wählen laſſen. (Heiterkeit.) Alſo, meine Herren, wir halten es für unſere Pflicht, bei nächſter Gelegenheit eine Sitzung der Deputation zu beantragen. Wir werden dann wiederum mit Vorſchlägen hervortreten, und ich kann nur wünſchen, daß unſere Anträge dann endlich von der Deputation angenommen werden. Hoffentlich finden ſie Annahme, bevor 'es zu ſpät iſt. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Meyer: Meine Herren! Herr Kollege Hirſch hat ſich in ſehr ausgiebigem Maße mit den Vor⸗ gängen in der Deputation beſchäftigt und die Ab⸗ weſenheit meiner Freunde teils nach dem Wortlaut, teils aber ſicherlich nach dem Sinne ſeiner Aeuße⸗ rungen ſo auszulegen verſucht, als hätten ſich einzelne oder alle, die fehlten — ich perſönlich war in der Sitzung anweſend —, abſichtlich fern gehalten, (Widerſpruch des Stadtv. Hirſch) um nicht der Abſtimmung beizuwohnen. (Stadtv. Hirſch: Ich habe ſogar bedauert, daß ſie krank waren!) 49 Es wäre zweckmäßiger, Andeutungen und Bemerkun⸗ gen dieſer Art zu unterlaſſen. (Sehr richtig!) Der Fall, daß Mitglieder, die in einen Ausſchuß oder eine Deputation entſandt ſind, den Beratungen der Deputation oder des Ausſchuſſes nicht beiwohnen können, iſt ſchon ſehr oft vorgekommen, bei allen Fraktionen, und wenn Herr Kollege Hirſch Wert darauf legt, dann will ich ihm aus meiner Erfahrung eine Reihe von wichtigen Sitzungen dieſer Art mit⸗ teilen, an denen ſeine Freunde auch bei bedeutungs⸗ vollen Abſtimmungen nicht anweſend waren. Daraus ſind niemals in der Oeffentlichkeit Schlüſſe der Art gezogen worden, wie es Herr Kollege Hirſch heute getan hat. Wir verbitten uns aber aufs entſchiedenſte auch von ſeiten der Herren Kollegen der ſozialdemokra⸗ tiſchen Fraktion, daß ſie in dieſer Weiſe eine Ab⸗ weſenheit, die ordnungsmäßig begründet worden iſt, ausnutzen und ausſchlachten. Ich ſtelle ausdrücklich feſt, daß ein Teil der Herren wegen Krankheit ihr Ausbleiben entſchuldigt hatten, und daß Herr Kollege Wöllmer, der von Herrn Hirſch ja ganz beſonders anläßlich eines Zwiſchenrufes angeredet wurde, eine mehrtägige, ich glaube einwöchige Reiſe gemacht hatte. Wir wenig die Vermutungen des Herrn Kolle⸗ gen Hirſch im übrigen ſachlich zutreffen, mögen Sie auch daraus erſehen, daß ich im Namen meiner ge⸗ ſamten Fraktion den Ausführungen, die er in ſach⸗ licher Beziehung gemacht hat, in vollem Umfange zu⸗ ſtimmen kann. Auch meine Freunde bedauern über⸗ einſtimmend aufs lebhafteſte die Stellung, die der Magiſtrat in ſeiner Vorlage eingenommen hat, und ich bin genötigt, mich auch mit einigen Worten mit der Begründung des Magiſtrats zu beſchäftigen. In der Begründung wird nämlich von der Teue⸗ rung ungefähr ſo geſprochen, wie es gewöhnlich in agrariſchen Blättern und von agrariſchen Politikern geſchieht: ſie wird nach Möglichkeit überhaupt in Abrede geſtellt, im Widerſpruch mit den tatſächlichen Verhältniſſen. Im einzelnen möchte ich namentlich einmal der Behauptung entgegentreten, als ob das Schweinefleiſch, das der Magiſtrat beſonders für ſeine Argumentation verwertet, wirklich ſo außerordentlich im Preiſe gefallen wäre. Der Magiſtrat verwechſelt hier, ob der Preis gefallen iſt ſeit der Beſchlußfaſſung über den Normaletat, oder ob das Fleiſch in der Zwiſchenzeit vorübergehend zwar einen noch höheren Preis bekommen hat, der jetzige Preis aber immer⸗ hin im Vergleich zu dem damaligen keineswegs niedri⸗ ger, ſodern eher geſtiegen iſt. Ich habe aus den Sta⸗ tiſtiſchen Monatsheften — um mit dem Herrn Bürgermeiſter konform zu gehen, habe ich mich dies⸗ mal an die Charlottenburger Statiſtik gehalten ermittelt, daß das Schweinefleiſch im Februar, März und April 1909 — das waren ja die Monate, die unſerer Beſchlußfaſſung über den Normaletat vor⸗ ausgingen, die alſo maßgebend ſind — in dieſer ganzen Zeit konſtant 1,60 ℳ gekoſtet hat, und der Durchſchnittspreis für Schweinefleiſch in den letzten drei Monaten 1,64 ℳ geweſen iſt. Alſo auch dieſes einzige Lebensmittel, von dem man immer eine Ver⸗ billigung behauptet, hat ſeit der Feſtſtellung des Normaletats keine Verbilligung, ſondern eine, wenn auch im Verhältnis zu der Verteuerung der übrigen Lebensmittel nicht erhebliche, Verteuerung erfahren. Wenn der Magiſtrat dann weiter meint, daß die übrigen Fleiſchforten nicht oder nur ganz gering⸗ fügig geſtiegen ſind, ſo bin ich auch in der Würdi⸗