56 Vorſteher Kaufmann: Punkt § der Tages⸗ ordnung: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Ver⸗ pachtung des Rechts zur Erhebung des Marktſtands⸗ geldes auf den Wochen⸗ und Krammärkten. — Druckſachen 27, 43. (Die Beratung wird eröffnet.) Berichterſtatter Stadtv. Dunck: Meine Herren! Der Ausſchuß hat ſich eingehend mit der Neuver⸗ pachtung der Wochen⸗ und Krammärkte unſerer Stadt beſchäftigt und iſt zu dem Beſchluſſe gekommen, Ihnen die Annahme der Magiſtratsvorlage mit der Re⸗ ſolution zu empfehlen: Der Magiſtrat wolle erwägen, ob ſich nicht möglichſt bald a) ein Fortfall des Wochen⸗ marktes auf dem Wittenbergplatz, b) ein Fort⸗ fall oder eine Verlegung des Jahrmarktes in der Berliner Straße, Spreeſtraße und auf dem Wilhelmplatz empfiehlt. Sie erſehen aus dieſer Reſolution, daß die Debatten ſich hauptſächlich um den Wochenmarkt auf dem Wittenbergplatz und den Jahrmarkt in der Berliner Straße und den angrenzenden Straßen gedreht haben. Der Ausſchuß glaubte, zurzeit von einer Aufhebung des Wittenbergplatz⸗Marktes abſehen zu müſſen, da er doch anerkennt, daß dieſer Markt für die Nahrungsmittelverſorgung des Oſtens unſerer Stadt von großer Bedeutung iſt, namentlich im Hin⸗ blick auf die heute beſtehende Teuerung der Lebens⸗ mittel. Nicht waren ausſchlaggebend die 22 000 ℳ., die wir an Einbuße erleiden würden, wenn der Wittenbergplatz⸗Markt aufgehoben werden würde. Man ſagte ſich, daß dieſe Summe keine Rolle ſpielen dürfe, wenn aus Verkehrsrückſichten oder ande⸗ ren Gründen der Markt eingehen müſſe. Es wurde ferner anerkannt, daß der Markt in Wirtſchafts⸗ und Bekleidungsartikeln, der zu dem Wochenmarkte ge⸗ hört, nicht die Bedeutung habe wie der Lebensmittel⸗ markt. Der Herr Magiſtratsvertreter hat uns aber belehrt, daß es nicht angängig ſei, dieſen Teil des Marktes zu entfernen, da er in der Wochenmarkts⸗ ordnung vorgeſehen iſt. In dem Vertrage mit Röder iſt die Bedingung enthalten, daß, wenn der Markt eingeſchränkt werden ſoll, dies gegen eine entſprechende Vergütung an der Pacht zu ermöglichen iſt. Der Zuſtand, der jetzt auf dem Wittenbergplatz herrſcht, iſt allerdings ein Proviſorium, und meine Bitte an den Magiſtrat geht dahin, dieſes Provi⸗ ſorium nicht etwa ſpäter zu einem Definitivum ge⸗ langen zu laſſen. Durch Verlegung des Fahrdammes iſt der Wittenbergplatz weſentlich eingeſchränkt, ſo daß die Buden auf dem Bürgerſteige ſtehen und der Platz von Anlagen vollſtändig raſiert iſt. Wenn wir be⸗ denken, daß der Wittenbergplatz heute bereits mit den neuen modernen Plätzen in Schöneberg (Viktoria⸗ Luiſe⸗Platz, Baueriſcher Platz und Stadtpark) durch die Untergrundbahn zu konkurrieren hat, daß er im nächſten Jahre bereits mit den Plätzen in Wilmersdorf durch die Untergrundbahn zu konkurrieren haben wird, ſo iſt es natürlich eine Notwendigkeit, daß wir auf dem Wittenbergplatze wieder Anlagen ſchaffen, die das Auge erfreuen, wie ſie in die Gegend hingehören. Es wäre dann anzuregen, ob der Markt nicht nach beiden Seiten des Platzes verlegt werden kann: auf der einen Seite die Nahrungsmittel, auf der anderen Sitzung vom 14. Februar 1912 Seite die Wirtſchafts⸗ und Bekleidungsartikel, viel⸗ leicht noch mit Blumen und Kränzen zuſammen, damit unſer neuer Gartenbaudirektor hier Anlagen ſchaffen kann, zwiſchen denen ſich die Marktbuden vielleicht ganz maleriſch ausnehmen. Als eine große Unannehmlichkeit wird auch empfunden, daß die Fuhrwerke ſich zum Teil gar nicht nach der Marktordnung richten. Während die Markt⸗ ordnung vorſieht, daß die Fuhrwerke, ſobald ſie abge⸗ laden haben, frühmorgens den Markt verlaſſen müſſen und erſt um 1 Uhr wiederkommen dürfen, um die Buden und Waren aufzuladen, ſind viele Fuhrwerke den ganzen Vormittag in der Tauentzienſtraße und in den Nachbarſtraßen zu ſehen. Der Magiſtrats⸗ vertreter hat uns zugeſagt, in dieſer Hinſicht bei der Polizeibehörde vorſtellig zu werden, damit auf ſtrikte Innehaltung der Marktordnung geſehen wird. Bezüglich des Jahrmarktes in der Berliner Straße ſollen auch Erwägungen angeſtellt werden, ob er beſeitigt oder verlegt werden kann. Es wurde die Sömmeringſtraße für den Jahrmarkt in Vorſchlag ge⸗ bracht, und der Magiſtrat wird gebeten, hierüber Er⸗ wägungen anzuſtellen. Nicht unerwähnt darf ich laſſen, daß von den Herren der ſozialdemokratiſchen Fraktion wieder der Antrag eingebracht worden war, die Marktverpachtung nicht mehr vorzunehmen, ſondern das Standgeld in eigener Regie zu erheben. Der Antrag wurde mit überwiegender Majorität abgelehnt. Meine Herren, ich beantrage die Annahme der Magiſtratsvorlage, die dahin geht, vom 1. April ab die Charlottenburger Märkte auf drei Jahre an Herrn Wilhelm Röder, wohnhaft vom 1. April ab in Char⸗ lottenburg, für den jährlichen Pachtzins von 65 000 % zu verpachten, und ferner die Annahme der vorhin ſchon erwähnten Reſolution. Stadtv. Klick: Meine Herren! Meine Freunde ſind durch die Ausführungen des Magiſtrats im Ausſchuß nicht überzeugt worden; ſie ſtehen nach wie vor auf dem Standpunkte, daß es Sache des Magiſtrats iſt, das Standgeld auf dem Markte ſelbſt zu erheben, um ſo mehr, als uns der Magiſtrats⸗ vertreter im Jahre 1909 bei der Verpachtung ſagte, daß in dieſen drei jetzt verfloſſenen Jahren Zeit wäre, einmal an die Frage heranzutreten und ſie nach gründlicher Prüfung zur Entſcheidung zu bringen. Das iſt nicht geſchehen; im Gegenteil, der Magiſtrat hat uns Gründe angeführt, die für uns nicht ausſchlaggebend ſind. Er behauptet immer, es wäre ein zu großer Beamtenapparat erforderlich, um das Standgeld einzukaſſteren. Sie wiſſen ja, daß das Standgeld heute von einem einzelnen Pächter eingezogen wird; es ſind im ganzen pro Woche rund 1930 Stände zu kaſſieren. Nach der Einrichtung, die wir ſeinerzeit getroffen haben, wird das Standgeld von den meiſten Standinhabern monatlich erhoben. Die Einkaſſierung würde alſo nur in der erſten Woche im Monat erfolgen, ſie könnte mit einem Beamten ganz leicht beſorgt werden; ſchließlich müßte noch in der erſten Woche des Monats eine Hilfskraft zuge⸗ zogen werden. Wir haben ja Beiſpiele genug. In den meiſten Städten, auch in unſerer Nachbarſchaft, eird das Standgeld auf dieſe Weiſe erhoben; wir ſehen nicht ein, warum Charlottenburg eine Aus⸗ nahme machen ſoll. Möglich iſt es ja, daß der jetzige Pächter bei der Erhöhung des Pachtgeldes nicht viel verdienen wird, und ich glaube, daß er ſchließlich an uns herantreten und ſagen wird, er verdiene nicht ſo viel, daß er auf ſeine Koſten komme; was machen