Sitzung vom 14 Februar 1912 Bebauungsplans hinzuzuziehen. Aber ich meine, die Herren, die Herr Kollege Becker als ſeinen Beirat be⸗ zeichnet, ſind nicht alle dazu geeignet. Wir müßten wirkliche Städtebaukünſtler hinzuziehen, wie March, auch Stübben und Möhring, Fachleute, die ſich wirk⸗ lich mit Städtebauplänen beſchäftigt haben. Ohne den anderen vom Kollegen Becker genannten Herren nahetreten zu wollen, haben doch die meiſten von ihnen niemals ſelber etwas ſtädtebaulich projektiert. Ich würde alſo der Anregung nur inſofern zuſtimmen können, als nur ſolche Männer zu Rate gezogen wer⸗ ac die ſich mit ſtädtebaulichen Fragen beſchäftigt haben. Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren! Herr Stadtv. Wolffenſtein fragt an, wie weit die Verhandlungen mit den Behörden wegen der Feſt⸗ ſetzung dieſes Bebauungsplanes gediehen ſeien. Da muß ich bemerken, daß die Feſtſetzung des Bebauungs⸗ planes in innigem Zuſammenhange mit der Feſt⸗ ſetzung der Bauordnung ſteht. Je lockerer wir den Bebauungsplan ausbilden, deſto mehr werden natür⸗ lich die Regierungsbehörden geneigt ſein, von der früheren Bauordnung, die ja hier im weſentlichen Villenbau vorſchreibt, Abſtand zu nehmen zu gunſten einer geſchloſſenen Bauordnung mit mehr Stockwer⸗ ken. Nach der Fühlung, die wir mit den zuſtändigen Behörden genommen haben, iſt mit einiger Gewiß⸗ heit zu erwarten, daß die Bauordnung in dem Sinne geändert wird, wie es der Herr Referent vorgetragen hat, unter der Vorausſetzung, daß der Bebauungsplan ſo, wie wir es in unſerer Vorlage vorſchlagen, feſt⸗ geſetzt wird. Stadtv. Braune: Meine Herren, ich habe zu meinen Ausführungen zu erklären, daß ich dieſelben für mich perſönlich gemacht habe. Als frühe⸗ ren mehrjährigen Bewohner von Weſtend haben mich meine Erfahrungen und Beobachtungen dort zu dieſem Hinweiſe geführt. Stadtv. Vogel: Meine Herren! Die Frage der Bebauung von Nordweſtend iſt für ganz Charlot⸗ tenburg von größter Wichtigkeit, nicht bloß für den betreffenden Stadtteil, ſondern auch für das übrige Charlottenburg. Denn Nordweſtend iſt die einzige, ich möchte ſagen, Spalte, von der Charlottenburg noch ſriſche Luft bekommt. Von der andern, der Berlmer, Seite bekommt es keine. Wird dieſe Spalte nun durch vierſtöckige Häuſer verbaut, wie es nach dem Entwurf vorgeſehen iſt, nach dem an der Spandauer Chauſſee lauter hohe Reihenhäuſer ſtehen und in den zwei nebenfolgenden Querſtraßen noch ebenfalls, ſo wird, wie neulich ſchon Herr Kollege Dr Stadthagen aus⸗ führte, der Luftzutritt zum mindeſten verhindert, wenn nicht abgeſchnitten. Es ſtehen hier zwei Inter⸗ eſſen gegenüber: das Intereſſe der geſamten Stadt, welches die Freilaſſung dieſes Terrains von Hoch⸗ bauten verlangt, und die Intereſſen der betreffenden Grundbeſitzer, der Bauintereſſenten. Die Behörden haben, ſoviel ich aus dem Vortrage des Herrn Re⸗ ferenten entnehmen konnte, den Mittelweg einzu⸗ ſchlagen 44. ſie haben die eine Hälfte mit ge⸗ ſchloſſenen Hochbau und die andere Hälfte mit Bau⸗ wich und zweiſtöckigen Gebäuden vorgeſehen. Aber meiner Ueberzeugung nach iſt das vom hugieniſchen Standpunkt aus ungenügend. Es würde weniger 61 ſchaden, wenn die Gebäude unten an der Spree hoch⸗ gebaut würden und oben weniger hohe offene Bau⸗ weiſe wäre, ſo daß die Luft ordentlich hindurchtreten kann. Gerade umgekehrt müßte es geſchehen, als es hier beabſichtigt iſt. Da würde Charlottenburg ge⸗ ſunde Luft bekommen können. Ich kann auch nur wünſchen, daß man in dem Ausſchuß, den ich auch befürworte, dieſe Seite mehr berückſichtigen möchte. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, geſtatten Sie mir, ehe ich dem Herrn Berichterſtatter das Schlußwort gebe, eine Bemerkung. Der Herr Be⸗ richterſtatter hat beantragt, einen Ausſchuß einzu⸗ ſetzen, und da ich unter den Vorſchlägen meinen Namen finde, ſo werde ich der Einberufer des Aus⸗ ſchuſſes ſein. Ich mache die Herren, die gewählt wer⸗ den, darauf aufmerkſam, daß ich in kürzeſter Friſt den Ausſchuß einberufen werde. Denn es iſt nach Lage der Sache nicht möglich, die Schlußberatung der Vor⸗ lage ſo lange hinauszuſchieben, wie der Herr Referent angedeutet hat. Es iſt wünſchenswert, daß wir am 6. März die Vorlage ſchon verabſchieden, weil ſie vor dem 1. April noch die Inſtanzen der genehmigenden Behörden zu durchlaufen hat. Berichterſtatter Stadtv. Harniſch (Schlußwort): Ich möchte nur noch ein paar kurze Worte an Sie richten. Zunächſt um Herrn Kollegen Vogel zu be⸗ ruhigen: die Baublocktiefen, die hier vorgeſehen ſind, ſind ſo gering, daß, ohne irgend Vorſchriften zu er⸗ laſſen, der Bau eines Hinterhauſes ganz ausgeſchloſſen iſt. Es iſt alſo nicht nötig geweſen, Hinterhäuſer zu verbieten, weil ſie durch die Natur der Sachlage nicht angelegt werden können. Die Straßenzüge ſind nur ſo weit von einander entfernt, daß nur 60 m als nor⸗ male Baublocktiefe übrig bleiben; da ſind Hinterhäuſer ausgeſchloſſen. (Stadtv. Vogel: Wie iſt es mit Seitenflügeln?) — Das iſt ebenſo; es können ganz kurze Anſätze ſein. Jedenfalls ſind Hinterhäuſer und Seitenflügel aus⸗ geſchloſſen. Herrn Kollegen Braune möchte ich ſagen, daß Villenbau dort nicht vorgeſehen iſt. Wenn die eine oder andere Villa entſtehen wird, dann iſt ſie da; aber jedenfalls iſt damit nicht gerechnet. Dann kann ich ſagen, daß mit Spandau auch ſchon Verhandlungen gepflogen ſind, die darauf hinzielen, Spandau möglichſt zu beeinfluſſen, daß es von dem Guten, das Charlottenburg dort bietet, Nutzen zieht und Gelände für Fabriken dort nicht mehr weiter her⸗ gibt. Jedenfalls wird Spandau nicht ſo kurzſichtig ſein, ſich das gute Viſavis zu verſcherzen, ſondern Nutzen daraus zu ziehen ſuchen. Es ſcheint mir alſo nicht ſo wahrſcheinlich, daß uns dort ein Gegenüber erblüht, das nur aus Fabriken beſteht. Ich glaube, das wird nicht der Fall ſein. (Die Verſammlung beſchließt die Einſetzung eines Ausſchuſſes von 15 Mitgliedern und wählt zu Ausſchußmitgliedern die Stadtv. Becker, Braune, Gredy, Haack, Harniſch, Kaufmann, Kern, Klick, Lehmann, Marzahn, Neukranz, Wagner, Wenzke, Wolffenſtein und Zietſch.)