64 Ferner bleibt vorausſichtlich nach menſchlichem Ermeſſen auch die Umſatzſteuer zurück. (Hört, hört!) Es fehlen uns heute gegenüber dem Etatsanſatz von 1 250 000 ℳ noch 400 000 ℳ. Wenn man auch rechnet, daß im Durchſchnitt pro Monat 100 000 %ℳ aufkommen ſollen — es mögen vielleicht in den 6 Wochen, die uns noch bevorſtehen, auch 200 000 ℳ ſein —, ſo kann man doch wohl ſicher rechnen, daß noch eine Unterbilanz von 200 000 ℳ eintreten wird. Und gar nichts, meine Herren, ſo gut wie gar nichts bringt jetzt, nachdem unſere ſtädtiſche Wert⸗ zuwachsſteuerordnung ſelig entſchlafen iſt, die Reichs⸗ wertzuwachsſteuer. Wir werden aus ihr in dieſem Jahre vorausſichtlich keine 100 000 %ℳ haben, alſo einen Betrag, der wirklich nicht dasjenige deckt, was man erwartet hat. Meine Herren, auf dieſer Baſis konnten wir auf⸗ bauen, und wir haben das getan, indem wir die An⸗ ſätze nach dem Ermeſſen des Magiſtrats reichlich vor⸗ genommen haben. Wir haben bei der Einkommen⸗ ſteuer zunächſt unter Berückſichtigung von 100 % einen ſo hohen Satz angeſetzt, wie wir ihn eigentlich noch niemals angeſetzt haben, haben aber ſelbſtver⸗ ſtändlich bei der Umſatzſteuer und bei der Wert⸗ zuwachsſteuer die Beträge dem wirklichen Aufkommen entſprechend herabgeſetzt. Bei der Grundſteuer haben wir denſelben Betrag eingeſetzt wie im vorigen Jahre, weil wir hoffen, daß die in dieſem Jahre fehlenden 200 000 ℳ doch im nächſten Jahre mehr aufkommen werden. Trotzdem iſt ein ziemlich er⸗ hebliches Debet nach dieſen Beratungen noch geweſen, ein Betrag von über 1/½ Millionen Mark, der noch fehlte. Und, meine Herren, wenn ein derartiges dauerndes Debet beſteht, ſo muß man ſich fragen, wie es zu decken iſt. Es gibt verſchiedene Wege, die zu einer Balance des Etats führen können. Der erſte Weg, an den natürlich jeder denkt, iſt der, den Etat zuſammen⸗ zuſtreichen, ſoweit nur irgend angängig. Aber, meine Herren, bei den laufenden Bedürfniſſen waren Streichungen und ſind Streichungen wohl kaum mög⸗ lich; bei den einmaligen ſelbſtverſtändlich iſt es mög⸗ lich. Es wäre wunderbar, wenn ein Etat wie der Etat der Stadt Charlottenburg, der annähernd im Ordinarium allein 37 Millionen ℳ beträgt und mit allen Ertraordinarien und Sonderetats zuſammen bald 80 Millionen — wenn ein ſolcher Etat nicht geſtatten würde, eine Million heraus⸗ zuſtreichen, trotzdem wir die einmaligen Ausgaben, wie ich vorhin erwähnte, unter beſonderer Dotierung des Straßenbaues mit 600 000 ℳ, gar nicht einmal ſo abſonderlich hoch angeſetzt haben. Aber was würde damit gewonnen ſein? Wir würden lediglich den Erfolg haben, ein malige Ausgaben zu beſeitigen, um damit dauernde Ausgaben zu decken — ein Verfahren, für das der Magiſtrat mit keiner Stimme zu haben iſt, und ein Verfahren, für das eine Stadtverwaltung wie Char⸗ lottenburg vorausſichtlich auch nicht zu haben ſein wird. Denn, meine Herren, dieſes Verfahren iſt bisher von Ihnen aufs ſtrengſte in jedem Jahre bei den Etatsberatungen verabſcheut worden. Nun, meine Herren, der zweite Gedanke, der unwillkürlich auftaucht, iſt ſelbſtverſtändlich der: die Mittel, die fehlen, aus einem Fon ds zu entnehmen. Auch wir ſind nach dieſer Richtung in die Beratung eingetreten und haben uns da den Ausgleichsfonds Sitzung vom 14. Jebruar 1912 näher betrachtet, und da ich ſchon von verſchiedenen Herren gehört habe, daß dieſer Ausgleichsfonds ja ein ſo ſchönes Angriffsobjekt für das kommende Jahr ſein ſoll, ſo muß ich auf dieſen Fonds und ſeine Lebensgeſchichte einmal näher eingehen. Meine Herren, der Ausgleichsfonds entſtammt aus einer Zeit, in der die Stadtgemeinde abnorm hohe Ueberſchüſſe hatte. In der Zeit der abnorm hohen Ueberſchüſſe ſagten ſich die Gemeindekörper⸗ ſchaften, daß ein ſchweres Bedenken darin liegt, dieſen geſamten Ueberſchuß dem nächſten Jahre vorzutragen, weil es vorgekommen war, daß die Ueberſchüſſe ſehr ſchwanken; auch jetzt in letzter Zeit iſt es wieder vorgekommen: wir haben 1½ Millionen ℳ. Ueber⸗ ſchuß gehabt, ebenſogut auch einmal 200 000 ℳ, einmal 500 000 ℳ. In einem derartigen Schwanken einer Einnahme für den nächſtjährigen Etat liegt ſelbſtverſtändlich eine große Gefahr. In⸗ folge davon wurde dieſer Ausgleichsfonds geſchaffen mit der Beſtimmung, daß derjenige Betrag, der bei einem Jahresüberſchuß über eine Million vorhanden iſt, in den Fonds fließen ſoll. Außerdem wurden ihm weiter die Beträge aus der Wertzuwachsſteuer zugeführt. Das ſind die Mittel, die der Fonds zur Verfügung bekommen hat. Und weil die ſtädtiſche Wertzuwachsſteuer in dem erſten Jahre einen erheb⸗ lichen Betrag abgeliefert hat, weil wir im Jahre 1910 einen ſo glänzenden Ueberſchuß gehabt haben, wie wir in Charlottenburg noch nie gehabt haben, hat der Fonds zurzeit erhebliche Mittel. Die Mittel finden Sie im Etat angegeben: ſie werden am Jahres⸗ ſchluß ungefähr 2½ Millionen ℳ betragen. Da nun dieſe Beträge laufenden Ueberſchüſſen entſtammen, Ueberſchüſſen der Werke, und die Ver⸗ hältniſſe des Elektrizitätswerks und des Gaswerks für 1912 es unbedingt erforderlich machen, bei dieſen Werken eine Extraabſchreibung aus Gründen, die wir im Etatsausſchuß auseinanderſetzen werden, in Höhe von ungefähr 600 000 ℳ vorzunehmen, ſo hat der Magiſtrat ſich auch nicht geſcheut, dieſen Betrag dem Ausgleichsfonds zu entnehmen. Denn, meine Herren, aus den Werken zum Teil ſtammt das Geld; wir ſehen infolge davon auch kein Hindernis, zu einer außerordentlichen Abſchreibung bei den Werken dieſe Mitiel wieder zu verwenden. Dagegen meine Herren, haben wir uns nicht ent⸗ ſchließen können, noch weitere Beträge aus dem Aus⸗ gleichsfonds zu entnehmen etwa lediglich dazu, um damit noch die dauernden, uns weiter fehlenden Be⸗ träge in Höhe von ungefähr einer Million aus der Welt zu ſchaffen. Ein derartiges Verfahren iſt nach unſerer Meinung nicht angängig. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Denn auch dann, wenn man es tut, tut man nichts anderes, als daß man ein malig zur Verfügung ſtehende Mittel verwendet, um laufende Aus⸗ gaben, noch dazu laufende Ausgaben, von denen man beſtimmt weiß, daß ſie im nächſten Jahre wachſen d wiederkehren, decken zu wollen! (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Meine Herren, ein derartiges Verfahren würde gegen die fundamentalſten etatstechniſchen Grundſätze ab⸗ ſolut verſtoßen! Meine Herren, es wäre vielleicht denkbar, ſo zu prozedieren, wenn man die Wertzuwachsſteuer mit Beſtimmtheit in jedem Jahre ſo hoch erwarten könnte,