Sitzung vom 14. Februar 1912 daß man von vornherein wüßte, daß durch die Ein⸗ anae aus der Wertzuwachsſteuer, die ja dem Fonds zugeführt werden, der Fonds wieder aufgefüllt wird. Wäre das der Fall, dann wäre auch kein Bedenken, laufende Ausgaben aus dem Fonds zu decken. Oder, meine Herren, es wäre vielleicht noch zu rechtfertigen, aus dem Fonds weitere Mittel zu entnehmen in Zerten einer Depreſſion, in Zeiten, wo durch be⸗ ſondere Umſtände vielleicht die Einkommenſteuer plötzlich verſagt, wo man aber mit Beſtimmtheit darauf rechnen kann, daß im nächſten Jahre dieſe uelle, die ſonſt nie verſagt, unbedingt wieder vor⸗ handen ſein wird. Selbſt dann, in einer ſolchen Tief⸗ konfunktur, könnte man es rechtfertigen, aus dieſem Fonds Mittel zu entnehmen. Wenn nun, meine Herren, das auch für dieſes Jahr angängig ſein würde, und wenn Sie außer den 600 000 ℳW auch die fehlende Million noch weiter aus dem Fonds hätten entnehmen wollen, ſo würden Sie damit erreichen, daß Sie ihn bis auf eine Million verſchwinden laſſen, und, meine Herren, an dieſe Million können Sie niemals heran, ſchon aus dem einfachen Grunde nicht, weil Sie als vorſichtige Haus⸗ väter ſich ſagen müſſen: das iſt ja der Betrag, den ich unter allen Umſtänden immer haben wollte, damit ich im kommenden Jahre gedeckt bin für den Fall, daß einmal kein Ueberſchuß vorhanden iſt. Liegen die Verhältniſſe, meine Herren, ſo, dann muß man eingeſtehen, daß zur Deckung laufender Ausgaben die Decke zu kurz geworden iſt, und daß eine ander⸗ weitige Hilfsquelle nötig iſt. Und wenn man nicht ſo verfährt, meine Herren, ſo ver ſt ö ß t man gegen den Grundſatz, daß dauernde, laufende Ausgaben nicht durch einmalige Einnahmen gedeckt werden dürfen! Aber, meine Herren, es ſind noch eine ganze Reihe anderer finanztechniſcher Gründe, die den Magiſtrat von einem derartigen Streichungs⸗ verfahren oder von einem derartigen Verfahren, die fehlenden Mittel aus einem Fonds zu entnehmen, abgehalten haben. Es iſt der Charakter der dauern⸗ den Ausgaben, daß ſie auch eine dauernde Deckung verlangen. Und, meine Herren, Sie müſſen ſich außerdem, wenn Sie ſich ein Bild über unſeren Etat machen, darüber klar werden, daß auch diejenigen Ausgaben, die wir zwar einmalige nennen, de facto eigentlich einmalige gar nicht ſind. Es ſind Aus⸗ gaben für einmalige Zwecke, z. B. für die Pflaſterung der Straße Soundſo; aber dieſe Ausgabe iſt nicht aus der Welt verſchwunden, im nächſten Jahre tritt eine andere Straße an dieſe Stelle. Und ebenſo, wenn Sie einmalige Ausgaben beim Bauetat für die Renovation eines Gebäudes haben, ſo tritt im nächſten Jahre an die Stelle des renovierten Ge⸗ bäudes ein anderes Gebäude. Alſo die als einmalig von uns für einen beſtimmten Zweck gegebenen Mittel ſind nicht verſchwunden, ſondern treten im nächſten Jahre unter Benennung für andere Zwecke an uns wieder heran, und wenn man ſie in einem Jahre zurückſtellt, ſo kommen ſie ſelbſtverſtändlich im nächſten Jahre doppelt wieder. Sie können es ver⸗ folgen, wenn Sie das in unſeren Etats durchſehen; einen gewiſſen Betrag derartiger einmaliger Aus⸗ gaben von 1½2 Millionen, 2 MRãillionen, 2½ Millionen — finden Sie dauernd immer wieder⸗ kehrend. Nun, meine Herren, ein ſolches Verfahren ginge vielleicht, wenn man einen Etat aufzuſtellen hätte für ein Jahr, wenn man wüßte: im nächſten Jahre kommt kein Etat wieder, ich habe damit meine Arbeit 65 getan. Dann iſt es gleichgültig, ob man vorhandene Werte aufißt. Wenn man aber genau weiß: im nächſten Jahre habe ich wieder den Etat aufzuſtellen, und zwar aufzuſtellen mit noch höheren, größeren Forderungen, dann darf — das iſt die Meinung des Magiſtrats — nicht ſo gewirtſchaftet werden, und, meine Herren, ich kann zu meiner Freude konſta⸗ tieren, daß auch die Stadtverordnetenverſammlung bisher ſtets an der Gepflogenheit feſtgehalten hat, daß ein Etat nicht für ein Jahr aufzuſtellen iſt, ſondern unter Berückſichtigung des oder der ver⸗ floſſenen und unter Berückſichtigung der folgenden Jahre! Und, meine Herren, wenn ſich nun bei einem Ueberblick über die folgenden Jahre zeigt, daß die laufenden Einnahmen ſo ſtark ſein werden, daß ſie höhere Ausgaben nachher decken, auch dann kann man ſich unter Umſtänden noch einmal einen der⸗ artigen Sprung erlauben. Wenn aber das Gegenteil ſich zeigt, daß es ſicher iſt, daß die laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben ſpäter nicht decken werden, dann muß man beizeiten vorbeugen und ſich beizeiten neue Quellen, ſei es Schaffung neuer Steuern, beſorgen, damit man nicht allmählich dahin kommt, daß man mit einem Male alle Forderungen auf einmal hat und dann ganz unerwartet hoch z. B. die Einkommenſteuer hinaufſetzen muß! (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Meine Herren, wenn ich dieſe Grundſätze hier ausſpreche, ſo muß ich Ihnen ſelbſtverſtändlich auch auseinanderſetzen, was uns nun für die kommenden Jahre bevorſteht. Da muß ich in allererſter Linie ſelbſtverſtändlich wieder, wie ich vorhin ſchon andeutete, auf den Schuldendienſt zu ſprechen kommen. Das Thema iſt vom Magiſtratstiſche im Plenum, noch öfter aber und vielſeitiger in den Ausſchüſſen ja ganz aus⸗ giebig behandelt worden. Ich erinnere nur an die Beratungen, die wir im vergangenen und im norver⸗ gangenen Jahre gehabt haben, die Beratungen über die neueſte Anleihe, die ſogar durch Wünſche der Stadtverordnetenverſammlung noch um einige Milli⸗ onen erhöht worden iſt. Bei dieſen Beratungen iſt ausgiebig erörtert worden, daß die Anleihen, als die Aufſichtsbehörde ſchärfere Tilgung von uns forderte, für die Zukunft auf die Stadtgemeinde, auf den Stadtſäckel und den Etat ſehr nachteilig wirken müßten. Meine Herren, durch die von der Aufſichts⸗ behörde feſtgeſetzten Maßnahmen ſind dieſe Wirkun⸗ gen ſelbſtverſtändlich in verſtärktem und auch in be⸗ ſchleunigtem Maße eingetreten, und wir wiſſen nach dieſer Richtung hin poſitiv genau, daß wir in den nächſten drei Jahren ungefähr mit außerordentlichen Beträgen in dem Schuldendienſt rechnen können, die annähernd eine Million, zum Teil ſogar über eine Million betragen werden. Nach ziemlich genauer Berechnung kann man wohl annehmen, daß der Til⸗ gungsbetrag, der ja für das nächſte Jahr in Höhe von 650 000 ℳ abſolut feſtſteht, und derjenige Betrag, der dazu tritt durch den Verbrauch von Zinſen, un⸗ gefähr 900 000 %ℳ bis eine Million betragen wird. Im Jahre 1914 wird dieſer Betrag ſogar noch höher ſein, weil eine größere Anzahl Bauten dann fertig ſein werden und der Zinſenbetrag dann ſtärker ſein wird, außerdem aber zu dem Tilgungsbetrage von 650 000 ℳ noch ein zweiter Tilgungsbetrag, da wir