70 Wir haben uns über die Abſchreibungen der Werke in jedem Etatsausſchuß mit dem Magiſtrat unterhalten, und es iſt uns immer und ſtets von dem Dezernenten, dem Magiſtratsdirigenten und auch dem Kämmerer verſichertworden,daßdie Abſchreibun⸗ gen unſerer Werke reichlich und aus⸗ reichend bemeſſen worden ſin d. Heute wird uns nun mit einemmal etwas an⸗ deres erklärt. Ich ſtehe da zunächſt, bis mir noch weitere Aufklärungen gegeben werden, einer ge⸗ wiſſen Unſicherheit gegenüber. Es iſt mir als Kauf⸗ mann und, wie ich glaube, als vorſichtigem Kauf⸗ mann — ſchwer, gegen Abſchreibungen und gegen Ertraabſchreibungen zu ſprechen, weil es natürlich die Forderung einer geſunden Finanzpolitik iſt, ſo viel als irgend möglich abzuſchreiben. Ich möchte aber doch daran erinnern, daß Werke wie unſere ſtädtiſchen Werke, die ihre Einnahmen einem Monopol ver⸗ danken, die die Ware, die ſie erzeugen, zu ganz be⸗ ſtimmten, feſtgeſetzten Preiſen an ganz beſtimmte Abnehmer verkaufen, doch in dieſer Beziehung etwas anders daſtehen als Werke, welche mit ihrem Ver⸗ kauf dem freien Wettbewerb unterworfen ſind. Es iſt durchaus richtig und muß durchaus anerkannt wer⸗ den, wenn die Abſchreibungen proportional der Lebensdauer derjenigen Dinge gehalten werden, auf welche abgeſchrieben werden ſoll. Es iſt jedoch etwas anderes, wenn man auf Dinge Abſchreibungen machen will, die durch anderweitige Handelskonjunkturen in ihrem Werte geſunken ſind. Ich glaube, man muß hier einen Unterſchied zwiſchen Marktwert und Be⸗ triebswert machen. Und weil wir von dem Markt⸗ wert deswegen vollkommen unabhängig ſind, weil wir mit den Dingen nicht auf den Markt gehen wollen, und weil andererſeits der Betriebswert dieſer Dinge erhalten iſt, weil ſie uns nach wie vor die gleichen Revenüen bringen, ſo kann man ſich die Frage doch noch ſehr überlegen, ob es notwendig iſt, hier ſo ſtark abzuſchreiben, oder nicht doch vielleicht möglich, dieſe Summe auf mehrere Jahre zu ver⸗ teilen. Die Frage iſt außerordentlich ſchwierig, das gebe ich zu, und ich will auch mein abſchließendes Urteil nicht abgeben, bis ich darüber noch eingehendere Informationen im Ausſchuß gehört habe. Nun hat der Herr Kämmerer als gänzlich un⸗ zuläſſig und falſch bezeichnet, bei den einmaligen Ausgaben zu ſparen, weil ja dieſe einmaligen Aus⸗ gaben naturgemäß doch wiederkehren und dann in ſpäteren Jahren befriedigt werden müſſen. Mit Verlaub, Herr Kämmerer, das iſt ganz recht. Aber dieſes Verfahren haben wir ſchon häufig angewendet und ebenfalls mit Ihrer Genehmigung und Ihrer Zuſtimmung. Wir haben, um z. B. nur den einen und den Hauptpufferetat zu erwähnen, die einmaligen Ausgaben des Kapitels VvIII im Jahre 1910 über⸗ haupt geſtrichen und dieſes Jahr auf die Ueberſchüſſe des vorangegangenen verwieſen. Vielleicht wäre es nicht ſo falſch, auch diesmal ſo vorzugehen. Und wenn Sie uns auch einige Zahlen mitge⸗ teilt haben, die erwarten laſſen, daß die Ueberſchüſſe des Jahres 1911 wahrſcheinlich hinter der Erwartung zurückbleiben und die notwendige Million nur um weniges überſteigen werden, ſo haben Sie uns auf der anderen Seite doch auch wieder Daten gegeben, die wenigſtens die Möglichkeit durchblicken laſſen, daß dem nicht ſo ſein wird. Sie haben auf die Erträg⸗ niſſe der Waſſerwerke hingewieſen, die auch erſt in Zukunft uns zugute kommen, und Sie haben auf den vorausſichtlich zu erwartenden Ueberſchuß von einer halben Million beim Elektrizitätswerk hingewieſen, Sitzung vom 14. Februar 1912 und wenn demgegenüber auch einige Steuern in Rückſtand geblieben ſind, ſo glaube ich doch, daß der Rückſchluß nicht vermeſſen iſt, daß der Ueberſchuß, auch wenn die Million abgezogen iſt, noch einige Hunderttauſend Mark betragen wird, die eventuell der Tiefbauverwaltung übergeben werden können. Ich laſſe dahingeſtellt, ob der Poſten von 139 000 ℳ., den man bei dem Bau von Gemeinde⸗ ſchulen dem früheren Anſatz hinzugeſetzt hat, in dieſer Höhe beſtehen bleiben muß oder nicht. (Stadtv. Hirſch: Hört, hörtl) Ich weiſe aber darauf hin, daß ein Poſten, wenig⸗ ſtens im Geiſte, ganz beſtimmt aus unſerer Rech⸗ nung ausgemerzt werden kann, und das iſt der Poſten über den Erwerb von Separationsflächen. (Stadtrat und Kämmerer Scholtz: Iſt ja von Ihnen ſchon beſchloſſen!) Er beruht auf einem Gemeindebeſchluß. Aber, Herr Kämmerer, auch dieſe Koſten bekommen wir doch wieder erſetzt; auch das ſteht in der Magiſtrats⸗ vorlage drin, die Sie wohl kennen werden, und des⸗ wegen können wir im Geiſte dieſe Summe ſtreichen, weil wir ja wiſſen, daß wir ſie in künftigen Jahren, für die Sie ja auch Vorſorge treffen wollen, wieder⸗ bekommen. Ich bin auch der Meinung, daß es ſehr leicht möglich ſein wird, auch formell dieſen Poſten aus der Rechnung auszumerzen, wenn man die Deckung auf andere Kapitel nimmt. Jedenfalls würde ich mich auch keinen Augenblick genieren, um eben dieſen Betrag den Ausgleichsfonds, der ja den Ausgleich zwiſchen den verſchiedenen Jahren ver⸗ mitteln ſoll, zum Ausgleich in Anſpruch zu nehmen, und ich bin der Meinung, daß das unſere Finanz⸗ kraft, unſere finanziellen Verhältniſſe auch nicht um einen Pfennig ſchmälern wird. Das ſind ſo im großen nach meiner Meinung die Ideen, nach denen der Ausſchuß arbeiten muß und arbeiten wird, wenn anders er an dem von mir vorhin proklamierten Grundſatz feſthält, unter Scho⸗ nung der Steuerkraft unſerer Bürger möglichſt bei 100 % zu bleiben. Ich bin noch nicht, wie bereits ausgeführt, in der Lage, zu ſagen: nur das allein iſt das Richtige. Aber ich wiederhole noch einmal: ich ſpreche die Hoff⸗ nung aus, ja ich glaube ſicher erwarten zu können, daß es gelingen wird, den Etat auf dieſer Grund⸗ lage fertig zu bringen. Ich hoffe auch, daß es ge⸗ lingen wird, den Herrn Kämmerer und den Magiſtrat davon zu überzeugen, daß dies möglich iſt, ohne ſchwere Schädigungen für unſere Stadt herbeizu⸗ führen. Dem Herrn Kämmerer möchte ich aber jeden⸗ falls verſichern, daß wir unſere Entſcheidung nicht treffen werden von vorgefaßten Meinungen und Be⸗ ſchlüſſen aus, ſondern in dem vollen Bewußtſein der großen Verantwortung, die uns trifft, und durchaus beſeelt von dem Willen, die Finanzen unſerer Stadt auf guter Höhe zu halten. (Lebhafter Beifall.) Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, auch hier der Kampf um die 110! (Heiterkeit. — Rufe: Goldene 1101) Wenn man heute den Herrn Kämmerer hörte, ſo könnte man glauben, der Herr Kämmerer vom Jahre