Sitzung vom 6. März 1912 Jahre noch in erheblich großem Umfange, ſo daß alſo die Inanſpruchnahme des Ausgleichsfonds mir keine richtige Anwendung der Mittel des Ausgleichsfonds dafür zu ſein ſcheint. Wenn Herr Kollege Meyer meinte, an dieſer Art der Bilanzierung ſeien die Herren von der libe⸗ ralen Fraktion in ihrer Mehrheit nicht ſchuld, weil der Magiſtrat die Aufſtellung des Etats gemacht hat, ſo hat er vorhin überhört, daß ich ihm darin ja recht gezeben habe. Der Magiſtrat hat dieſen Etat ent⸗ worfen und ſo aufgeſtellt, wie er jetzt vorliegt; aber die Schuld des Magiſtrats hat mit dem Beſchluß der erſten Leſung im Etatsausſchuß, dieſe Abſchreibung von dem Gewinn des Elektrizitätswerks in Abzug zu bringen, aufgehört. Der Etatsausſchuß hatte das bilanzmäßig richtige Verfahren in erſter Leſung be⸗ ſchloſſen, und in zweiter Leſung etwas anderes. (Sehr richtig!) Und wenn das heute ebenſo beſchloſſen werden ſollte, ſo würde die Mehrheit der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung die Sünde des Magiſtrats zu der ihrigen machen, und die Vorwürfe meines Freundes Stulz treffen den Magiſrrat und die Mehrheit mit Recht, daß in dieſer Weiſe die Abſchreibungen nicht vorgenommen werden dürfen. Und wenn Herr Kollege Meyer ſich über das Wort Bilanzverſchleierung ſo erregt hat (Stadtv. Meyer: Nein!) — Ja, Sie haben ſich an das Wort Bilanzverſchleie⸗ rung geklammert (Stadtv. Meyer: Aber nicht erregt!) — Ia, ich weiß ja, Ihr Temperament iſt ſo, daß Sie beim Diskutieren aus der Erregung nicht heraus⸗ kommen (Heiterkeit.) — Wenn Herr Kollege Meyer ſich über das Wort Bilanzverſchleierung in dieſer Weiſe ausgelaſſen hat, dann hat er in meinen Ausführungen überhört, daß ich dieſe Bezeichnung nicht in irgend welchem an⸗ greifenden Sinne gebraucht geſehen haben wollte, ſondern ſagte, daß mir momentan keine andere präg⸗ nantere Bezeichnung für dieſe Art der Abrechnung im Etat einfällt. (Zuruf.) — Ia, es iſt auch eine Bilanzverſchleierung; es iſt aber, wie ich geſagt habe, nicht eine ſolche im finan⸗ ziellen Geſamteffekt des Etats, ſondern es iſt eine finanztechniſche Unrichtigkeit, wenn Sie den Sonder⸗ etat des Elektrizitätswerkes anſehen, und da bleibt es eine. Es erſcheint in dieſem Sonderetat eine Ge⸗ winnſumme von 1 884 100 ℳ. Dieſen Gewinn hat aber das Elektrizitätswerk nicht abgeworfen, denn wenn Sie dieſe einmalige Abſchreibung vornehmen wollten, iſt der Gewinn ein viel geringerer. Und Sie dürfen doch nicht denken, daß jeder, der den Stand, das Blühen und Gedeihen des Elektrizitäts⸗ werkes verfolgen und beurteilen will, ſich den Ge⸗ ſamtetat hernimmt, nach der Beſtimmung des Aus⸗ gleichsfonds ſucht und ſie zu erläutern beſtrebt iſt, ſondern er beurteilt die Proſperität des Elektrizitäts⸗ werkes nach den Zahlen des Sonderetats, und da gäbe dies ein vollſtändig falſches Bild. 99 Im übrigen bin ich nicht der Meinung, daß der Ausgleichsfonds zu ſolchem Zweck da iſt. Herr Kollege Meyer ſagte dann — ich will nicht ſagen: mit Erregung, aber mit ſehr viel Emphaſe —: wo haben wir Kulturaufgaben geſtrichen, wo haben wir Kulturaufgaben nicht erfüllt? (Zuruf.) — Ich bin kein Spezialiſt für Bedürfnisanſtalten. — (Heiterkeit.) Aber zu Kulturaufgaben gehören auch Pflaſter⸗ arbeiten. Es iſt eine Kulturaufgabe einer Gemeinde, Wege und Straßen in entſprechender, den Anfor⸗ derungen der Gegenwart genügender Weiſe herzu⸗ ſtellen und zu unterhalten. Ich will ferner die Aus⸗ führungen eines der erſten Magiſtratsvertreter im Etatsausſchuß nicht Wort für Wort zu den meinigen machen; aber im Etatsausſchuß iſt von Herren des Magiſtrats mehr als einmal hervorgehoben und der Appell an die Liberalen gerichtet worden, die Kultur⸗ aufgaben der Gemeinde nicht hinter den Gedanken zurückſtellen zu wollen: bei 100% muß es bleiben. (Stadtv. Hirſch: Hört! hört!) Mehr als einmal iſt Ihnen das geſagt worden. Und dann darf Herr Kollege Meyer doch nicht vergeſſen, daß die Herren von der liberalen Fraktion aufs emſigſte beſtrebt, mit allen Kräften beſtrebt ge⸗ weſen ſind, die 100% aufrechtzuerhalten, daß ſie die Einnahmen, die vom Magiſtrat hoch genug angeſetzt waren, noch weiter erhöht haben, ſo beim Elektrizi⸗ tätswerk, beim Gaswerk uſw., und daß ſie anderſeits Ausgaben geſtrichen haben. Das alles bleibt beſtehen und wird auch durch die Ausführungen des Herrn Kollegen Meyer nicht aus der Welt gewiſcht. Ich will nicht auf die letzten Ausführungen des Herrn Kollegen Meyer, auf die Vorgänge in der Berliner Stadtverordnetenverſammlung noch einmal zurückkommen. Aber das eine will ich doch noch ſagen: Herr Kollege Meyer ſcheint den Vorwärts ſehr ſelten zu leſen. Jetzt hat er ihn einmal geleſen und doch nicht verſtanden. (Heiterkeit.) Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, ich komme nur noch mit einem Worte auf die erſten Ausführungen des Herrn Kollegen Zietſch zurück und muß vollkommen zugeben, daß er mit allem Vorbehalt das Wort „Bilanzverſchleierung“ gebraucht hat und geſagt hat: ich will es nicht in böſem Sinne anwenden. Wäre dieſer Zuſatz nicht gemacht ge⸗ weſen, hätte ich ihn unterbrochen. Ich glaube inſofern die Aeußerung des Herrn Kollegen Meyer nach den Aeußerungen des Herrn Kollegen Zietſch, daß er das Wort nicht in böſem Sinne anwenden wolle, richtig⸗ ſtellen zu ſollen. 8 (Stadtv. Meyer: Das habe ich gar nicht ſo aufgefaßt; aber die Tatſache iſt doch dal) (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Stadthagen (Schluß⸗ wort): Meine Herren! Herr Kollege Zietſch hat ungefähr in dem Sinne geredet, als wollten wir das