108 Von verſchiedenen hier geforderten Statiſtiken weiß ich zunächſt nicht recht, wie ſich Herr Stadtv. Schwarz ſie vorſtellt. Er wünſcht z. B. aus den Schularztberichten ſtatiſtiſches Material herauszu⸗ ziehen. Wir könnten allenfalls veröffentlichen, wie⸗ viel Kinder den Geſundheitszuſtand 1, 2 oder 3 haben. Wir könnten auch mitteilen, bei wie vielen Kindern Krankheiten der Naſen⸗, Rachenhöhle, Krankheiten der Gliedmaßen, Krankheiten der Wirbelſäule und dergt. vorkommen. Aber, meine Herren, ich verſpreche mir wirklich nicht viel von dieſen Veröffentlichungen und möchte die Abſtimmung abwarten, ob Sie das für nor⸗ wendig erachten. Ich halte es auch nicht für zweckmäßig, daß dieſes Material jedem einzelnen Herrn, der mit der Ver⸗ waltung der Schule wenig in Verbindung ſteht, zu⸗ gänglich gemacht wird. Ich fürchte, daß es gelegent⸗ lich ſo kommen könnte, wie ſeinerzeit, als der erſte Verſuch gemacht wurde, aus den Berichten ſtatiſti⸗ ſches Material zu veröffentlichen. Damals wurden die verſchiedenen Krankheiten aufgezählt: ſoviel Pro⸗ zent der Schüler leiden an Augenkrankheiten und ſo⸗ viel an Ohrenkrankheiten; es wurde dabei aber über⸗ ſehen, daß manches Kind ſowohl augenkrank wie auch ohrenkrank iſt, und man bekam ſo ſchließlich einen ſchrecklich hohen Prozentſatz von kranken Kindern heraus. Sollte es Ihr Wunſch ſein, meine Herren, ſelbſt⸗ verſtändlich werde ich mich bemühen, ſoweit es mög⸗ lich iſt, Ihnen das Material zuzuſtellen. Ich glaube aber, es wird genügen, wenn die dafür zuſtändige De⸗ putation derartige Prüfungen vornimmt, und ich hätte erwartet, daß Herr Stadtv. Schwarz, der ja Mit⸗ glied der Schuldeputation iſt, ſeinen Antrag dort ge⸗ ſtellt hätte. Es ſoll ferner eine Statiſtik über die B⸗Kinder angelegt werden. Hier iſt der Herr Stadtverordnete ſo weit gegangen, zu beantragen, daß Ihnen ſogar die Namen der einzelnen Kinder mitgeteilt werden ſollen und eine ganze Anzahl von Beobachtungen dazu. Was ich bezüglich der Schulärzte ſagte, möchte ich erſt recht hier ſagen: ich glaube, es genügt, wenn die Schuldeputation ſich ſolcher Sachen annimmt. Ferner Umſchulungen. Die Umſchulungen ſind in Charlottenburg recht groß, und ich bedauere es aufs lebhafteſte, daß ſie ſo groß ſind; (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten) gern würde ich mit daran wirken, dieſe Um⸗ ſchulungen zu verkleinern. Ich gebe zu, daß durch die Einführung der Differenzierung gewiſſe Um⸗ ſchulungen notwendig geworden ſind. Die Kinder, welche in die B⸗Klaſſen oder Hilfsklaſſen überwieſen werden, müſſen aus den bisherigen Klaſſen heraus⸗ genommen werden. Aber, meine Herren, warum nehmen wir ſie heraus? Weil wir uns ſagen: in der Klaſſe, wo ſie bisher geweſen ſind, werden ſie nicht genügend gefördert, teilweiſe können ſie da gar nicht fortkommen, darum müſſen ſie in eine andere Um⸗ gebung kommen, wir müſſen ſie mit anderen, gleich⸗ artigen Kindern zuſammenbringen und ihnen einen Unterricht zuteil werden laſſen, der ihren körperlichen und geiſtigen Kräften entſpricht. Das muß ebenſo geſchehen, wie wir die blinden, tauben Kinder aus der (Gemeindeſchule herausnehmen, um ſie beſſer, um ſie mehr ihrer Individualität entſprechend zu unter⸗ weiſen. Gegen eine Umſchulung, die wichtige päda⸗ gogiſche Vorteile im Gefolge hat, läßt ſich nichts ein⸗ wenden. Sitzung vom 6. März 1912 Aber die Umſchulungen, die infolge der Diffe⸗ renzierung ſtattfinden, ſind nicht ſo zahlreich; ſie bilden nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der ge⸗ ſamten Umſchulungen. Und ſind die Kinder erſt nach der B⸗ oder nach der Hilfsklaſſe umgeſchult, ſo bleiben ſie vor neuen Umſchulungen beſſer bewahrt. Denn dadurch, daß in der B⸗Klaſſe das Penſum der ein⸗ zelnen Klaſſe 1½ Jahr, in der Hilfsklaſſe 2 Jahre veträgt, und daß die Lehrer nach der Verſetzung mit den Klaſſen mitzugehen pflegen, iſt eine häufige Um⸗ ſchulung ſchon ausgeſchloſſen. Dadurch wird auch das Band, welches den Lehrer mit den Schülern verknüpft, um ſo inniger, und alle die erziehlichen Vorteile, die aus der genauen Kenntnis mit dem Schüler und aus dem geſteigerten Vertrauen des Schülers zum Lehrer entſpringen, treten um ſo deutlicher in dieſen Klaſſen hervor. Die Umſchulungen kommen bei uns aus einem ganz anderen Grunde in ſo großer Zahl vor. Char⸗ lottenburg iſt eine Stadt, die noch im Aufbau be⸗ griffen iſt; immer wird in einzelnen Gegenden be⸗ ſonders ſtark gebaut, und die Folge davon iſt, daß daſelbſt die Schülerzahl ſchnell wächſt und wir all⸗ mählich mit den Schulbauten nachkommen müſſen. Jedesmal, wenn wir eine neue Schule an der Peri⸗ pherie errichten, müſſen wir doch ſo viel Schüler, als das neue Schulhaus faßt, aus anderen Schulen her⸗ ausnehmen, alſo umſchulen. Das ſind zunächſt ſchon jedesmal an 1600 Schüler. Dadurch werden aber dieſe anderen Schulen wiederum ſo ſtark entvölkert, daß wir wieder zufüllen müſſen, um die im Zentrum oder an der anderen Seite Charlottenburgs gelegenen Schulen zu entlaſten, und ſo kommen zu den erſten Umſchulungen nach den Nachbarſchulen und ſo weiter. Dann kommt noch hinzu, daß wir leider Gottes mit einer ganzen Anzahl von Mietsſchulräumen zu rechnen haben und mit einer Anzahl von Klaſſen, welche in Schulhäuſern untergebracht ſind, die ur⸗ ſprünglich nicht als Schulhäuſer dienen ſollten. Das verurſacht immer doppelte Umſchulungen, ſowohl beim Einzug als auch beim Verlaſſen. Und ſchließlich kommt noch die große Neigung der Groß⸗Berliner zum Umziehen hinzu. Wir be⸗ kommen aus Berlin alle Jahre ſo viel Zuzug und geben aus unſeren Schulen ſo viel Kinder nach Berlin und nach anderen Vororten ab, daß dieſe Zahl meines Wiſſens in die Tauſende geht. Das verurſacht natür⸗ lich auch Störungen. Jedenfalls iſt die Zahl der Um⸗ ſchulungen wegen Differenzierung nur ein wenig be⸗ trächtlicher Teil aller. Aber, meine Herren, die ſtörende Wirkung der Umſchulungen wird wohl vielfach ſtark überſchätzt. Wir müßten doch bedenken, daß in allen unſeren Ge⸗ meindeſchulen überall nach demſelben Lehrplan ge⸗ arbeitet wird, und daß die Umſchulungen meiſt am Ende eines Schuljahres bzw. eines Schulſemeſters vorkommen, wenn das Penſum einen gewiſſen Ab⸗ ſchluß gefunden hat. Nicht verſtanden habe ich, was der Herr Vor⸗ redner an Statiſtik über die Ueberweiſungen an die Hilfsſchule wünſchte. Ganz und gar unverſtändlich aber war mir, daß er ſagte: merkwürdigerweiſe hat ſich die Zahl der Schüler der Hilfsſchule in den letzten Jahren verringert. Das iſt gar nicht merkwürdig, ſondern höchſt natürlich. Es iſt einfach eine Folge davon, daß wir ſeit fünf Jahren eine Klaſſenreihe zwiſchen der Normalchule und der Hilfsſchule ein⸗ gefügt haben, nämlich die B⸗Klaſſen. Früher war es z. B. nicht möglich, Kinder der Hilfsſchule, die ſich dort gehoben, ſich ſo gut entwickelt hatten, daß ſie nach