Sitzung vom 6. März 1912 dem Urteil der Lehrer nicht mehr in die Hilfsſchule gehörten, wieder hrauszunehmen; der Sprung bis nach der Normalſchule war für dieſe Kinder zu weit. Jetzt haben ſie bis nach der B⸗Klaſſe nur noch die Hälfte der Diſtanz zurückzulegen; das vermögen ſie. Wir fragen alle Jahre, wenn das Penſum einer Klaſſe erledigt iſt, nach, ob in der Hilfsſchule Kinder vorhanden ſind, welche nach der Ueberzeugung der Lehrkräfte in eine B⸗Klaſſe kommen müſſen. Das iſt in etwa 20 Fällen vorgekommen. Dieſe Zahl, meine Herren, iſt ſehr gering bei der ſehr großen Menge von Schülern. Aber es ſcheint mir doch etwas außer⸗ ordentlich Wertvolles zu ſein, daß wir uns jetzt ſolcher Kinder beſſer annehmen, daß wir ſie von dem für ſie zu langſamen Lehrgange befreien können. Ich hätte erwartet, daß Herr Oberlehrer Profeſſor Schwarz das anerkennt. Auf der anderen Seite, meine Herren, kommt auch folgendes vor: daß ein Kind, welches ſich in der Normalſchule nicht hält, wegen allzu geringer Be⸗ gabung zunächſt nach der B-Klaſſe überwieſen wird. Dieſe B-Klaſſe iſt eine ganz vorzügliche Ueber⸗ gangsſtation für ſolche Kinder. Die Klaſſenfrequenz iſt viel geringer, das Verhältnis des Lehrers zum Schüler und zum Elternhaus iſt viel inniger, die Ver⸗ bindung mit dem Schularzt iſt auch viel enger. Aus dem Zuſammenwirken dieſer Inſtanzen ergibt ſich gelegentlich die Erkenntnis, daß ein Kind auch in der B⸗Klaſſe noch zu ſtark angeſtrengt werden müßte, daß ſeine geiſtigen Kräfte nicht genügen, um in der B⸗ Klaſſe fortzukommen, und daraus ergibt ſich dann, daß das betreffende Kind nach der Hilfsſchule kommen muß. Die Mehrzahl aber erweiſt ſich war als zu ſchwach für die Normalreihe, aber für B als geeignet und bleibt daher dort. Konnte ſich früher ein Kind in der Normalklaſſe nicht halten, ſo gab es bloß die einzige Möglichkeit, das Kind nach der Hilfsklaſſe zu bringen. Und dabei ſind manche Mißgriffe vorge⸗ kommen. Ein Kind z. B., das aus der Hilfsſchule eines benachbarten Vorortes kam und darum ohne weiteres in unſere Hilfsſchule aufgenommen wurde, iſt nach einem Jahre nach der B⸗Klaſſe verſetzt worden, und wieder nach 1½ Jahren haben Lehrer und Rektor das Urteil abgegeben: das Kind kann nach der Nor⸗ malklaſſe zurückkommen. Es iſt ja möglich, daß bei dieſem Kind die ganz normalen geiſtigen Kräfte er⸗ wacht ſind; aber wahrſcheinlicher iſt es, daß das Kind anfangs nur vernachläſſigt war und darum in der Normalſchule große Schwierigkeiten gemacht hatte. Derartige Mißgriffe kommen jetzt wohl nicht mehr vor; ich hoffe, ſie ſind ausgeſchloſſen. Es iſt alſo etwas ganz Natürliches, daß in demſelben Maße, in dem die B⸗Klaſſen zunehmen, die Zahl der Schüler der Hilfsklaſſen abnimmt. Ich halte das für eine durchaus ſegensreiche Wirkung der neuen Maßnahme. Ueber die weiten Schulwege bei der Hilfs⸗ ſchule I1II wünſcht der Herr Stadtverordnete ebenfalls Auskunft. Nun, meine Herren, das, was er hier darüber angegeben hat, iſt etwas unvollſtändig. Wir haben beſchloſſen — und ſoviel ich weiß. hat Herr Stadtv. Schwarz ſeinerzeit mit dafür geſtimmt, ſo⸗ wohl in der Schuldeputation als auch hier — wir haben beſchloſſen, für die Hilfsſchule 1II, die in pro⸗ viſoriſchen Räumen in der Bismarckſtraße unterge⸗ bracht war, ein beſonderes Schulhaus zu errichten. Es war leider nicht möglich, es gerade an der Stelle zu errichten, wo es die Schulverwaltung am liebſten geſehen hätte, etwa in der Mitte des Hochſchul⸗ piertels; denn dort bekamen wir eben kein Grund⸗ ſtück. Wir mußten uns alſo damit begnügen, 109 ein etwas weiter ſüdlich gelegenes ſtädtiſches Grundſtück zu bebauen, wo uns ein Terrain zur Verfügung ſtand. Den Herrn Stadtverordneten Schwarz trifft ebenſowenig wie alle übrigen ein Vorwurf daraus. Aber wenn wir auch das Schul⸗ haus nicht dort errichten konnten, wo wir eigentlich wollten, ſo bedeutet der Bau doch einen Fortſchritt. Die erſte günſtige Folge iſt, daß wir die Hilfsſchul⸗ klaſſen in der Joachimsthaler Straße kaſſieren und mit nach der Bleibtreuſtraße verlenen können. Auch für viele andere Kinder der Hilfsſchule in der Bis⸗ marckſtraße iſt der Tauſch ſchlechterer Räume mit beſſeren bei gleichen Schulwegen nicht gering anzu⸗ ſchlagen. Für diejenigen Kinder freilich, welche weiter nach Norden hin wohnen, würde der Schul⸗ weg recht weit werden. Aber wer will denn das? Wir müſſen eben für dieſe Kinder entſprechende Ein⸗ richtungen treffen. Wir haben ſchon damit begonnen: eine Klaſſe iſt bereits auf der Halbinſel errichtet worden. Es beſteht die Abſicht, ſobald die Zahl der Schüler groß genug iſt — ich glaube, ſchon Oſtern 1912 wird der Tag eintreten —, im Norden eine weitere Hilfsklaſſe einzurichten. In dem Maße, in dem die Zahl der Schüler zunimmt, werden wir immer weitere Klaſſen einrichten, ſo daß ſich alſo aus der einen Schule, die bisher im Zentrum des Oſtens gelegen war, zwei Schulen entwickeln werden, die eine im füdlichen Teil, die andere im nördlichen Teil des Oſtens. Es iſt nicht richtig, daß man hierin etwas Ungünſtiges zu erblicken hat. Es iſt die ganz natür⸗ liche Entwicklung der Dinge. Und wenn auch die Schulwege für einzelne Kinder eine Zeitlang etwas weiter werden ſollten, ſo iſt das nicht ſchlimm; handelt es ſich doch nur um ein Proviſorium! Die geforderten ſtatiſtiſchen Nachweiſungen über die Berufswahl der Kinder in den B⸗Klaſſen und Hilfsklaſſen zu liefern bin ich nicht in der Lage; viel⸗ leicht, daß unſer Arbeitsnachweis etwas liefern kann. Die Schulverwaltung erfährt ja nicht, was aus den Hilfsſchulkindern ſpäter wird. Sie nimmt ſich zwar der Kinder, die in Charlottenburg bleiben, nach Mög⸗ lichkeit und ſehr gern auch weiter an, aber es iſt doch nur ein ſehr kleiner Teil der ehemaligen Charlotten⸗ burger Hilfsſchüler, der auch in der Fortbildungs⸗ ſchule wieder zu uns kommt. Meine Herren, es handelt ſich hierbei um eine wichtige Aufgabe. Um die ehemaligen Kinder der Hilfsſchule ſollte man ſich nicht bloß bis zum 14. Jahre gründlich kümmern, ſondern noch viel länger. Hoffen wir, daß das nächſte Jahrzehnt uns der Löſung dieſer Aufgabe näher bringt. Ich glaube aber nicht, meine Herren, daß eine Stadt allein in der Lage iſt, hier genügend Fürſorgeeinrichtungen zu treffen; hier wird der Staat eingreifen müſſen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich möchte Sie bitten, ſich mit der Erklärung zu be⸗ gnügen, die der Herr Schulrat ſoeben abgegeben hat, daß Sie die ſtatiſtiſchen Nachweiſungen, wenigſtens diejenigen, die Sie im vorigen Jahre gewünſcht haben, in allernächſter Zeit erhalten werden. Ich glaube, es wird ſich dann Gelegenheit finden, zu prüfen, ob und inwieweit die ſtatiſtiſchen Nachwei⸗ ſungen genügen, um die Prüfungen vorzunehmen, die Herr Stadtv. Schwarz wünſcht. Ich glaube kaum, daß, ſolange dieſe ſtatiſtiſchen Nachweiſungen noch nicht vorhanden ſind, ſich die Fortſetzung dieſer De⸗ batte empfehlen wird. (Sehr richtig!)