110 Wenn wir ſie fortſetzen, kommen wir, glaube ich, im Etat überhaupt nicht weiter; denn über dieſe Fragen können wir uns noch ſehr lange unterhalten. Feſtſtellen möchte ich nur noch, daß die Orga⸗ niſation von Ihnen nach reiflicher Erwägung ge⸗ nehmigt worden iſt, und daß ſie dauernd — dafür bürgt wohl ſchon die Mitwirkung des Herrn Stadtv. Schwarz ſich unter ſehr ſorgfältiger Beobachtung in allen zuſtändigen Deputationen befindet und alles, was irgendwie an Material dagegen laut wird, auch ſicherlich in der Deputation zur Beſprechung kommt. In dieſem Sinne haben wir ganz neuerdings erſt die Beſtimmungen über den Nachhilfeunterricht einer Nachprüfung unterzogen, und zwar ſowohl in der ge⸗ miſchten Deputation für die Hebung der Volksſchule wie in der Schuldeputation. Der Herr Referent hat auch bereits darauf hingewieſen. Die Beſtimmungen ſind von neuem Satz für Satz nachgeprüft worden. Ich glaube, der Herr Schulrat hat von ſeinem Stand⸗ punkt aus ein klein wenig ſubjektiv die Sache dar⸗ geſtellt. Sie ſind doch in manchen wichtigen Punkten geändert worden, und zwar nach den Tendenzen, die Herr Stadtv. Schwarz verfolgt. Ich glaube, Sie können ſich mit dieſer ſorgfältigen Beobachtung der Sache begnügen und werden bei der Vorlegung der ſtatiſtiſchen Nachweiſe Gelegenheit haben, in die Sache weiter einzudringen. Stellvertr. Altersvorſteher Vogel: Herr Bürger⸗ meiſter, ich glaube, Herr Stadtv. Schwarz hat nicht nur die ſtatiſtiſchen Nachweiſungen gewünſcht, ſon⸗ dern auch die Vorlegung der Jahresberichte der Schul⸗ ärzte. Stadtv. Gebert: Meine Herren! Wir begrüßen eigentlich mit Freude dieſe Diskuſſton. Sie hat uns ein Bild aufgerollt, das wir Ihnen bei allen Etats⸗ beratungen, ſoweit ich in der Lage war, die Berichte nachzuleſen, gezeigt haben. Und ſpeziell freut es uns außerordentlich, daß alle dieſe Wünſche, die von jener Seite ausgeſprochen worden find, von uns be⸗ tont und dem Magiſtrat oft geſagt worden iſt: Hör mal, Magiſtrat, wir wünſchen dieſe und jene Auf⸗ ſtellung. Aber angenehm haben uns auch die Ausführun⸗ gen des Herrn Stadtſchulrats berührt. Es ging daraus hervor, nicht: wie ſtiefmütterlich, ſondern: wie rabenmütterlich ſpeziell dieſer Zweig unſerer Stadtverwaltung im allgemeinen behandelt wird. Verehrte Anweſende! (Heiterkeit.) — Verehrte Herren! Wenn der Herr Stadtſchulrat ſagt, ſeine Bureaukräfte reichen nicht aus, um alles zu bewerkſtelligen, was hier gewünſcht worden iſt, ſo unterſtreiche ich dies. Ich gebe ohne weiteres zu, daß es nicht möglich iſt. Aber wir haben ja ſtets und ſtändig in einem gewiſſen Sparſinn gearbeitet, und ich wage zu behaupten: auf dieſem Gebiete dürften wir eigentlich nicht ſparen. Aber es zeigt ſich auch noch ein anderer Punkt, und das iſt der — das lag auch in den Ausführungen des Herrn Stadtſchulrats —, daß die Kommune in gewiſſem Sinne gebunden iſt, gebunden durch König⸗ liche Beſtimmungen, gebunden durch Regierungs⸗ beſtimmungen, die ein freies Arbeiten nicht zulaſſen. Und da weiſe ich darauf hin, daß man in die Schul⸗ deputation nicht einmal Vertreter aller Parteien des Stadtparlaments hineinbekommen kann. Ich wage Sitzung vom 6. März 1912 zu behaupten, daß dies oftmals mit dazu beiträgt, daß Fragen, die die Allgemeinheit intereſſteren, nicht zum Durchbruch kommen können. Das wird ja ge⸗ wiſſermaßen von der Regierung hintertrieben; die ſozialdemokratiſchen Vertreter will man in der Schul⸗ deputation nicht ſehen. Aus dieſem einfachen Grunde ergibt ſich ohne weiteres, daß manche gute Anregung nicht zur Wirklichkeit wird. Nun wünſcht Herr Kollege Schwarz gern eine Statiſtik über Umſchulungen. Auch wir wünſchen eine derartige Statiſtik. Tatſache iſt: die Umſchulun⸗ gen hier in Charlottenburg ſind ungeheuerlich. Kinder, die jahrelang in einem und demſelben Schulbezirk wohnen, müſſen fünf⸗, ſechsmal umgeſchult werden. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Der erſte Schulweg mag vielleicht 10 Minuten dauern; der zweite Schulweg wird oftmals auf eine Viertelſtunde ausgedehnt; dann kommt das Kind von da wieder zurück und wird in eine Schule hin⸗ eingeſchult, die 20 Minuten vom Elternhauſe ent⸗ fernt ſich befindet. Daß derartige Zuſtände nicht geſund ſind, werden Sie ohne weiteres zugeben. Aber, meine Herren, woran liegt es denn? Der Herr Stadtſchulrat ſagt: wir müſſen Schulhäuſer haben. Und ich weiß mich an Debatten hier in dieſem Hauſe zu erinnern, wo von unſerer Seite ver⸗ langt wurde, es mögen in erhöhtem und ſchnellerem Maße Schulhäuſer errichtet werden, von anderer Seite wieder geſagt wurde: es iſt noch nicht ſo weit. Da haben wir ja die Urſache, warum dieſe gewalti⸗ gen Umſchulungen entſtehen! Wenn Sie ferner gehört haben, daß noch bei den Ausgaben für Nachhilfeſtunden geſpart werden ſoll, ſo bedaure ich das. Ich glaube, wir können an den Nachhilfeſtunden der B⸗Klaſſen überhaupt nicht ſparen; wir müſſen vielmehr verſuchen, die körperlich und geiſtig zurückgebliebenen Kinder in jeder Weiſe vorwärts zu bringen, und können bei dieſen Kindern jedenfalls nicht ſparen. Wenn nun ferner geſagt wird, die übrigen Sta⸗ tiſtiken, die gewünſcht worden ſind, ſeien ſchwer zu beſchaffen, ſo kann ich nicht recht einſehen, worin die Schwierigkeiten liegen ſollen. Wir haben ein ſta⸗ tiſtiſches Bureau. Ich gebe zu, daß dieſes nicht in der Lage iſt, alles gleich zu verarbeiten. Aber die De⸗ putation iſt ja da; die mag dann dieſe ſtatiſtiſche Arbeit mit übernehmen. Vielleicht iſt es doch mög⸗ lich, den Stadtverordneten vor den Etatsberatungen eine derartige Statiſtik zugehen zu laſſen. Nun komme ich zu unſerm Antrage, den wir ſchon wiederholt geſtellt haben. Ich wage zu be⸗ haupten: es iſt die vornehmſte Aufgabe einer Kom⸗ mune, dafür zu ſorgen, daß auch die Lehrmittel den Schülern frei zur Verfügung geſtellt werden. Dieſe Forderung haben wir von jeher geſtellt, und bei jeder Etatsberatung ſind unſere Anträge darauf hin⸗ ausgegangen. Ich will Ihnen hier nur einen Fall aus der Praxis anführen, der beweiſt, wie un⸗ zweckmäßig es iſt, wenn die Lehr⸗ mittel aus privaten Händen gekauft werden müſſen. Ich habe erſt vor 14 Tagen feſtſtellen müſſen, daß eine Schülerin ein Buch, Rechenkoch, das ſie ſich beſchaffen mußte, nirgends erhalten konnte. Das Kind iſt von einem Laden in Charlottenburg in den andern gelaufen; an der einen