118 in Einnahme und Ausgabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats mit den auf Druckſeite 78 der Vor⸗ lagen angegebenen Aenderungen feſt.) Wir kommen zu Kapitel XIV. Verſchiedene Einnahmen und Aus⸗ gaben. Hierzu iſt von Herrn Kollegen Erdmannsdörffer ein Antrag eingegangen: Abſchnitt 22 Unter einmalige Ausgaben als Scholle“ der Landgeſellſchaft „Eigene 5000 ℳ einzuſetzen. Berichterſtatter Stadto. Protze: Der Etatsaus⸗ ſchuß empfiehlt die Annahme mit den auf Druckſeiten 78 und 80 der Vorlagen angegebenen Aenderungen und folgende Beſchlußfaſſung: Ausgabe. 1. Zu Abſchnitt 5 Nr. 23 — Jahresbeitrag für das Lehrlingsheim „Jugendklub“ — wird der Magiſtrat erſucht, dahin zu wirken, daß die Bezeichnung „Klub“ geändert wird. 2. Zu Abſchnitt 5 Nr. 27 — Beitrag für den Verein Jugendheim. — Die Stadtverordneten⸗ verſammlung legt den Stadtverordnetenbeſchluß vom 4. Dezember 1907 dahin aus, daß die beiden ſtädtiſchen Vertreter nicht durch die Ge⸗ neralverſammlung des Vereins, ſondern durch die ſtädtiſchen Körperſchaften in den Vorſtand zu entſenden ſind. Eingegangen ſind die Petitionen 2) von dem Haus⸗ und Grundbeſitzerverein von 1895 betr. Ehrenpreis für die Ausſtellung „Haus⸗ und Wohnungsbau“, von dem Verein für Körperkultur betr. Zahlung einer Beihilfe. Der Stadtverordnetenverſammlung wird Beſchlußfaſſung empfohlen: zu a: Ueberweiſung an den Magiſtrat zur Be⸗ b) folgende rückſichtigung, zu b: Uebergang zur Tagesordnung. Stadtv. Erdmannsdörffer: Meine Herren! Der Etatsausſchuß hat eine Poſition von 10 000 ℳ zugunſten der Landgeſellſchaft „Eigene Scholle“ in Frankfurt a. O. geſtrichen. Ich habe beantragt, wie Sie gehört haben, dieſe Poſition mit der Maßgabe wieder einzuſetzen, daß ſtatt 10 000 %ℳ 5000 ℳ ge⸗ ſetzt wird. Meine Herren, dieſe Landgeſellſchaft „Eigene Schollle“ iſt im Jahre 1910, mit einem Stammkapital von rund 3 600 000 ℳ ge⸗ gründet worden, wovon der Fiskus 1 Million ge⸗ zahlt hat. Später erfolgte eine Erhöhung auf 7 Mil⸗ lionen, und jetzt beſteht die Tendenz, eine weitere Erhöhung auf 10 Millionen vorzunehmen. Der Provinziallandtag von Brandenburg hat die Be⸗ deutung der Angelegenheit erkannt und dieſer Tage auf Antrag 2 Millionen Mark als Stammkapital bewilligt. Ich bemerke hierbei, daß der Herr Ober⸗ bürgermeiſter unſerer Nachbarſtadt Schöneberg, Dominicus, dieſer Vorlage in ſehr warmen Worten ſeine Zuſtimmung gegeben hat. Die Geſellſchaft „Eigene Scholle“ will nicht ohne Dividende arbeiten; aber die Dividende iſt auf 5% 1 Sitzung dom 6. März 1912 im Höchſtmaße feſtgeſetzt. Die Landgeſellſchaft „Eigene Scholle“ hat über 3300 ha Land erworben und hat darauf bereits zahlreiche Anſiedlungen vor⸗ genommen. Es zeigt ſich alſo, daß ein Bedürfnis für eine ſolche Inſtitution vorhanden iſt. Der Zweck der „Eigenen Scholle“ iſt der, der Entvölkerung des platten Landes nach Möglichkeit vorzubeugen. Daher wird eine Vermehrung von Bauernſtellen, eine Anſiedlung von Arbeitern, eine Befeſtigung des bäuerlichen Grundbeſitzes durch Re⸗ gelung der Schuldverhältniſſe und durch Förderung gemeinwirtſchaftlicher Aufgaben angeſtrebt. Es könnte der Argwohn geweckt werden, als ob es zu den Tendenzen dieſer Geſellſchaft, an der ſich auch ſehr rechtsſtehende Elemente beteiligt haben, ge⸗ hörte, etwa dem Großgrundbeſitz eine billige, in der Nähe wohnende, ſeßhafte Arbeiterſchaft zu verſchaffen. Das iſt aber zweifellos nicht die Aufgabe und der Sinn dieſer Geſellſchaft, ſondern ihr Sinn iſt im weſentlichen, wirklich ſelbſtändige Leute anzuſiedeln und eine bäuerliche Bevölkerung heranzuholen. Meine Herren, die Argumente, die der Ma⸗ giſtrat geltend gemacht hat, um dieſe Vorlage der Stadtverordnetenverſammlung mundgerecht zu machen, unterſchreibe ich nicht in jedem Behufe. Der Magiſtrat ſchließt ſich eng an einen Vortrag des Herrn Regierungspräſidenten von Frankfurt a. O., Grafen von Schwerin, an. Der Vortrag iſt in einer Denkſchrift, die Ihnen ja allen zugänglich ge⸗ weſen iſt, niedergelegt. Insbeſondere möchte ich nicht ohne weiteres auf den Boden treten, der vom Ma⸗ giſtrat beſchritten worden iſt, in der Hinſicht, als ob nun die Städte an ſich etwa eine Quelle der De⸗ generation und der Unfruchtbarkeit ſein müßten, und als ob nur das Land die Quelle der Kraft und der Militärpflichtigkeit ſein könnte. Ich meine, wenn die Städt, wie es ja im Zuge der Zeit liegt, ſozial aus⸗ geſtaltete und hygieniſche Inſtitutionen nach allen Richtungen hin treffen, ſo braucht auch die Großſtadt nicht zur Degeneration der Bevölkerung beizutragen. Ich glaube, daß in dieſer Beziehung der Magiſtrat viel zu weit gegangen iſt. Ich glaube auch, daß die Haupt⸗ urſache der Entvölkerung des platten Landes wirt⸗ ſchaftspolitiſcher Natur 2 daß unſere geſamte Zoll⸗ und Wirtſchaftspolitik mit der künſt⸗ lichen Verteuerung des Grund und Bodens und der dadurch für viele herbeigeführten Unmöglichkeit, ſich eine eigene Scholle zu beſchaffen, die Haupturſache der Entvölkerung des platten Landes iſt. Das iſt aber naturgemäß aus begreiflichen Gründen in der Vorlage des Magiſtrats nicht erwähnt Ich bin der Ueberzeugung, daß eine ſolche Geſell⸗ ſchaft wie die Landgeſellſchaft „Eigene Scholle“ ge⸗ wiß nur Stückwerk bieten kann, ſolange wir nicht zu einer anderen Zoll⸗ und Wirtſchaftspolitik in Deutſch⸗ land kommen. Wenn ich aber davon abſehe, ſo meine ich doch, daß in dieſer Vorlage et was Tüchtiges und Wertvolles enthalten iſt. Wir ſehen in dieſer „Eigenen Scholle“ und ähn⸗ lichen Inſtitutionen einen Anſatz zur inneren Kolo⸗ niſation. Es iſt ſeit langem eine Forderung des Liberalismus, die innere Koloniſation zu fördern; und der Entvölkerung des platten Landes durch An⸗ ſetzung von Bauern vorzubeugen, iſt ſicher eine Auf⸗ gabe, des Schweißes der Edlen wert. Daß das Zer⸗ ſchlagen der großen Güter in den Aufgaben der „Eigenen Scholle“ enthalten iſt, iſt zweifellos etwas, was vom wirtſchaftspolitiſchen Standpunkt aus durch⸗ aus wünſchenswert iſt.