138 ſind die Verhandlungen zwiſchen den Gaſtwirts⸗ vereinigungen und dem Zentralverein für Arbeits⸗ nachweis noch nicht zum Abſchluß gekommen. Vor⸗ ausſichtlich werden ſie in kurzer Zeit zu einem günſti⸗ gen Abſchluß kommen, und dann wollen auch die hieſigen Arbeitgebervereinigungen ſich gern unſerm Arbeitsnachweiſe anſchließen. Die Gehilfenvereini⸗ gungen ſtehen mit uns auf dem Standpunkt ſie haben uns das ſelbſt ausgeſprochen ſolange die Arbeitgebervereinigungen nicht mitmachen, hätte es keinen Zweck. Alſo müſſen wir ſchon dieſen Zeitpunkt abwarten. Dabei iſt die Frage unerörtert geblieben oder wenigſtens nicht entſchieden worden, ob ein beſon⸗ derer Vermittler aus dem Gaſtwirtsgewerbe tätig ſein müßte. Wir haben uns in der Deputation nicht dagegen geſträubt; wir haben die Möglichkeit offen gelaſſen. Aber ich möchte hier doch betonen, daß man an vielen Stellen bereits dahinter gekommen iſt, daß dieſe ſogenannte ſachverſtändige Vermittlung durch⸗ aus nicht unbedingt erforderlich iſt, um eine gute Vermittlung auch im Gaſtwirtsgewerbe zuſtande zu bringen, daß paritätiſche Arbeitsnachweiſe ohne der⸗ artige beſondere Fachkräfte ebenfalls gute Gaſtwirts⸗ gehilfen vermitteln. Dieſe Frage kann jedenfalls zur⸗ zeit ausgeſchieden werden, bis überhaupt klar iſt, 0ob wir die Teilnahme der Gaſtwirtsarbeitgeberverbände in Charlottenburg haben können oder nicht; denn vorher würde eine ſolche Einrichtung unſeres Arbeits⸗ nachweiſes doch nichts nützen. Wenn alſo Herr Stadtv. Zietſch nur aus dieſen Gründen die Ausſchußberatung wünſcht, ſo ſtelle ich ihm anheim, ſich auch heute ſchon mit der Vorlage zufrieden zu geben. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung beſchließt die Einſetzung eines Ausſchuſſes von 9 Mitgliedern und wählt zu Ausſchußmitgliedern die Stadtv. Erdmannsdörffer, Dr Friedlaender, Imberg, Münch, Richter, Dr Rothholz, Dr Stadthagen, Wenzke und Zietſch.) Vorſteher Kaufmann: Zu Punkt 7 der Tages⸗ ordnung iſt ein Ausſchuß von 11 Mitgliedern bean⸗ tragt geweſen. Dafür ſind in Vorſchlag gebracht die Stadtv. Erdmannsdörffer, Dr Frentzel, Gebert, Jolenberg, Kaufmann, Laskau, Rieſenberg, Dr Stadt⸗ hagen, Wöllmer, Zander und Zietſch. Wenn ich keinen Widerſpruch höre, ſtelle ich die Wahl der Herren feſt. — Die Herren ſind gewählt. Meine Herren, dann iſt eine Anfrage von Herrn Kollegen Becker und der genügenden Anzahl von Stadtverordneten eingegangen. Die Anfrage lautet: Iſt der Magiſtrat bereit, über den vor einigen Tagen eingetretenen bedauerlichen Un⸗ glücksfall in der Charlottenburger Badeanſtalt Auskunft zu geben? Bürgermeiſter Matting: Der Magiſtrat iſt zur ſofortigen Auskunfterteilung bereit. Vorſteher Kaufmann: Der Magiſtrat erklärt ſich zur ſofortigen Beantwortung bereit. Nach der Aus⸗ legung der Geſchäftsordnung, über die wir in einer früheren Sitzung in Uebereinſtimmung geweſen ſind, frage ich die Verſammlung, ob ſie die Angelegenheit heute und an welcher Stelle behandeln will. (Rufe: Sofort!) Sitzung vom 13. März 1912 — Widerſpruch erfolgt nicht; dann wird die Angele⸗ genheit ſofort verhandelt. Anfrage der Stadtv. Becker und Genoſſen betr. Unglücksfall in der Badeanſtalt. Die Anfrage habe ich eben verleſen. Ich erteile zur Begründung der Anfrage Herrn Kollegen Becker das Wort. Frageſteller Stadtv. Becker: Es iſt zur Sprache gekommen, daß vor drei Tagen in der Badeanſtalt ein Knabe ertrunken iſt. Wir möchten den Magiſtrat bitten, darüber Auskunft zu geben, ob irgendein Ver⸗ ſchulden von Angeſtellten der Stadt vorliegt, und wie der Hergang der Sache geweſen iſt. Stadtrat Dr Gottſtein: Am 11. März nach⸗ mittags 6 Uhr verunglückte der 16 Jahre alte Bäcker⸗ lehrling Wilhelm Bergauer aus der Krummen Straße 42 in der Badeanſtalt tödlich. Die Unter⸗ ſuchung iſt noch nicht abgeſchloſſen; über wichtige Punkte und Einzelheiten bin ich ſelbſtverſtändlich heute noch nicht in der Lage Auskunft zu geben. Ich kann aber über drei Punkte heute ſchon Mitteilung machen. Der Verunglückte iſt ſeit ſeiner früheſten Kind⸗ heit epileptiſch geweſen. Er litt nicht nur an wieder⸗ holt auftretender ſchwererer Epilepſie, ſondern auch an den bekannten Erſcheinungen des ſogenannten petit mal, an häufig auftretenden Schwindelanfällen. Ferner iſt Tatſache, daß er des Schwimmens un⸗ kundig war, aber in die Abteilung für Schwimmer ſich hineingewagt hat. Drittens ſcheint es mir zur Beurteilung des Sachverhalts wichtig, anzuführen, daß als Zeit des Eintretens in die Badezelle 5 Uhr 35 Minuten feſtgeſtellt iſt und als die Zeit, wo der Verunglückte geborgen wurde, 5 Uhr 55 Minuten. Der ganze Vorgang von dem Beginn des Eintretens in die Zelle bis zur Erledigung hat ſich alſo in 20 Mi⸗ nuten abgeſpielt. Das iſt der Sachverhalt. Es fragt ſich, ob ein Verſchulden der Angeſtellten vorliegt, wie die ihnen gegebenen Vorſchriften lauten. Wir haben dafür geſorgt, daß eine Verteilung des Badeperſonals derart ſtattfindet, daß immer drei Badewärter in der Anſtalt verteilt auf das Baſſin Obacht geben und die Aufſicht führen müſſen. Es waren auch drei des Schwimmens und Tauchens kundige Männer, die alljährlich auf dieſe Fähigkeit von uns geprüft werden, zurzeit anweſend. Die Vor⸗ ſchriften lauten: Sobald ein Badegaſt im Schwimmbaſſin ver⸗ unglückt, iſt er unverzüglich aus dem Waſſer herauszuholen. Außerdem iſt die Alarmglocke ohne Zögern in Bewegung zu ſetzen. Sofort beim Ertönen der Alarmglocke hat das Perſonal folgende Anordnungen auszu⸗ führen: 1. Die Kaſſiererin ruft ſofort telephoniſch die Unfallſtation in der Berliner Straße 48a an und erbittet ärztliche Hilfe unter der Be⸗ gründung, daß es ſich um einen Unglücks⸗ fall in der Schwimmhalle handelt. Sie hat außerdem ſofort den Vorſteher oder ſeinen Vertreter und dieſer ſobald als möglich auch den Dezernenten zu benachrichtigen. 2. Die als Heilgehilfen ausgebildeten Bade⸗ wärter begeben ſich von ihren Poſten unver⸗ züglich in die Schwimmhalle und ſtellen erforderlichenfalls Wiederbelebungsverſuche an.