Sitzung vom 13. März 1912 Und dann einige weitere Beſtimmungen. Ich ſtelle feſt, daß ſofort, nachdem die Meldung, der Betreffende werde vermißt, ergangen war, und der Verunglückte ge⸗ borgen wurde, die beiden als Heilgehilfen ausgebildeten Badewärter und ein zufällig im Schwimmbaſſin an⸗ weſender Arzt Wiederbelebungsverſuche begannen und eine Stunde lang fortſetzten. An dieſen Wieder⸗ belebungsverſuchen beteiligte ſich ſpäter der von der Unfallſtation herbeigerufene Arzt. Wenn alſo die Möglichkeit beſtanden hätte, den Verunglückten ins Leben wieder zurückzurufen, ſo iſt keinerlei Zeitverluſt dae um dieſe Möglichkeit in die Tat umzu⸗ ſatzen.“ Die weiteren Vorgänge und die Frage, welcher Zeitraum zwiſchen dem Untergehen des Verunglückten und der Bergung verfloſſen iſt, unterliegen noch der weiteren Unterſuchung. Ueber dieſe Frage kann ich nicht Auskunft geben. Da aber im Baſſin das Waſſer durchſichtig war, da es während der geſamten Zeit von etwa 30 Beſuchern frequentiert wurde, und da man jeden auf dem Boden befindlichen Körper von weiter Entfernung ſehen kann, und keiner das Unter⸗ gehen des Verunglückten bemerkt hatte, ſo kann nur ein ſehr kurzer Zeitraum zwiſchen dem Unterſinken und dem Entdecken des Unfalls vergangen ſein. Vorſteher Kaufmann: Der Herr Frageſteller er⸗ klärt ſich für befriedigt? (Zuſtimmung des Frageſtellers Stadtv. Becker.) Ein Antrag auf Beſprechung iſt nicht geſtellt. Wir verlaſſen den Gegenſtand. Meine Herren, in den Ausſchuß betr. das Grund⸗ ſtück in der Roſinenſtraße iſt Herr Kollege Rackwitz gewählt, der aber verhindert iſt, an den Ausſchuß⸗ beratungen ſich zu beteiligen. An ſeiner Stelle iſt Herr Kollege Panſchow gewählt. Wenn ich keinen Widerſpruch höre, hat die Verſammlung ſo beſchloſſen. — Das iſt der Fall. 59 Wir gehen jetzt zu Punkt 8 der Tagesordnung über: Antrag der Stadtv. Vogel und Gen. betr. Teuerungs⸗ zulage. Druckſache 71. Hierzu iſt von Herrn Kollegen Meyer und einer Anzahl ſeiner Freunde folgender Antrag eingegangen, den ich als eine Ergänzung des Antrages oder als neben dem Antrag ſtehend betrachte: Magiſtrat wird erſucht, der Verſammlung ſchleunigſt eine Vorlage zu unterbreiten, durch welche in Anbetracht der Teuerung vieler Lebensmittel den Beamten, Angeſtellten und Arbeitern der Stadt, ſoweit ſie ein Einkommen von nicht mehr als 2000 ℳ jährlich beziehen, eine einmalige Beihilfe gewährt wird. (Die Beratung wird eröffnet.) Antragſteller Stadtv. Vogel: Meine Herren! Als die bei der ungünſtigen Witterung des letzten Sommers, ferner durch Erhöhung der Steuern und Zölle verurſachte Verteuerung aller Lebensbedürfniſſe ſich immermehr fühlbar machte, haben auch bei den ſtädtiſchen Arbeitern, Hilfsarbeitern und kleinen Be⸗ amten die ihnen ausgeſetzten Lohnſätze zur Beſtrei⸗ tung der notwendigſten Lebensbedürfniſſe, namentlich in kinderreichen Familien, bei uns nicht mehr aus⸗ 7 139 gereicht. Dasſelbe war in einer großen Anzahl anderer Städte Deutſchlands der Fall. Dort hat man dieſen Uebelſtand entweder durch Lohn zu ſchlag oder durch Teuerungszulage zu beſeitigen verſucht, entweder pro Kopf der Familie oder pro Woche, pro Monat, in den einzelnen Städten verſchieden. Im ganzen ſind es einige 20 Städte, wie z. B. Breslau, (Görlitz, Zittau, Giauchau, Cöln, Frankfurt a. M., Hanau, Karlsruhe uſw. Dieſe ſetzten ein Pauſch⸗ quantum, zum Teil ſehr bedeutende Pauſchquanta Leipzig 250 000 ℳ. — als Teuerungszulagen aus. In Berlin und den meiſten ſeiner Vororte haben ebenfalls die ſtädtiſchen Behörden ihren Arbeitern und unteren Beamten Teuerungszulagen bewilligt. Berlin hat allen verheirateten Arbeitern und Ange⸗ ſtellten mit weniger als 2000 ℳ. Einkommen 40 % überwieſen, Lichtenberg ebenfalls den Verheirateten 40 %ℳ, aber auch den Unverheirateten 20 ℳ. In Box⸗ hagen⸗Rummelsburg erhielten alle Arbeiter 40 c%, in Weißenſee erhalten alle verheirateten ſeit dem 1. Oktober vorigen Jahres wöchentlich 2 ℳ Zulage, in Tempelhof bis zum 1. April 1912 monatlich 10 % Zulage, in Treptow die Arbeiter mit Hausſtand 20 c%/, Arbeiter mit drei Kindern 30 ℳ und mit mehr als drei Kindern 40 ℳ Teuerungszulage. Die Orte Schöneberg, Wilmersdorf, Steglitz, Mariendorf und Pankow nahmen für alle Arbeiter Lohnaufbeſſerungen von 1 bis 6 ℳ. pro Woche vor. Wenn man dieſe Teuerungszulagen alle zuſammenrechnet, kommt über eine Million heraus. In Charlottenburg reichten ebenfalls die ſtädtiſchen Arbeiter Geſuche um Teuerungszulage reſp. Lohnerhöhung ein. Aber der Magiſtrat war der Meinung, er könne die Not auf andere Weiſe beſei⸗ tigen. Er unterſtützte zunächſt die Eröffnung einer zweiten Volksküche; dann trat er mit der Berliner Speiſehallen⸗Geſellſchaft in Verbindung, um ſie zu veranlaſſen, hier ebenfalls eine Speiſehalle zu errich⸗ ten, und beſchloß die nötigen Koſten dafür anzufor⸗ dern; er beantragte auch den Bezug eines Waggons Reis; dieſer wurde aber von den Stadtverordneten mit einer Stimme Majorität abgelehnt. Vorher ſchon war der Seefiſchverkauf eingerichtet worden, und es wurden nun auch Kochkurſe für die Frauen minder⸗ bemittelter Familien eingeführt. So wohlgemeint auch alle dieſe Einrichtungen waren: zur Beſeitigung der Teuerungsnot haben ſie nur ſehr wenig beige⸗ tragen; ebenſowenig die Inausſichtſtellung baldiger Abnahme der Teuerung. Das Fortbeſtehen der Teuerung wurde dem Ma⸗ giſtrat ſowohl von ſeinen eigenen Organen wie von Unbeteiligten beſtätigt. Im Etatsentwurf für 1912 erklärten die ſtädtiſchen Krankenanſtalten: Die ſchon jetzt beſtehende Teuerung bei den hauptſächlichſten Nahrungsmitteln, namentlich bei Fleiſch, Gemüſe, Butter, Milch, Eier, Zucker uſw. wird nicht nur bis in das Jahre 1912 an⸗ dauern, ſondern ſich vorausſichtlich in ihren Wirkungen noch ſte iger n. Es muß deshalb mindeſtens mit einer Durchſchnittserhöhung der Preiſe um 10% gerechnet werden. Der Magiſtrat ſtützte ſich aber da auf eine leider nur vorübergehende Preisherabſetzung auf einige Fleiſch⸗ ſorten und andere Nahrungsmittel, um in der Vor⸗ lage an die Stadtverordneten dieſen Satz wegzulaſſen. Doch die Behauptung der anhaltenden 44 0 eine Beſtätigung an einer andern Stelle der Vorlage, die hineingekommen war. Die Stadt hat die vor⸗ ſorglichen Einrichtungen getroffen, daß ſie den Ge⸗ meindeſchülern, die von ihren Familien kein warmes