140 Mittageſſen erhalten können, ſolches durch die Volks⸗ küche des Vaterländiſchen Frauenvereins verabfolgen läßt. Bisher lieferte der Vaterländiſche Frauenverein dieſes Mittageſſen pro Portion für 15 „; für das Etatsjahr 1912 verlangt er aber 16 „, alſo 64 % mehr, „weil die Preiſe für die allernot⸗ wendigſten Lebensmittel infolge der allgemeinen Teuerung um 10 bis 20% geſtiegen ſin d.“ Dieſe Mehrforderung von 1 5 für 241 600 Portionen, die gebraucht werden, die alſo 2416 ℳ beträgt, wurde auch von Magiſtrat und Stadtverordneten anſtandslos bewilligt, ein klarer Beweis dafür, daß die Teuerung noch fortbeſteht und keine ſicheren Anzeichen für ihre Beſeitigung vorhan⸗ den ſind. Auch die Sätze für die Militärverpflegung ſind entſprechend erhöht worden. Die Teuerung macht ſich aber nicht nur bei den Einkäufen der Damen des Vaterländiſchen Frauen⸗ vereins fühlbar, ſondern in einem mindeſtens ebenſo ſtarken Grade bei den kleinen Einkäufen der kleinen Arbeiterfamilien, ja bei dieſen wohl eher noch mehr. (Sehr richtig!) Bei dieſen alſo mindeſtens ebenſo unter der Teuerung Leidenden iſt deshalb ebenfalls eine Beihilfe für die Zeit der Teuerung durchaus notwendig, und eine wirkſamere Beihilfe, als die bis jetzt gemachten Ver⸗ anſtaltungen ſind. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn die ſtädtiſchen Behörden ihnen die Beihilfe ver⸗ ſagen wollten, die ſie dem Vaterländiſchen Frauen⸗ verein anſtandslos bewilligt haben, ſo würde das ein bitteres Gefühl bei allen unter dieſer Teuerung Not⸗ leidenden erwecken. Wir haben nur eine Teuerungszulage von 6% auf vorläufig ſechs Monate beantragt, während der Vaterländiſche Frauenverein 6% auf das ganze Jahr verlangt und erhält. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wir würden aber auch zuſtimmen, wenn der Magi⸗ ſtrat für die Arbeiter und Angeſtellten mit zahlreichen Kindern eine dann wohl angebrachte etwas größere Teuerungszulage bewilligen würde. Damit man nicht weiter die Meinung äußern hört: ja, wenn es ſich um höhere Beamte handelt, wird mit Tauſenden nicht gekargt, aber an unſerm knappen Gehalt ſoll durchaus geſpart werden, — ſo hoffen wir, daß Sie unſerm Antrage zuſtimmen und damit Charlottenburg der Ruf einer wohltätigen und ſozial empfindenden Stadt erhalten bleibt. (Bravol) Stadtv. Meyer: Meine Herren, meine Freunde ſtehen auf dem Standpunkt, der in ihrem Auftrage von mir bereits in den Sitzungen vom 27. September 1911, 20. Dezember 1911 und 31. Januar 1912 er⸗ klärt und begründet worden iſt. Wir halten nach wie vor eine einmalige Beihilfe für angezeigt und not⸗ wendig für die Beamten, Angeſtellten und Arbeiter der Stadt, inſoweit ſie weniger als 2000 ℳ jährliches Einkommen haben. Die Ausführungen, mit denen der Magiſtrat ſeine ablehnende Haltung begründet hat, ſind von uns nicht als durchſchlagend anerkannt Sitzung vom 13. März 1912 worden. Infolgedeſſen begrüßen wir es, daß, nach⸗ dem wir bereits mehrfach die Anregung zu einer ſolchen Maßnahme gegeben haben, die gleiche An⸗ regung nunmehr von der ſozialdemokratiſchen Frak⸗ tion, die ja auch früher uns zugeſtimmt hat, aus⸗ geht, und wir nehmen dazu ſelbſtverſtändlich eine grundſätzlich freundliche Stellung ein. (Stadtv. Wilk: Bravol) Wir ſehen allerdings in dem Antrage der Herren Sozialdemokraten ein Hinausgehen über unſern An⸗ trag inſofern, als ſie eine Teuerungszulage prozent⸗ mäßig im Verhältnis zu den Gehältern und Löhnen für die Zukunft gewährt wiſſen wollen. Wir glauben, daß dagegen Bedenken obwalten, da das nicht nur dem momentanen Notſtande abhelfen, ſon⸗ dern bereits die Zukunft eskomptieren würde, und damit den Ausgangspunkt zu einer Aenderung des Normaletats geben könnte, für die wir heute in keiner Weiſe ein Präjudiz aufſtellen wollen. (Stadtv. Zietſch: Hört! hört!) Um das zum Ausdruck zu bringen, haben wir unſern Antrag vom 20. Dezember wieder eingebracht, und ich habe zugleich im Namen meiner Freunde zu be⸗ antragen, daß beide Anträge der beſtehenden Depu⸗ tation, und zwar als Material, überwieſen werden. Meine Freunde haben einmütig den Wunſch, daß die Beratungen der gemiſchten Deputation und die ſpätere Beſchlußfaſſung des Magiſtrats in dem Sinne unſeres früheren Antrages erfolgen mögen. (Bravo!) (Die Beratung wird geſchloſſen.) Vorſteher Kaufmann: Meine Herren! Herr Kollege Meyer beantragt, ſeinen Antrag und den Antrag Vogel dem Magiſtrat zu überweiſen (Lebhafte Rufe: Nein!) — meine Herren, geſtatten Sie und warten Sie ab, wie ich das ausdrücken will dem Magiſtrat zu überweiſen zur Uebermittlung an die Deputation als Material. Wir haben keine Möglichkeit, uns mit der Deputation direkt in Verbindung zu ſetzen. (Stadtv. Vogel bittet um das Wort zur Geſchäfts⸗ ordnung.) — Wir ſind in der Abſtimmung, Herr Kollege Vogel. (Stadtv. Vogel: Na, vor der Abſtimmung! — Heiterkeit.) Sie wollen Ihren Antrag beſonders zur Abſtimmung gebracht haben — das ſehe ich Ihnen am Geſicht an. Das kann ja geſchehen. Allerdings hat Herr Kollege Meyer eine Vertagung des Antrages durch ſeinen An⸗ trag involviert, aber ich glaube mich mit Herrn Kol⸗ legen Meyer im Einverſtändnis zu befinden, wenn ich über den Antrag Vogel allein abſtimmen laſſe, allerdings auch mit dem Hinweis, ihn zu vertagen durch Ueberweiſung an den Magiſtrat zur Ueber⸗ mittlung an die Deputation.