Sitzung vom 13. März 1912 Stadtv. Meyer (zur Geſchäftsordnung): Der Herr Vorſteher hat eine Frage an mich gerichtet; ich will ſie nur dahin beantworten, daß ich mit dieſer Behandlung ganz einverſtanden bin, da ich ja bean⸗ tragt habe, beide Anträge der Deputation zu über⸗ weiſen. Stadtv. Vogel (perſönliche Bemerkung): Meine Herren, ich glaube, jeder wird aus meinen Ausfüh⸗ rungen erſehen haben, daß ich nicht wünſche, daß die Sache noch durch eine lange Ausſchußberatung hingezogen wird. Die Sache zieht ſich ſo ſchon bei⸗ nahe ein halbes Jahr hin. (Rufe: Nerſönlichl) — Ja, das iſt meine perſönliche Meinung; (Heiterkeit) und ſie iſt zutreffend. (Erneute Heiterkeit.) Vorſteher Kaufmann: Ich bitte diejenigen Her⸗ ren, die den Antrag Vogel dem Magiſtrat als Ma⸗ terial für die Deputation überweiſen wollen, die Hand zu erheben. 2 (Geſchieht.) Das iſt die Mehrheit. (Rufe: Einſtimmig!) — Es iſt Einſtimmigkeit. Ich nehme an, mit derſelben Majorität über⸗ weiſen Sie auch den Antrag Meyer an den Magiſtrat zur Uebermittlung an die Deputation als Material. — Da ich keinen Widerſpruch höre, iſt auch hier ſo beſchloſſen. Wir kommen nunmehr zu Punkt 9 der Tages⸗ ordnung: Antrag der Stadtv. Bade und Genoſſen betr. Bade⸗ anſtalt. Druckſache 47. Der Antrag lautet: Die ſtädtiſche Badeanſtalt darf aus andern als betriebstechniſchen Gründen an einem Wochentage, vor allem an einem Sonnabende, nicht vorzeitig geſchloſſen werden. Antragſteller Stadtv. Wilk: Meine Herren! Am Sonabend, den 27. Januar, iſt es recht unangenehm empfunden worden, daß die hieſige Volksbadeanſtalt ſchon mittags um 12 Uhr geſchloſſen worden iſt. Bei aller Hochachtung der Feſte, die Sie zu feiern be⸗ lieben, meine Herren, halten wir es aber doch für höchſt unangebracht, wenn man bei der Unzulänglich⸗ keit unſerer hieſigen öffentlichen Badeeinrichtungen die Badeanſtalt ſchon des Mittags um 1 Uhr ſchließt. Es mag dieſe Maßnahme wohl angängig ſein bei den Bureaus und in Geſchäftsſtellen, in denen um 1 Uhr der Verkehr mit dem Publikum, überhaupt mit der Oeffentlichkeit im allgemeinen aufhört. Das trifft aber hier bei unſerer Badeanſtalt keineswegs zu, und ganz beſonders am Sonnabend, wo die Fre⸗ quenz in unſerer hieſigen Volksbadeanſtalt ſo unge⸗ 141 heuer groß iſt, und gerade um die Zeit, etwa um 2 Uhr einſetzt, iſt es ungemein bedauerlich, daß man ſich dazu entſchloſſen hat, dieſe Inſtitution zu ſchließen. Aus denſelben Gründen müßte man ſchließ⸗ lich auch andere ſtädtiſche Inſtitutionen ſchließen, wie beiſpielsweiſe das ſtädtiſche Gaswerk oder das ſtädtiſche Elektrizitätswerk. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Alſo es geht da auch nicht. Was da nicht möglich iſt, können wir ſchließlich auch hier bei der Volksbade⸗ anſtalt nicht zulaſſen. Meine Herren, wir handeln hier lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen, aus Gründen des Bedürf⸗ niſſes. Das Publikum iſt ſehr ungehalten darüber geweſen, das iſt uns mehrfach mitgeteilt worden. Wir möchten Sie dringend bitten, derartiges für die Zukunft wenigſtens zu unterlaſſen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Otto: Meine Herren! Meine Freunde ſind nicht in der Lage, dem Antrage des Herrn Kol⸗ legen Wilk und ſeiner Freunde zuzuſtimmen. (Stadtv. Hirſch: Erſt wollten Sie dochl) — Ja, wir wollten erſt. Da Herr Kollege Hirſch nun einmal weiß, was in unſeren Fraktionsproto⸗ kollen ſteht, ſo habe ich keine Veranlaſſung, hier zu verſchweigen, daß wir erſt den Antrag in unſerer Fraktion angenommen hatten, und zwar ſagten wir uns: das iſt eine verſtändige Anregung — warum ſoll nicht auch einmal von ſozialdemokratiſcher Seite eine verſtändige Anregung kommen? —, (Heiterkeit) wir ſtimmen der Sache zu, weil wir immer die Sache über die Perſon ſtellen. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wir hatten allerdings bei dem Antrage, der — nun, wir wollen mal ſagen: geſchickt abgefaßt war, (Sehr richtig!) mindeſtens allgemein gehalten war, während jetzt, wie aus der Begründung des Herrn Kollegen Wilk ganz deutlich hervorgeht, von einem ganz ſpeziellen Fall die Rede iſt wir hatten allerdings eine all⸗ gemeine Bedeutung vorausgeſetzt und nicht daran ge⸗ dacht, daß es ſich um Kaiſersgeburtstag handelt. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Nette Patrioten!) — Auf den Patriotismus kommen wir noch. — Dar⸗ um ſtimmten wir zu. Ich bedaure nun, daß wir unſer Urteil darüber, daß auch von der ſozialdemo⸗ kratiſchen Fraktion in dieſer Verſammlung mal eine verſtändige Anregung kommen kann, erheblich revi⸗ dieren müſſen nach der Begründung, die wir eben gehört haben. (Stadtv. Zietſch: Faul!)