142 — Ob das faul iſt oder nicht, Herr Kollege Zietſch, das wollen Sie unſerm Urteil überlaſſen. (Rufe bei den Sozialdemokraten: Nee, nee, nee! Das werden wir auch ſchon beurteilen können!) — Beurteilen Sie zunächſt einmal die Begründung Ihres Fraktionsredners. (Stadtv. Hirſch: Die war ſehr gut!) — Ich werde Ihnen nachweiſen, wie „ſehr gut“ ſie war: er hat erſt von dem Schluß um 12 Uhr ge⸗ ſprochen und hat im Laufe ſeiner Rede ſich ſelbſt ver⸗ beſſert auf 1 Uhr (Stadtv. Wilk: Verſprechen! — Stadtv. Zietſch: Iſt Ihnen auch ſchon paſſiert!) — das iſt ein Verſprechen, ſchön —; nun aber iſt die Badeanſtalt in Wirklichkeit an jenem Tage um 3 Uhr geſchloſſen worden! (Stadtv. Erdmannsdörffer: Hört! hört!) So informiert iſt der von Ihnen beſtimmte Redner, und eine ſolche Begründung nennen Sie „ſehr gut!“ (Stadtv. Hirſch: Im Vergleich zu Ihrer!) Sie haben wirklich an Beſcheidenheit in dieſer Be⸗ ziehung das Menſchenmögliche geleiſtet, (Bravo! und Heiterkeit) und ich kann Ihnen nur wünſchen, daß nach dieſer Richtung Ihre Beſcheidenheit auch weiter Früchte trägt. Das führt mich nun aber auf die Sache ſelbſt. Eine Benutzungsordnung beſteht ſeit dem Jahre 1903. Es iſt Sache der betreffenden Deputation, dieſe Be⸗ nutzungsordnung feſtzuſtellen. Ich habe mich über die Angelegenheit vorher informiert: in den Akten des Magiſtrats — der Herr Magiſtratsvertreter wird, wenn er ſonſt Veranlaſſung hat, in die Debatte ein⸗ zugreifen, das vielleicht auch noch erwähnen findet ſich ausdrücklich ein Paſſus mit der Bitte, an Kaiſers⸗ geburtstag die Badeanſtalten früher ſchließen zu dür⸗ fen, da der Beſuch am Nachmittag dieſes Tages außerordentlich nachlaſſe 5 (Hört! hört!) und in keinem Vergleich mit dem ſonſtigen Beſuch ſtehe. Meine Herren, wenn das ſo iſt — und das iſt hier aktenmäßig feſtgelegt —, dann rückt die Be⸗ gründung des Herrn Kollegen Wilk, daß weite Kreiſe der Bürgerſchaft über den Schluß, der ſeit neun Jahren angeſchlagen ſteht, der keineswegs eine Ueberraſchung bringt, ſich in Erregung befunden haben, in ein ſehr eigenartiges Licht. (Stadtv. Wilk: Am Sonnabend!) Ich meine alſo, daß der Grund abſolut nicht verfängt. Im Gegenteil, wenn wir die Sache auf ihre ſachliche Bedeutung zurückführen, läßt ſich nicht verkennen, daß hier ein agitatoriſches Moment weſentlich mitge⸗ ſprochen hat. (Widerſpruch bei den Sozialdemokraten.) Sitzung vom 13. März 1912 Einem ſolchen Vorgehen ſchließen wir uns nicht an, und da wir ſachlich nicht überzeugt worden ſind, aus der Begründung auch nicht überzeugt werden konnten, daß es ſich um ein Bedürfnis der Bürgerſchaft han⸗ delt, ſo lehnen wir den Antrag ab. (Bravo! bei den Liberalen.) Stadtrat Dr Gottſtein: Ich wollte die Mittei⸗ lung des Herrn Stadtv. Otto dahin beſtätigen, daß mit der Begründung eines ſehr geringen Verkehrs der Antrag auf Schließung der Badeanſtalt am 27. Januar und an anderen Tagen 1903 geſtellt und um dieſelbe Zeit bewilligt worden iſt. Ein Befremden der Bevölkerung kann aus dem Grunde nicht vorliegen, weil erſtens die Badeord⸗ nung ſelbſt überall verbreitet iſt, und weil ferner eine Reihe Tage vorher ſchon ein Anſchlag in der Badeanſtalt darauf hinwies, daß am 27. Januar um 3 Uhr geſchloſſen wird. Wenn die Herren ſich darüber ſo aufregen, daß gerade am Sonnabend von 3 Uhr ab der Bevölkerung die Möglichkeit, zu baden, entzogen wird, ſo mache ich darauf aufmerkſam, daß dieſe Frage erſt 1918 wieder akut werden wird, und daß genügend Zeit iſt, zu überlegen, ob wir eine Aenderung eintreten laſſen wollen. Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Meine Freunde haben einen ähnlichen Beſchluß, wie die liberale Fraktion, nicht gefaßt; wir waren in dieſem Falle etwas vorſichtiger und hatten in unſer Protokoll geſchrieben: Begründung bleibt abzuwarten. (Stadtv. Hirſch: Bravo!) Nachdem wir nun die Begründung heute von der ſozialdemokratiſchen Fraktion gehört haben, haben wir allen Anlaß, dem Antrage nicht zuzuſtimmen. Wir ſind der gleichen Anſicht wie Herr Kollege Otto, daß es ſich weſentlich um einen agitatoriſchen Antrag handelt. Herr Kollege Otto und der Herr Magiſtrats⸗ vertreter haben Ihnen bereits mitgeteilt, daß irgend⸗ welche Zweckmäßigkeitsgründe oder Gründe des Be⸗ dürfniſſes, wie Herr Kollege Wilk es nannte, nicht vorliegen. Meine Herren, der Herr Antragſteller hat ge⸗ ſagt: da müßten wir ja auch die Gasanſtalt an dem Tage ſchließen. Nein, meine Herren, ſo liegt es doch nicht. Das Gas können wir nicht an einem anderen Tage den Konſumenten für den Sonnabend zuführen, ebenſowenig wie die Elektrizität. Derartige Betriebe können nicht ſchließen. Wohl aber kann jemand, der baden will, ebenſogut am Freitag oder Sonntag oder Montag baden wie am Sonnabend. Und wir haben alle Veranlaſſung, auch unſerem Badeperſonal die Möglichkeit zu geben, an Kaiſers Geburtstag zu feiern, (Sehr richtig!) wie es in anderen Betrieben auch geſchieht, wo es irgend möglich iſt, und wir werden an dieſem Stand⸗ punkt feſthalten. Wir werden daher den Antrag ein⸗ ſtimmig ablehnen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren! Es iſt ein Irrtum der Herren Kollegen Otto und Stadthagen,