Sitzung vom 17. April 1912 polizei könnte anders urteilen; indeſſen es wäre doch gut, wenn man für den unvorhergeſehenen Fall, daß die Verkehrspolizei nicht zuſtimmte, die Worte ſtehen ließe. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antage des Ausſchuſſes, wie folgt: 1. Dem Entwurf für eine ſtraßenmäßige Neuein⸗ teilung der Tauentzien⸗ und Kleiſtſtraße zwiſchen dem Auguſte⸗Viktoria⸗Platz und dem Nollendorfplatz wird zugeſtimmt. 1I. Die hierbei auf die Stadt entfallenden Koſten des erſten Bauabſchnittes (zwiſchen Auguſte⸗ Viktoria⸗Platz und Nettelbeckplatz, mit 70 500 %ℳ werden aus dem Dispoſitionsfonds des Etatsjahres 1911 und, ſoweit dieſer nicht ausreicht, aus laufenden Mitteln desſelben Etatsjahres gedeckt. Die Koſten des zweiten Bauabſchnittes (zwiſchen Nettelbeckſtraße und Nollendorfplatz) in Höhe von 65 450 ℳ ſind aus dem Straßenbauetat des betreffenden Aus⸗ führungsjahres zu beſtreiten. III. Der Magiſtrat wird ermächtigt, die Fahrdamm⸗ breiten auf 8,5 m zu verringern — wenn dies möglich iſt zwecks Verbreiterung der Mittelpromenade.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 19 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Gewährung von Teuerungszulagen. Druckſache 127. Berichterſtatter Stadtv. Meyer: Meine Herren! Die Vorlage kommt in ihren weſentlichen Zügen den Wünſchen entgegen, die von den verſchiedenen Frak⸗ tionen der Stadtverordnetenverſammlung wiederholt geäußert worden ſind, und iſt inſofern zu begrüßen. Ich freue mich namentlich, daß ſich der Magiſtrat mit uns auf denſelben Boden geſtellt hat, indem er das tatſächliche Vorhandenſein einer Teuerung an⸗ erkennt. Wenn der Magiſtrat hierbei den Prozentſatz der Zunahme der Preiſe verhältnismäßig gering an⸗ ſetzt — auf Grund einer an ſich natürlich richtigen Statiſtik —, ſo bedarf es vielleicht der Hervorhebung, daß dieſe 7½% ein Durchſchnittsbetrag ſind, und daß der Prozentſatz, der namentlich für die Nahrungs⸗ mittel der minderbemittelten Bevölkerungsklaſſen in Betracht kommt, vor allen Dingen für Kartoffeln, erheblich höher iſt. Ich ſtimme auch dem Magiſtrat darin zu, daß die Beihilfe, die gewährt werden ſoll, als eine einmalige betrachtet wird, daß alſo nicht daran gedacht wird, an den Grundlagen unſeres Normaletats etwas zu ändern, dieſer vielmehr ſo bemeſſen worden iſt, daß er durch ungünſtige Kon⸗ 4 nicht über den Haufen geworfen werden arf. Die Abſicht, welche die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung von vornherein hatte, war die, mit Rück⸗ ſicht auf die Teuerung möglichſt vor dem Weihnachts⸗ feſte den Angeſtellten der Stadt, die ein Einkommen von nicht mehr als 2000 ℳ haben, eine Beihilfe zu gewähren, ähnlich wie es in anderen Kommunen ge⸗ ſchehen iſt. Wir waren uns hierbei darüber klar, daß der Betrag von 40 ℳ, der in anderen Kommunen ge⸗ geben worden iſt, nicht erheblich iſt. Aber er genügt doch, gewiſſe notwendige Anſchaffungen zu erleichtern oder überhaupt zu ermöglichen. Leider hat ſich die Sache arg verzögert; doch auch jetzt ſehen wir die 177 Beihilfe ſo an, daß ſie zur Beſtreitung ſolcher An⸗ ſchaffungen dienen ſoll, die vielleicht zurückgeſtellt ſind. Deshalb wird auch trotz der geringen Höhe der in Frage kommende Betrag den Empfängern will⸗ kommen ſein. Womit ich nicht einverſtanden bin, das iſt die Struktur, die der Magiſtrat der Beihilfe gibt, indem er ſie lediglich in die Geſtalt einer Familienzulage kleidet. Meine Herren, ich darf daran erinnern, daß im Jahre 1909, als zum erſten Male die Ein⸗ richtung der Familienzulage bei uns eingeführt wurde, eine ſehr lebhafte prinzipielle Gegnerſchaft dagegen vorhanden war. Wir haben damals in unſerer großen Mehrheit uns für dieſe Einrichtung entſchieden, aber unter ganz beſtimmten Voraus⸗ ſetzungen. Zunächſt iſt bereits bei Einbringung des Normaletats im Jahre 1909 vom Magiſtrat und vom Referenten feſtgeſtellt worden, daß die Familien⸗ zulage eine außerhalb der Beſoldung ſtehende Ver⸗ günſtigung ſein, alſo nicht dazu dienen ſoll, etwa das allgemeine Einkommen zu ſchmälern, ſondern daß ſie zu dem normalen Einkommen hinzutreten ſoll für diejenigen, die mehrere Kinder haben. In der Kommiſſion iſt noch ausdrücklich feſtgeſtellt worden, — das wurde dann auch hier im Plenum kon⸗ ſtatiert — daß es ſich nicht um eine Alimentation für jedes Kind, ſondern um eine Unterſtützung für außer⸗ gewöhnliche Bedürfnisfälle handeln ſoll. Demgemäß iſt die Zulage entſprechend der Magiſtratsvorlage nur für Familien mit mehr als drei Kindern be⸗ ſchloſſen worden. Die jetzige Vorlage widerſpricht dieſen Voraus⸗ ſetzungen in zweifacher Richtung. Einmal iſt es keine außerhalb des Normalen ſtehende Ver⸗ günſtigung, ſondern ſie wird, von den Ledigen ganz abgeſehen, nur den Verheirateten gewährt, die Kinder haben; ſie wird denjenigen vorenthalten, die zwar verheiratet, aber kinderlos ſind, und erſt recht allen denjenigen, die einen eigenen Hausſtand haben, ohne verheiratet zu ſein. Ferner iſt eine Aenderung gegen unſer damaliges Prinzip darin zu erblicken, daß die Familienzulage nicht erſt von einer beſtimmten Kin⸗ derzahl an gewährt wird, nicht nur für außeror⸗ dentliche Bedürfnisfälle, ſondern daß für jedes Kind eine beſtimmte Summe ausgeſetzt iſt alſo die Ali⸗ mentation für jedes Kind, die wir damals aus⸗ 70 als das nicht zu Erſtrebende angeſehen aben. Ich ſehe in dem Letzteren etwas Bedenkliches, auch weil unſer Vorgehen doch immerhin vorbildlich ſein ſoll für private Betriebe und deshalb hier ein Präjudiz geſchaffen werden könnte, das von zweifel⸗ haftem Wert wäre. Noch ſtärker und ausſchlaggebend ſind aber für mich die Momente, die dagegen ſprechen, daß die Angeſtellten, welche Kinder haben, eine Bei⸗ hilfe bekommen, die den anderen, die einen eigenen Hausſtand, aber keine Kinder haben, vorenthalten wird. Der Wunſch, eine gleiche Behandlung unſerer An⸗ geſtellten mit denen anderer Kommunen zu erzielen, geht damit nicht nur nicht in Erfüllung, ſondern es werden auch innerhalb unſerer Angeſtellten neue Unterſchiede geſchaffen, die meiner Ueberzeugung nach der Unzufriedenheit, zu nicht unberechtigter Un⸗ zufriedenheit führen können. Der Magiſtrat kann nicht ſo weit in die Verhältniſſe des Einzelnen hinein⸗ leuchten, um feſtzuſtellen, ob die, welche keine Kinder haben, die Beihilfe nicht brauchen, während die übrigen, die Kinder haben, ihrer bedürftig ſind. Deshalb, meine Herren, komme ich dazu, Ihnen zwar die Magiſtratsvorlage an ſich zu empfehlen,