Sitzung vom 17. April 1912 Berechnung hineinziehen würde, ſo würde dieſes Ver⸗ fahren das Ergebnis des Durchſchnittes herabdrücken. Das iſt aber jetzt nur ein Streit um Kaiſers Bart, möchte ich ſagen. Wir ſind ja darin einig, daß wir eine gewiſſe Teuerung anerkennen wollen; ob wir ſie auf 7, 7,5 oder 8% bemeſſen, halte ich für neben⸗ ſächlich. Ich bin auch dankbar dafür, daß der Herr Re⸗ ferent anerkannt hat, daß die Vorlage des Magiſtrats von dem Beſtreben geleitet geweſen iſt, in der Meinungsverſchiedenheit, die ſich über dieſe Fragen zwiſchen Magiſtrat und Stadtverordnetenverſamm⸗ lung entſponnen hatte, einen Ausgleich zu finden. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß das das ehrliche Beſtreben des Magiſtrats geweſen iſt, ſowohl in der gemiſchten Deputation wie im Magiſtrat ſelbſt. Auch wenn ſich, falls der Antrag des Herrn Referenten angenommen werden ſollte, neue Schwierigkeiten entwickeln ſollten, ſo glaube ich nichtsdeſtoweniger die Ueberzeugung ausſprechen zu können, daß der Ma⸗ giſtrat auch einer derartigen neuen Sachlage gegen⸗ über den Standpunkt einer Verſtändigung nicht auf⸗ geben, ſondern bemüht ſein wird, dieſem Ziele nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Inwieweit die Geſichtspunkte, die von dem Herrn Referenten dar⸗ gelegt worden ſind, eine ſo überzeugende Kraft haben werden, um eine vollſtändige Zuſtimmung des Ma⸗ giſtrats zu den Anträgen des Herrn Referenten her⸗ beizuführen, vermag ich heute nicht zu ſagen, weil wir uns — der Magiſtrat und ich — vor einer weſentlich ver⸗ änderten Auffaſſung befinden, einer Auffaſſung aber, die in der gemiſchten Deputation in dem grundſätz⸗ lichen Geſichtspunkte der Einbeziehung der kinder⸗ loſen Eheleute nicht die Zuſtimmung gefunden hat. Meine Herren, wenn ich die Ausführungen des Herrn Referenten recht verſtanden habe, ſo waren ſie hauptſächlich von dem Argument beeinflußt, daß in der Vorlage des Magiſtrats eine Ausgeſtaltung der Familienzulagen in die Wege geleitet werde, die über die hierfür vereinbarten Grundlagen hinausgeht. Ich möchte von vornherein ſagen, daß der Magiſtrat dieſe Vorlage keineswegs als den Anfang eines wei⸗ teren Ausbaues der Familienzulagen, die als Be⸗ ſtandteil des Normaletats, wenn auch außerhalb des Normaletats, geſchaffen worden ſind, an⸗ geſehen hat. Die Familienzulagen und die Grund⸗ ſätze, die für ſie aufgeſtellt worden ſind, ſollen durch dieſe Vorlage vollſtändig unverändert bleiben. Ich kann auch nicht anerkennen, daß der Magiſtrat jetzt weſentlich andere Grundſätze zur Anwendung gebracht hat, als ſie früher von ihm für die Charakteriſierung der Familienzulagen anerkannt worden ſind. Wenn der Magiſtrat früher erklärt und mit Ihnen auf dem Boden geſtanden hat, daß die Familienzulagen etwas ſeien, was außerhalb der Beſoldung ſtehe und eine Vergünſtigung bedeute, die lediglich dem normalen Einkommen hinzutreten ſoll, ſo ſehe ich nicht, wie durch die heutige Vorlage des Magiſtrats an dieſem Standpunkt etwas geändert wird. Was hier gegeben wird, wird ja auch unter dem Geſichtspunkt anor⸗ maler Verhältniſſe, nämlich der Teuerung, gegeben und kann nur unter dieſem Geſichtspunkt verſtanden werden. Der Herr Referent hat gemeint, wir hätten doch bei dieſer Teuerungsvorlage uns gegenwärtig zu halten, daß wir durch unſere Beſchlüſſe für andere Kommunen, insbeſondere auch für Private, ein Vor⸗ bild geben wollten. Ja, meine Herren, ich glaube, wir ſind am Ende derartiger Maßnahmen; wir werden wahrſcheinlich — ich möchte mit dem Herrn 179 Referenten ſagen: bedauerlicherweiſe — die letzten ſein, die eine derartige Maßnahme durchführen. Alſo von einem Vorbilde für den Fall einer Teuerungs⸗ zulage kann mit Bezug auf die heutige Beſchluß⸗ faſſung ſchon deshalb nicht mehr die Rede ein. Wir kommen, um ein Vorbild zu geben, post festum. Im übrigen, meine Herren, haben ſich gerade eine Reihe von privaten großinduſtriellen Unternehmungen und auch Kommunen, ſoweit ſie Teuerungszulagen ge⸗ geben haben, mit Ausnahme der großberliner Ge⸗ meinden nach meiner augenblicklichen Kenntnis der Verhältniſſe faſt überall auf Kinderzulagen, Fa⸗ milienzulagen uſw. beſchränkt. Nur hier in Groß⸗ berlin iſt der — meines Erachtens etwas ſchematiſche — Satz von 40 pro Kopf gewährt und iſt auch von Ihnen bisher lediglich als das einzige Mittel einer Teuerungszulage behandelt worden. Wenn wir Teuerungszulagen im Wege der vom Magiſtrat vor⸗ geſchlagenen Kinder⸗ und Familienzulage gewähren, ſo würden wir zwar kein Vorbild mehr nach dieſer Richtung geben, wir würden aber einer ganzen Reihe uns gegebener Beiſpiele, und mit gutem Recht, nach⸗ folgen umſomehr, als ſie ſich unſerem Syſtem voll⸗ kommen bequem anpaſſen laſſen. Nichtsdeſtoweniger kann man natürlich auch über dieſen Geſichtspunkt verſchiedener Meinung ſein, wie ich gern zugeben will. Unſer gemeinſames Beſtreben iſt es, in den durch die Teuerung entſtandenen Erſchwerungen des Lebensunterhalts zu helfen. Der Herr Referent hat errechnet, daß der von ihm vertretene Antrag einen Aufwand von ungefähr 50 000 ℳ beanſpruchen wird, der von uns eingebrachte Antrag verlangt einen Aufwand von 48 000 ℳ. Alſo das geſamte Ausmaß der Hilfe, die wir gewähren wollen, bleibt auf beiden Seiten dasſelbe, und wir ſtreiten uns gewiſſermaßen nur um den Verteilungsmaßſtab. Sie wollen zu der nach der Magiſtratsvorlage mit einer Unterſtützung bedachten Zahl von 1143 Zulageempfängern noch diejenigen hinzunehmen, die als kinderloſe Ehepaare bezw. als Haushaltungen in weiterem Sinne in der Magiſtratsvorlage nicht bedacht ſind. Eine zu⸗ verläſſige Schätzung der Zahl dieſer Perſonen kann ich im Augenblick nicht geben, da die Zeit zu kurz war, um das feſtzuſtellen. In unſeren Verwal⸗ tungsſtellen iſt die Zahl dieſer Zulageempfänger von 300 bis 400 angenommen worden, ſo daß nach Ihrem Antrage die Anzahl der Perſonen, die eine Unterſtützung bekommen würden, gegenüber der Vorlage des Magiſtrats um dieſe Zahl wächſt. Wenn wir dabei ſchließlich zu derſelben End⸗ ſumme kommen, ſo kann das natürlich nur dadurch geſchehen, daß einer größeren Anzahl derjenigen Leute, die nach der Magiſtratsvorlage eine höhere Teuerungszulage bekommen würden, das Mehr vor⸗ enthalten wird. Es liegt ja auf der Hand: nach Ihrem Antrage ſollen bis zu 3 Kindern 30 % gegeben werden, nach der Vorlage des Magiſtrats würden bei 3 Kindern 60 ℳ gegeben werden. Alſo ſo viele Familien, als z. B. mit 3 Kindern vorhanden ſind, werden nach Ihrem Antrage, wenn er angenommen würde und zur Durchführung gelangte, ſchlechter weg⸗ kommen als nach der Magiſtratsvorlage. Selbſt bei der Zahl der Familien mit nur 2 Kindern tritt ſchon eine Differenz von 10 ℳ ein, indem nach der Ma⸗ giſtratsvorlage 40 ℳ gezahlt werden ſollten, nach Ihrem Antrage nur 30 % gezahlt werden. Die Zahl der hierdurch betroffenen Empfänger kann ich nun genau angeben: es ſind insgeſamt 354 Familien, welche 2 Kinder haben, 199, welche 3 Kinder haben.