Sitzung vom 8. Mai 1912 jenigen Schulen nicht zu berückſichtigen, welche Schülerinnen beſtimmter konfeſſioneller Be⸗ kenntniſſe ausſchließen. Ich ſagte im Eingange meines Berichts, daß zu den übrigen Punkten, die Sie in der Vorlage finden, ohne weiteres die Zuſtimmung des Ausſchuſſes vor⸗ handen war. Namentlich war einmütige Zuſtimmung zu dem vorhanden, was unter I 1 ausgeführt iſt, daß die Freiſtellen den Privatſchulen erſetzt werden müſſen. Ferner war einmütige Zuſtimmung vor⸗ handen zu dem, was unter 1II geſagt iſt: Zur Unterſtützung für das Jahr 1911 wird den Schulen, die anerkannt ſind oder ihre An⸗ erkennung beantragt haben, ein Betrag von 12 000 ℳ. bewilligt. Ebenſo war die Mehrheit des Ausſchuſſes mit dem Punkt 1 2 einverſtanden: Durch Gewährung eines Kopfbeitrages von 25 %ℳ für alle diejenigen einheimiſchen Schüle⸗ rinnen ſämtlicher Klaſſen, für welche ein Schul⸗ geld von nicht mehr als 150 ℳ erhoben wird. Dabei ſollen in Zukunft Ermäßigungen des Schulgeldſatzes auf einen Beitrag von 150 ℳ und weniger der Zuſtimmung des Magiſtrats bedürfen und erſt für das nächſte Rechnungs⸗ jahr berückſichtigt werden, während Einzel⸗ ermäßigungen von Schulgeld überhaupt nicht in Betracht gezogen werden ſollen. Punkt IV der hier vorliegenden Anträge iſt eine ganz formelle Angelegenheit, ſie erledigt ſich ohne weiteres, daß nämlich in Zukunft die privaten höheren Mädchenſchulen an die Deputation für das höhere Mädchenſchulweſen abgegeben werden ſollen, die in der Stadtverwaltung ſeinerzeit eingerichtet worden iſt. Ich empfehle Ihnen die Annahme der vom Aus⸗ ſchuß geſtellten Anträge. Stadtv. Dr Liepmann: Meine Herren! In der Veränderung, die der Ausſchuß vorſchlägt, ſehen meine Freunde eine wichtige und mit Freude zu be⸗ grüßende Verbeſſerung. Es iſt ja allerdings wahr, daß, wenn Sie den auf die Verſicherung bezüglichen Antrag annehmen, ein Teil der Lehrerinnen zu⸗ nächſt nicht der Wohltat der ſtädtiſchen Unterſtützung teilhaftig werden wird. Ich betone aber das Wort „zunächſt“; denn ich bin ſicher, daß mit der Zeit eine Vorlage wie die unſrige, in der richtigen Weiſe aus⸗ geführt, den Widerſtand der Schulvorſteherinnen, die konfeſſionelle Engherzigkeit treiben, brechen wird. Ich freue mich, daß anſcheinend der Widerſtand, der von einigen hervorragenden Vertretern der liberalen Fraktion in der Kommiſſion gegen dieſen Zuſatz⸗ antrag gemacht worden iſt, aufgegeben worden iſt, und ich hoffe, daß die Fraktion ſich ganz auf unſern Standpunkt ſtellen wird. Ich hoffe dasſelbe von der ſozialdemokratiſchen Fraktion. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Nein!) — Nicht? Dann muß ich ſagen, daß die ſozial⸗ demokratiſche Fraktion nicht in Anſpruch nehmen kann, daß ſie die Verfechterin der Gleichberechtigung iſt. Mñʃeine Herren, alle die Gründe, die ſchon der Herr Berichterſtatter vorgebracht hat, ſind nach un⸗ 197 ſerer Anſicht nicht ſtichhaltig. Da iſt geſagt worden, eine derartige Einſchränkung treffe die Schulen und nicht die Lehrerinnen. Zunächſt trifft ſie jedenfalls die Schulen, die Schulen und die Schulvorſteherin⸗ nen; denn durch eine ſolche Zurückſetzung der konfeſ⸗ ſionell engherzigen Schulen wird von dieſer Ver⸗ ſammlung und von der ganzen Stadtverwaltung ein moraliſches Stigma auf dieſe Schulen geworfen, ſie werden gewiſſermaßen zurückgeſetzt. Das trifft die Lehrerinnen zunächſt nicht, denn die haben die freie Wahl, an welchen Schulen ſie ſich engagieren laſſen wollen, um zu unterrichten. Jedenfalls werden nach dem Geſetz der Auswahl die fähigſten Lehrerinnen ſich diejenigen Schulen wählen, die einmal dem all⸗ gemein richtigen Prinzip der Gleichberechtigung hul⸗ digen und durch die ſtädtiſche Verwaltung auch dieſe Zenſur bekommen, Anſtalten, die ihnen dann aber auch die größten Vorteile bieten, insbeſondere eine Sicherſtellung für das Alter. Wenn die fähigſten Lehrerinnen an dieſe Schulen gehen, dann bleibt den intoleranten Schulen gewiſſermaßen nur die zweite Garnitur. Darüber werden ſich die Eltern der Schü⸗ lerinnen auch bald klar werden, und werden die meiſten doch lieber ihre Mädchen in die von der Stadt unterſtützten toleranten Schulen ſenden als in die anderen, die zurückſtehen. Nun tut es uns ja trotzdem, wie ich ſchon im Anfang ſagte, leid, daß junge Mädchen die Unter⸗ ſtützung für ihre Penſionsverſicherung ſtädtiſcherſeits nicht erhalten ſollen, teils weil ſie eine Stellung ſuchen müſſen und deshalb an dieſen intoleranten Schulen zu unterrichten gezwungen ſind, aber auch dann, wenn dieſe Lehrerinnen unverſtändigerweiſe lieber an ſolchen exkluſiven Schulen unterrichten. Aber, meine Herren, es hieße doch den Charakter der Vorlage falſch deuten, wenn dies Mitgefühl aus⸗ ſchlaggebend ſein ſollte. „En Vorlage iſt doch nur eine Vorlage zur Unterſtützung der anerkannten höhe⸗ ren Mädchenſchulen und nicht eine Vorlage zur ſozia⸗ len Fürſorge unter Heraushebung einer beſtimmten ganz kleinen Klaſſe, von der ich allerdings zugebe, daß ſie meine vollſte Sympathie zu haben verdient und daß ſie ſchwer mit der Not des täglichen Lebens zu kämpfen hat. Wie kämen wir denn dazu, gerade nur dieſe Klaſſe herauszuheben, unſere ſoziale Für⸗ ſorge auf ſie allein auszudehnen! Mit demſelben Rechte können ſehr viele andere Klaſſen dasſelbe ver⸗ langen. Ich erinnere Sie nur an die Lehrer an den Knabenſchulen, die nicht von der Stadt abhängen, ferner an Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen, die einen ſehr ſchweren Beruf haben, der es ihnen nicht ermöglicht, viel zurückzulegen, und die ſich im Alter mit ihrer geringen geſetzlichen Penſion begnü⸗ gen müſſen. Ich erinnere Sie ferner an unſere Privatbeamten und unſere Handwerker, an die vielen Gewerbetreibenden des Mittelſtandes, denen es allen ganz gleich geht. Wir denken doch nicht daran, denen Penſionen für ihr Alter auszuſetzen. Alſo das müſſen wir betonen: der Gedanke, gerade den Lehrerinnen an den höheren Privatmädchenſchulen eine höhere Penſion für ihr Alter mit ſtädtiſchen Geldern zu ſchaffen, iſt nicht dem Gedanken entſprungen, daß ſoziale Fürſorge getrieben wird, ſondern dem Ge⸗ danken, daß wir den Inſtituten, den Anſtalten, an welchen ſie unterrichten, helfen und ſie lebensfähig erhalten wollen. Weiter iſt das Argument angeführt worden, daß jetzt in Ausſicht genommen werde, eine Vorlage aus⸗ zuarbeiten, wonach die privaten Lehrerinnen unter