198 Anrechnung ihrer Dienſtzeit an die ſtädtiſchen Schulen eventuell ubernommen werden dürfen, und daß wir dann dieſelben Beſchränkungen hier auferlegen müßten. Meine Herren, das iſt ein ganz falſches Beiſpiel. Wenn es ſich darum handelt, daß Lehre⸗ rinnen von Privatmädchenſchulen in ſtädtiſchen Dienſt übernommen werden ſollen, ſo hat die Stadtverwal⸗ tung die Wahl, ſie kann ſich ausſuchen, welche Damen ſie dafür für geeignet hält, welchen ſie die Begünſti⸗ gung zuteil werden laſſen will. Hier bei der Alters⸗ verſorgung hätte die Stadtverwaltung nicht die Wahl, wir müßten unterſchiedslos für jede Lehrerin Zu⸗ lagen zur Verſicherung gewähren. Außerdem beſteht noch der Unterſchied, daß die Vorlage wegen Ueber⸗ nahme von Privatlehrerinnen unter Anrechnung der Dienſtzeit damit begründet iſt, erſtens die Intereſſen der Lehrerinnen und zweitens die Intereſſen der ſtädtiſchen Schulverwaltung zu berückſichtigen, um die Zuſammenſtellung eines geeigneten Perſonals zu er⸗ möglichen. Das iſt eben, wie ich ausgeführt habe, bei der jetzt uns gemachten Vorlage nicht der Fall. Wie dem aber auch ſei, der Grundſatz der Gerechtig⸗ feit und der Gleichberechtigung muß hier verwirklicht werden. Wir dürfen nicht, wenn auch nur zu einem kleinen Teile, in unſerer Verwaltungspraris dazu beitragen, daß geſagt wird: die ſchönen Worte ſind da, die Taten ſind aber anders. Sollte jedoch ſelbſt eine Verbeſſerung in der Struktur der Privatmädchenſchulen nicht eintreten, wie ich das im Eingang meiner Rede durch die vom Ausſchuſſe beantragte Beſchränkung in Ausſicht ſtellte, ſo bleibt jedenfalls doch das eine, daß wir unſere ſtädtiſchen Mittel, die Mittel der Allgemeinheit, nicht zu verwenden brauchen, um die konfeſſionelle Eng⸗ herzigkeit eines kleinen Teils der Bevölkerung zu befriedigen. Will die Bevölkerung in dieſer intole⸗ ranten Weiſe ihre Kinder eingeſchult ſehen, dann mag ſie das aus der eigenen Taſche tun. Mit dieſer Anſicht ſind wir nun nicht etwa unduldſam, ſondern der Ausſchußantrag hat die Schulvorſteherinnen durchaus nicht in der freien Auswahl ihrer Schüle⸗ rinnen und in der Zuſammenſetzung ihrer Klaſſen be⸗ ſchränken wollen. Das halten wir für einen Vorzug gegen den Antrag, den die liberale Fraktion einge⸗ bracht hat. Meine Herren, damit Sie mich richtig verſtehen: wir wollen durchaus nicht, daß Schulen bei der Verſicherung berückſichtigt werden, die Kon⸗ zeſſionsſchulzen nehmen, die eine oder einige Jüdin⸗ nen ausnahmsweiſe aufnehmen, ſondern wir wollen, daß grundſätzlich und tatſächlich die Aufnahme jüdi⸗ ſcher Mädchen oder, wo es ſich um andere Konfeſſio⸗ nen handelt, Mädchen der anderen Konfeſſionen die Regel bildet und nicht die Ausnahme. Wir wollen jedoch nicht, daß die Schulvorſteherinnen in der Be⸗ ſetzung ihrer Schulen beſchränkt werden. Wir würden es alſo vorziehen, wenn Sie dem Ausſchußantrage zuſtimmten. Wir wollen aber, wenn die liberale Fraktion ſich auf ihren Antrag verſteift, dieſem An⸗ trage zuſtimmen, wenn wir ihn auch für weniger emp⸗ fehlenswert und praktiſch halten. Meine Herren, ich komme zum Schluß und möchte nur noch hinzufügen, daß es der vereinigten alten Fraktion zur beſonderen Genugtuung gereicht, daß ihr einmal Gelegenheit gegeben worden iſt, durch unſere Anregung zum Ausſchußantrag darzutun, daß ſie keineswegs, was ihr früher in verleumderiſcher Weiſe nachgeſagt worden iſt, konfeſſioneller Engher⸗ zigkeit huldige. Wir ſind einſtimmig — meine Herren, einſtimmig — in der Unterſtützung des Aus⸗ Sitzung vom 8. Mai 1912 ſchußantrags, wie Sie uns immer, wenn es ſich dar⸗ um handelt, für Toleranz und Gleichberechtigung aller Bürger einzutreten, einmütig unter dieſem Banner ſinden werden. (Bravo!) Stadtſchulrat Dr. Neufert: Meine Herren! Wir wollen ebenfalls gar nichts von konfeſſioneller Eng⸗ herzigkeit wiſſen. Trotzdem haben wir Ihnen die Vorlage ſo vorgelegt, wie Sie ſie in der Hand haben, und wir glauben, daß in dieſer Vorlage des Magi⸗ ſtrats auch nicht ein Fünkchen zugunſten der kon⸗ feſſtonellen Engherzigkeit ſind findet. Wir haben eine Vorlage gemacht zur Unterſtützung der Privatſchulen, und wir verſtehen darunter, daß ſowohl die Vor⸗ ſteherinnen als auch die Lehrerinnen an den Privat⸗ ſchulen der Unterſtützung durch die Stadt bedürftig ſind. Vorſteherinnen und Lehrerinnen — beide ſollen unterſtützt werden, und beide ſind deſſen bedürftig. Wir haben einen Teil unſerer Vorlage auf die Unterſtützung der Vorſteherinnen bezogen; ſie ſollen eine Entſchädigung für die gewährten Freiſtellen be⸗ kommen, ſie ſollen Kopfbeiträge erhalten. Das iſt eine direkte Unterſtützung der Vorſteherin, ausſchließ⸗ lich der Vorſteherin; denn das Geld, welches hierfür gezahlt wird, fließt allein in den Beutel der Vor⸗ ſteherin. Und hierbei haben wir eine Bedingung ge⸗ ſtellt, die vollſtändig den Wünſchen der beiden Vor⸗ redner entſpricht: die ſollen ausgeſchloſſen ſein, welche ſich bei der Aufnahme von Schülerinnen von kon⸗ feſſionellen Rückſichten leiten laſſen und ſich dadurch unduldſam gegen einen Teil unſerer Mitbürger er⸗ weiſen. Hierin ſind wir einig. Aber, meine Herren, wir haben noch einen zweiten Teil hinzugefügt, wenn auch noch nicht im einzelnen ausgeführt, daß auch die Lehrerinnen an den Privatſchulen eine Unterſtützung erhalten ſollen, nämlich eine ſtädtiſche Beihilfe zu einer auskömm⸗ lichen Verſicherung. In dieſem Falle haben wir im Magiſtrat geglaubt, keine Rückſicht auf die Art der Schule nehmen zu können. Wir haben alſo ſcharf unterſchieden zwiſchen Vorſteherin und Lehrerinnen. Die letzteren erhalten die Beihilfe immer, die erſteren nur, wenn ſie die angegebene Bedingung erfüllen. Ganz richtig iſt geſagt worden, daß der Charakter einer Schule ihr durch die Vorſteherin aufgeprägt wird; ſie allein beſtimmt ihn, ſie allein beſtimmt, was für Schülerinnen aufgenommen werden. Das iſt ja der ſpringende Punkt. Die Lehrerinnen haben dar⸗ auf gar keinen Einfluß. Ebenſowenig wie an un⸗ ſeren öffentlichen Schulen, an den höheren und niede⸗ ren, in politiſcher und religiöſer Beziehung die An⸗ ſicht des Direktors maßgebend iſt für die an derſelben Anſtalt wirkenden Lehrer, ebenſowenig kann die An⸗ ſicht der Vorſteherin für die an der Schule wirkenden Lehrkräfte maßgebend ſein. Ja, wir ſehen es häufig, daß eine Lehrerin an Schulen ganz verſchiedener Art tätig iſt, an Schulen, deren Vorſteherinnen be⸗ züglich der Aufnahme der Schülerinnen den diametral enigegengeſetzten Standpunkt einnehmen. Die Leh⸗ rerinnen ſind alſo für den Ausſchluß von Schülerin⸗ nen nicht mit verantwortlich zu machen. Sie be⸗ dürfen unſerer Unterſtützung, weil ſie bisher nicht ge⸗ nügend ſichergeſtellt worden ſind. Wir haben ſie nun nach verſchiedenen Richtungen hin zu ſichern geſucht, einerſeits für den Fall des Alters und der Invali⸗ dität, andererſeits haben wir ein Mindeſtgehalt für ſie feſtgeſetzt und noch einige andere Bedingungen