Sitzung vom 8. Mai 1912 geſtellt, um ihre Poſttion während ihrer beruflichen Tätigkeit zu ſichern. Ich darf wohl ſagen, daß ich ſehr erfreut war, als ich von ſämtlichen Vorſteherinnen, auch von denjenigen, welche wußten, daß ſie wegen der konfeſſtonellen Klauſel für ihren Beutel keine Unterſtützung erhalten würden, die Erklärung be⸗ kommen habe, daß ſie ſich verpflichten, mit uns ge⸗ meinſam ihre Lehrerinnen auskömmlich zu ver⸗ ſichern und ihnen ein Mindeſtgehalt zu garantieren. Es iſt ja nicht richtig, was vorhin geſagt worden iſt, daß die Lehrerinnen freie Wahl haben, wo ſie unterrichten wollen. Das mag der Fall ſein, wenn die Zahl der Lehrerinnen knapp iſt. Aber in der gegenwärtigen Zeit, wo wir eine ſehr ſtarke Ueber⸗ produktion von Lehrerinnen haben und wo ſich alles nach der Großſtadt drängt — aus Gründen, auf die ich hier nicht weiter eingehen kann —, da iſt gar nicht anzunehmen, daß die Lehrerinnen in die Lage kom⸗ men, ſich beliebig zu wählen, wo ſie angeſtellt werden wollen, ſie müſſen vielmehr immer froh ſein, wenn ſie irgendwo eine Anſtellung bekommen. Es iſt auch nicht richtig, wenn geſagt wird: die tüchtigen Lehrerinnen werden im Falle der Ableh⸗ nung von den intoleranten Schulen abgehen, und nur die zweite Garnitur wird dieſen Schulen übrig blei⸗ ben. Der betreffende Herr Redner hat wahrſcheinlich daran gedacht, daß die Lehrerinnen dann in den ſtädtiſchen Schuldienſt übernommen werden können oder auf andere Privatſchulen übergehen. Nun, die anderen Privatſchulen haben auch einen außerordent⸗ lichen Zudrang, und es iſt gar nicht leicht, eine Leh⸗ rerin dort unterzubringen; das weiß ich ſehr genau von Verſuchen, Lehrerinnen, die bei uns nicht aufge⸗ nommen werden konnten, anderweitig unterzubrin⸗ gen. Eine erfahrene, alſo doch eine ältere Lehrerin, die von der konfeſſionellen Privatſchule abgehen würde, hat keine Ausſicht, an unſeren ſtädtiſchen Schulen aufgenommen zu werden, und ebenſowenig an den Berliner und anderen öffentlichen Schulen, denn ſie hat die Altersgrenze überſchritten; ſchon aus Rückſicht auf unſere Hilfslehrerinnen können wir ſie an unſeren Volksſchulen nicht anſtellen. Ebenſowenig können wir an unſeren höheren Lehranſtalten Leh⸗ rerinnen von Privatſchulen anſtellen; denn die weni⸗ gen Stellen, die wir haben, müſſen wir doch für ver⸗ diente Lehrerinnen unſerer Gemeindeſchulen reſer⸗ vieren. Meine Herren, ich bitte Sie, ſeien Sie davon überzeugt, daß die Lehrerinnen die Unterſtützung be⸗ dürfen, und daß ſie in keiner Weiſe ſchuld daran tragen, wenn die Vorſteherin Schülerinnen einer be⸗ ſtimmten Konfeſſion ausſchließt. Ich weiß, daß die betreffenden Lehrerinnen es ſogar zuweilen herzlich bedauern; aber ſie ſind gar nicht in der Lage, da⸗ ſch gegen aufzutreten. Deshalb möchte ich Sie bitten. vereinigen Sie ſich mit dem Magiſtrat und tun Sie etwas zur Unterſtützung dieſer Lehrerinnen. Ich glaube, der Standpunkt des Magiſtrats verdient un⸗ bedingt den Vorzug. Wir wollen, daß alle, die ſich der hohen Aufgabe widmen, für die Erziehung der Jugend unſerer Charlottenburger Bürger zu ſorgen, im Alter und im Falle der Invalidität geſchützt . ſn. möchte Sie bitten, andere Rückſichten fallen zu laſſen. Stadtv. Dr. : Meine Herren! Wir ſind auf allen Seiten dieſer Verſammlung vollkommen einig in der Beurteilung dieſer Vorlage, und wir freuen uns auch, mit dem Magiſtrat vollkommen 199 einig zu ſein in der Geſinnung, der er in der Be⸗ gründung ſeiner Vorlage Ausdruck gegeben hat. Unter allen Umſtänden muß von uns der Standpunkt, den wir ſtets in Charlottenburg aufrecht erhalten haben, weiter feſtgehalten werden, daß wir überall die Intoleranz, die Ausſchließung einzelner Teile unſerer Bürgerſchaft bekämpfen. Trotzdem iſt ein Unterſchied in den vorgeſchlagenen Faſſungen ent⸗ ſtanden. Magiſtrat hat in ſeiner Vorlage ausdrück⸗ lich, wie heute noch der Herr Schulrat ausgeführt hat, eine Unterſtützung ſämtlicher privaten Mädchenſchulen vorgeſchlagen, die nicht einen beſtimmten Teil der Bevölkerung von ihren Schulen ausſchließen. Er hat dann aber weiter für die Altersverſorgung in die von der Stadt zu gewährende Vergünſtigung die Lehrerinnen — nicht die Leiterinnen — an allen Schulen mit einſchließen wollen, alſo auch an den Schulen, bei denen eine Ausſchließung einzelner Bevölkerungstreiſe ſtattfindet. Der Ausſchuß dagegen iſt ganz einheitlich vorgegangen, er hat den Unter⸗ ſchied zwiſchen Leiterinnen und Lehrerinnen auch in bezug auf die Vergünſtigung für die Altersverſorgung unterlaſſen und hat Ihnen einen Vorſchlag unter⸗ breitet, von dem ich ſagen muß, daß er, wenn man ihn ſo lieſt, ohne weiteres der Geſinnung entſpricht, die, wie ich ſchon ſagte, wir alle dieſem Punkte gegenüber einnehmen, und den man ruhig akzeptieren könnte. Aber eben bloß, wenn man ihn ſo lieſt; wenn man dann darauf aufmerkſam gemacht wird — das ge⸗ ſchah beſonders in dem letzten Teile der Ausführungen des Herrn Kollegen Liepmann —, bekommt er eine andere Deutung: er unterſcheidet zwiſchen Schulen, die einen Teil der Bevölkerung ganz ausſchließen wollen, und ſolchen, die nur einen gewiſſen Prozent⸗ ſatz noch zulaſſen wollen. Meine Herren, wie ich höre, hat hierüber im Ausſchuß auch in der Tat eine Diskuſſion ſtatt⸗ gefunden — das iſt uns aus den Auseinanderſetzun⸗ gen des Herrn Berichterſtatters bisher nicht zur Kenntnis gebracht worden —, eine Diskuſſton, die ſich auf den Relativſatz in Punkt 11 bezieht: „welche Schülerinnen beſtimmter konfeſſtoneller Be⸗ kenntniſſe ausſchließen“. Der Ausſchuß hat ſich auf den Standpunkt geſtellt: für die Altersverſorgung wollen wir den Schulen die Vergünſtigung nicht ge⸗ währen, wenn ſie Teile der Bürgerſchaft ausſchließen, alſo ganz offen geſprochen: wenn ſie jüdiſche Schüle⸗ rinnen nicht zulaſſen wollen, — wir wollen ſie aber nicht ausſchließen, wenn ſie wenigſtens bis zu einer beſtimmten Ziffer jüdiſche Schülerinnen zulaſſen. Ich muß ſagen, bei der ganzen Frage, die ſo etwas Häßliches hat, mit das Häßlichſte, was in unſeren politiſchen und Alltagskämpfen zu verzeichnen iſt, iſt dieſe prozentuale Zulaſſung und der plötzliche Ver⸗ luß nach einer beſtimmten Prozentziffer faſt das (Gehäſſigſte, was ich mir denken kann. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das iſt noch viel ſchlimmer, als wenn ſich jemand auf den veralteten und ganz erkluſiven Standpunkt ſtellt: ich nehme nur Bevölkerungskreiſe einer be⸗ ſtimmten Konfeſſion in meine Schule auf. Da durch die Faſſung, wie ſie im Ausſchuß vorgenommen worden iſt und wie ſie damals in harmloſer Weiſe, ohne die Konſequenz der möglichen Deutung zu be⸗ achten, unſer Herr Kollege Jaſtrow im Ausſchuß vor⸗ geſchlagen hat, dieſe Tür offen bleibt, deshalb wollen wir gerade, um volle Klarheit zu ſchaffen, Ihnen in dem Antrag Meyer einen andern Vorſchlag unter⸗