Sitzung vom 8. Mei 1912 Stadtv. Dr Borchardt (perſönliche Bemerkung): Meine Herren! Ich wollte Herrn Kollegen Dr Lands⸗ berger nur auffordern, ſich aus dem unkorrigierten Stenogramm ſeiner Rede zu überzeugen, daß er tat⸗ ſächlich von der häßlichſten Erſcheinung geſprochen hat, nicht von einer der häßlichſten Erſcheinungen. Ich nehme das zur Kenntnis, daß er ſeine Aeußerung nachher etwas eingeſchränkt hat. Sachlich auf Herrn Dr Landsberger zu erwidern, iſt deswegen nicht nötig, weil die Widerlegung ſchon in dem, was ich vorhin geſagt habe, enthalten iſt. Vorſteher Kaufmann: Wir kommen zur Abſtim⸗ mung. (Stadtv. Dr Liepmann bittet ums Wort zur Ab⸗ ſtimmung.) — Laſſen Sie mich doch erſt meine Vorſchläge machen! Ich ſchlage vor, da Einigkeit über die Magi⸗ ſtratsvorlage und auch über den Punkt I beſteht, daß wir lediglich über den Teil der Ausſchußanträge ab⸗ ſtimmen, der die Magiſtratsvorlage in Nr. I1I1 ab⸗ ändern will. Zu den Ausſchußanträgen hat Herr Kollege Meyer einen Abänderungsantrag geſtellt, den ich für weitgehender erachte, weil er weitere Kreiſe in die Ausnahme hineinbezieht als der Ausſchußan⸗ trag. Die Abſtimmung hierüber wird namentlich ſein. Wenn die Verſammlung alſo damit einverſtan⸗ den iſt, ſo laſſe ich zuerſt namentlich abſtimmen über den Abänderungsantrag Meyer. Wird er angenom⸗ men, ſo würde damit der Ausſchußantrag 11 ge⸗ fallen ſein, und wir brauchten darüber nicht mehr abzuſtimmen. Wird er abgelehnt, ſo würde ich noch über den Ausſchußantrag 1I1 abſtimmen laſſen. (Zuruf: Auch namentlich?) — Für beide iſt namentliche Abſtimmung beantragt. Stadtv. Dr Liepmann (zur Frageſtellung): Ich möchte den Herrn Vorſteher bitten, die Abſtimmung derart vorzunehmen, daß zuerſt über den Ausſchuß⸗ antrag abgeſtimmt wird, und zwar veranlaſſen mich dazu folgende Gründe. Der Herr Vorſteher ſagte, der Abänderungsantrag Meyer ginge am weiteſten. Meine Herren, der Antrag Meyer beſchränkt am weiteſten; es handelt ſich hier um Beſchränkung. Des⸗ halb, glaube ich, iſt dieſe Regel mit dem „weiteſten“ auf dieſe Abſtimmung nicht anzuwenden. Ueberhaupt iſt dieſe Regel nicht ein durchgehender Grundſatz, ſon⸗ dern es kommt darauf an, wie ſich die ſonſtige Kom⸗ bination ſtellt. Hier iſt, glaube ich, deswegen zuerſt über den Ausſchußantrag abzuſtimmen, weil die⸗ jenigen Herren, die für gar keine Beſchränkung ſind, ihre Anſicht bis zu einem gewiſſen Grade wenigſtens dann durchſetzen können, wenn ſie für den Ausſchuß⸗ antrag ſtimmen, während ſie bei umgekehrter Reihen⸗ folge der Abſtimmung nicht dazu kommen würden. Ich glaube, das iſt durchſchlagend. Ich bitte daher, dieſen Modus anzuwenden. Stadtu. Dr Landsberger (zur Frageſtellung): Ich möchte erſtens meinen, daß der Antrag Meyer die weit umfaſſendere Bedeutung hat und deswegen in erſter Linie zur Abſtimmung kommen muß. Ferner möchte ich ſagen, daß auch noch eine dritte Abſtim⸗ mung unter Umſtänden möglich iſt, denn beide An⸗ 205 träge tönnten wenn ich das auch nicht annehme fallen, und dann müßte über die Faſſung der Magi⸗ ſtratsvorlage abgeſtimmt werden. Vorſteher Kaufmann: Selbſtverſtändlich wird über die ganze Vorlage noch abzuſtimmen ſein. Ich will nur zuerſt die namentliche Abſtimmung über die Abänderungsanträge vornehmen laſſen. Ich bitte alſo diejenigen Herren, die meinem Vorſchlage ge⸗ mäß zuerſt über den Antrag Meyer abſtimmen wollen, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Das iſt die Mehrheit. Wir kommen nun zur namentlichen Abſtim⸗ mung. Der Antrag lautet in Uebereinſtimmung mit dem Ausſchußantrag zu c: wegen Teilnahme an der Verſicherung der Lehrkräfte weiteren Anträgen des Magiſtrats entgegengeſehen wird und unterſcheidet ſich nur durch den Nachſatz: jedoch ſind dabei die Schulen nicht zu berück⸗ ſichtigen, die bei der Aufnahme ihrer Schüle⸗ rinnen irgendwelche konfeſſionelle Beſchrän⸗ kungen walten laſſen. Der Aufruf beginnt mit Spalte 2. Ich bitte diejenigen Herren, die den Antrag Meyer annehmen wollen, mit Ja zu ſtimmen, und diejenigen, die ihn ablehnen wollen, mit Nein. (Die Abſtimmung erfolgt. Es ſtimmen mit Ja die Stadtverordneten Bergmann, Dr. Buyk, Dr. Damm, Dunck, Erdmannsdörffer, Dr. Frank, Dr. Frentzel, Dr. Friedländer, Guttmann, Haack, Jachmann, Jacobi, Jaſtrow, Imberg, Kerb, Kern, Dr. Landsberger, Laskau, Dr. Liepmann, Litten, Mann, Meyer, Mottek, Münch, Neumann, Rieſen⸗ berg, Dr. Rothholz, Ruß, Walther, Wenzke; mit Nein die Stadtverordneten Ahrens, Bade, Becker, Dr. Borchardt, Gebert, Hirſch, Kaufmann, Klick, Lehmann, Dr. Mommſen, Mosgau, Otto, Protze, Richter, Scharnberg, Scheel, Schwarz, Stulg, Vogel, Wenig, Wilk, Wöllmer, Zietſch. Das Ergebnis wird ermittelt.) Das Refultat der Abſtimmung iſt: es haben 30 Stadtverordnete mit Ja, 23 mit Nein geſtimmt; der Antrag Meyer iſt angenommen und danach Nr. IIe in der eben verleſenen Faſſung genehmigt. Ich darf wohl annehmen, daß die Verſammlung damit einverſtanden iſt, wenn ich jetzt nur noch ge⸗ ſondert über Punkt III abſtimmen laſſe, der eine Ab⸗ weichung von der Magiſtratsvorlage bildet und be⸗ reits durch Herrn Kollegen Otto in der vorigen Plenarſitzung begründet worden iſt. (Die Verſammlung ſtimmt dem Antrage 111 zu und nimmt darauf im ganzen den durch die vor⸗ aufgegangene Beſchlußfaſſung geänderten Ausſchuß⸗ antrag an, der folgendermaßen lautet: I. Diejenigen Schulen, die die ſtaatliche Anerken⸗ nung erlangt oder bereits nachgeſucht haben und demnächſt erlangen werden, und die bei der Aufnahme ihrer Schülerinnen irgendwelche kon⸗ feſſionellen Beſchränkungen ihrerſeits nicht 1— laſſen, ſind in folgender Weiſe zu unter⸗ ützen: