210 3 die nur 900 bis 1200 ℳ Einkommen haben, ſcheint mir heutzutage ſchon vielleicht zu hoch zu ſein. Ich würde nicht abgeneigt ſein, daß dieſer Satz ver⸗ ringert würde. Es kommt mir auch gar nicht darauf an, daß eine ſo hohe Einnahme daraus erzielt wird. Aber ich meine, man müßte allgemein den gr ößten Wert darauf legen, daßjeder Menſch, der an ſich ſteuerpflichtig iſt, der wahlberechtigt iſt, auch dazu ange⸗ halten wird, und wennes der geringſte Berrag iſt, dieſen Berrag zu zahlen. Nun wird demgegenüber immer betont: ja die Erhebung der Steuer koſtet zu viel Geld, das lohnte nicht. Das iſt ja auch der Grund, weshalb der Staat in der Tat die Steuerbefreiung eingeführt hat. Meine Herren, ich bedaure, daß dieſer Grund ausſchlaggebend geweſen iſt. Dann hätte man nach Wegen ſuchen ſollen, um die Steuererhebung einfacher zu geſtalten. Gewiß, dieſes Problem iſt ſehr ſchwierig. Aber wir haben auf anderen Gebieten doch in der Tat in den letzten Jahrzehnten Erfahrungen geſammelt, daß man auf anderem Wege Steuern erheben kann; man macht gewiſſe Abzüge bei der Invalidenverſicherung und in anderen Fällen. Ich würde gar kein Bedenken haben, daß die Steuer unter gewiſſen Umſtänden bei der fluk⸗ tuierenden Bevölkerung glattweg von der Einnahme abgezogen wird (Zuruf des Abgeordneten Hirſch) — aber nicht ſo viel wie jetzt, ſondern etwa 50 Pfg. Aber die Staatsbürger ſollen das Bewußſein haben, daß ſie als Staatsbürger auch an den Laſten des Staates direkt mitzutragen haben. Ich habe bei dieſer Gelegenheit, da es vielleicht die letzte auf lange Jahre hinaus iſt, nachdem ſich der Magiſtrat auf dieſen Standpunkt geſtellt hat, dieſer meiner Auffaſſung Ausdruck geben wollen. Stadtv. Hirſch: Ich hatte nicht die Abſicht, noch einmal zu reden; aber ich halte es doch für nötig, noch einige Worte zu verlieren, um die Anſichten, die eben Herr Kollege Stadthagen vorgetragen hat, feſtzunageln. Es iſt unerhört, daß jemand, der ſich liberal nennt — Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Herr Kol⸗ lege Hirſch, es iſt nie unerhört, was ein Stadtver⸗ ordneter ſagt. Stadtv. Hirſch (fortfahrend): Ich habe ja den Satz noch gar nicht vollendet; aber im übrigen haben Sie richtig geraten, was ich ſagen wollte. Derartige Anſchauungen ſind hier in der Verſammlung jeden⸗] falls noch nicht erhört worden. (Heiterkeit.) Wenn Herr Kollege Stadthagen ſagt, daß jeder, der Staatsbürger iſt und wählen will, auch das Bewußt⸗ ſein haben muß, daß er Steuern zahlt, ſo mache ich ihn darauf aufmerkſam, daß gerade die ärmeren Klaſſen der Bevölkerung, ſelbſt wenn ſie keine direkten Steuern zahlen würden, ſchon das Bewußtſein haben, daß ſie ſehr, ſehr viel indirekte Steuern zahlen, viel⸗ leicht mehr indirekte Steuern als die Kreiſe, die Herrn Kollegen Stadthagen nahe ſtehen. Seine freundlichen Ratſchläge, daß die Steuern noch rigoroſer eingetrieben werden mögen, als es heute ſchon geſchieht, daß ſie vielleicht den Leuten Sitzung vom 8. Mai 1912 vom Brot abgezogen werden könnten, — dieſe freund⸗ lichen Ratſchläge, hoffe ich, wird der Magiſtrar und ſelbſt die preußiſche Regierung niemals beherzigen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) (Die Verſammlung nimmt von der Mitteilung des Magiſtrats Kenntnis.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 13 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Regulierung und Kanaliſierung der Straße 14 d zwiſchen Schloß⸗ und Hebbelſtraße. — Druckſache 142. Berichterſtatter Stadtv. Harniſch: Meine Her⸗ ren! Es handelt ſich hier um den Oppenheimſchen Park. Wir haben das Parkgrundſtück in der feſten Abſicht übernommen, es nicht ganz für uns auszu⸗ nutzen, ſondern Stücke zu verkaufen. Der Herr Syn⸗ dikus iſt ſo vorſichtig geweſen, uns ſchon ein fertiges Programm zu zeigen. Auf Grund desſelben haben wir verkauft, und wir haben den Verkäufern natür⸗ lich garantiert, daß ſie an anbaufähige Straßen zu liegen kommen. Die Folge davon iſt, daß die Straßen reguliert werden, und wir haben uns hier mit den Koſten zu beſchäftigen, an denen ja an und für ſich nichts auszuſetzen iſt, weil ſie nach den Normal⸗ ſätzen berechnet ſind. Gegen die Höhe der Koſten iſt alſo eine Einwendung überhaupt nicht am Platz. Daß ſie gezahlt werden müſſen, darüber waren wir uns von Anfang an einig. Es könnte ſich vielleicht nur darum handeln, daß wir uns über den kleinen Zuſatz unterhalten, daß die Kanaliſation noch nicht definitiv ſein ſoll. Aber wenn wir hören, daß in dem fraglichen Gelände eine definitive Kanaliſierung nur unverhältnismäßig hohe Koſten verurſachen und trotzdem nicht die Zwecke erfüllen würde, wie es die proviſoriſche Kanaliſterung tut, dann, meine ich, haben wir auch alle Veranlaſſung, uns darüber klar zu ſein, daß hier das Proviſorium und nicht das Definitivum das Richtige iſt. Ich bitte alſo dementſprechend, alle drei Punkte anzunehmen, die der Magiſtrat uns in ſeiner Vorlage empfiehlt. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Maaiſtrats, wie folgt: 1. Der Regulierung und Kanaliſierung der Straße 14d zwiſchen Schloß⸗ und Hebbel⸗ ſtraße wird zugeſtimmt. II. Die Koſten der Regulierung (proviſoriſche und definitive) in Höhe von 94 600 ℳ ſind zu Laſten des anzuſammelnden Straßenregulie⸗ rungsfonds vorſchußweiſe zu verausgaben und demnächſt aus den für den Erwerb und die bauliche Erſchließung des 4 . 4. Ge⸗ . 4 aufzunehmenden Anleihemitteln zu ecken. III. Die Koſten der Kanaliſterung in Höhe von 15 100 ℳ ſind aus den bei Sonderetat 1 — Kanaliſation Ertra⸗Ord. Abſchnitt 1 Nr. 3 für 1912 zur Verfügung ſtehenden Mitteln zu entnehmen.) Vorſteher Kaufmann: Damit iſt unſere Tages⸗ ordnung erſchöpft. Ich ſchließe die öffentliche Sitzung. (Schluß der Sitzung 8 Uhr 50 Minuten.)