Sitzung vom 22. Mai 1912 einſtimmig angenommen und damit zum Ausdruck gebracht, daß ſie nicht gewillt iſt, Hausbeſttzer erſter und zweiter Klaſſe zu ſchaffen, und daß die Haus⸗ beſitzer zweiter Klaſſe nicht allein die ungeheuren Meyrkoſten auf ihre Schultern nehmen ſollen zu⸗ gunſten der Hausbeſitzer erſter Klaſſe, die es ſich nicht haben träumen laſſen, daß ſie jemals zu einem ſo billigen Preiſe ihre Müllbeſeitigung beſorgen könnten, wie es jetzt der Fall iſt und wie es kein Hausbeſitzer in Berlin oder in einem der anderen Vororte haben kann. Der Magiſtrat wird das Odium nicht auf ſich nehmen wollen, daß er aus purer Bequemlichkeit einen Zuſtand weiter erhält, der nach meiner Mei⸗ nung unhaltbar iſt und der unter den Hausbeſitzern zweiter Klaſſe eine große Erbitterung hervorruft. Ich bitte alſo den Magiſtat, die Sache ſo ſchnell wie mög⸗ lich zu behandeln und uns von dem Reſultat Kennt⸗ nis zu geben. Stadtrat Boll: Meine Herren! Was den letzten Punkt betrifft, ſo iſt der Magiſtrat eifrig an der Arbeit, den Wünſchen des Herrn Stadtv. Jacobi nachzukommen. Wir müſſen aber eine Menge ſtatiſti⸗ ſchen Materials ſammeln, müſſen mit der Drei⸗ teilung verhandeln — das geht nicht ſo ſchnell. Wir haben aber die Sache durchaus nicht auf die lange Bank geſchoben, ſondern waren ſchon vor Ihrem Antrage an der Arbeit. Ueber Einzelheiten kann ich, da Verhandlungen ſchweben, keine Auskunft geben. Im übrigen muß ich die Faſſung der Vorlage aufrecht erhalten. Im Etat war eine beſtimmte Summe für außergewöhnliche Reinigung der Gefäße ausgeworfen. Von dieſer Summe iſt ein Teil aus⸗ gegeben, ein Teil erſpart. Es ſteht genau ſo da, wie ſich die Sache verhält. 8000 %ℳ waren im Etat, davon ſind 5550 ℳ geſpart worden; es iſt alſo eine Minderausgabe vorhanden, ſo nennen wir das im aligemeinen. Stadtv. Dr. Frank: Meine Herren! Ich möchte, obwohl das nicht direkt zur heutigen Frage gehört, die Gelegenheit benutzen, Ihre Aufmerkſamkeit ge⸗ rade bei dieſem viel umſtrittenen Kapitel auf eine Arbeit zu lenken, die neuerdings ſpeziell mit Rück⸗ ſicht auf den Charlottenburger Müll und die Müll⸗ verwertung von Herrn Geheimrat Hanſen in Königs⸗ berg gemacht worden iſt. Herr Hanſen hat Fütte⸗ rungsverſuche mit dem in Charlottenburg bei der Dreiteilung gewonnenen Futtermaterial in ausgie⸗ bigſtem und weitreichendſtem Maße durch mehrere Jahre mit einer großen Anzahl von Verſuchstieren vorgenommen und dabei feſtgeſtellt, daß das jetzt hier erzeugte Produkt ein ganz vorzügliches Nah⸗ rungsmittel für das Vieh ſowohl hinſichtlich der Fleiſch⸗ wie der Milcherzeugung iſt. Die Kühe ſind bekanntlich aber empfindliche Tiere; Hanſen hat nicht etwa mit einzelnen Verſuchstieren, ſondern mit ganzen Herden experimentiert und ganz vorzügliche Meſultate erzielt, Reſultate, die auch eine angemeſſene Preisſtellung für das Produkt ergaben, ſo daß ſo⸗ wohl in landwirtſchaftlicher wie in volkswirtſchaft⸗ licher Beziehung der Weg, den wir hier eingeſchlagen hahben und der ſeinerzeit hier neben mir von vielen anderen als richtig anerkannt worden iſt, ein durch⸗ aus korrektes und ſachliches Vorgehen darſtellt. Herr Hanſen ſoricht den Wunſch aus, daß andere Städte dem Beiſpiele von Charlottenburg ſobald wie mög⸗ üch Folgen möchten, vicht vloß zum Nuben der Land⸗ wirtſchaft, ſondern zum Nutzen der allgemeinen 213 Volksernährung. Meine Herren, es iſt ja furchtbar leicht, in Bezirksvereinen große Reden über Fleiſch⸗ teuerung und Teuerung der Nahrungsmittel zu halten. Aber wenn wir ſelber nicht Hand anlegen und wenn die Städte mit der Vernichtung großer Werte in ſolcher Weiſe fortfahren, wie es bis jetzt der Fall iſt, dann haben wir kein Recht, uns wegen Ueberteuerung zu beſchweren. Stadtv. Jacobi: Dieſe Ausführungen ſind von großer Bedeutung und Wichtigkeit. Was aber der Herr Vorredner geſagt hat, iſt nur unter der Vor⸗ ausſetzung möglich, daß die Dreiteilung eine polizei⸗ liche Unterſtützung erhält, die es ermöglicht, das Ver⸗ fahren in der Form durchzuführen, wie es urſprüng⸗ lich gedacht war. Vielleicht gelingt es dem Magiſtrat, die Polizei reſp. die Regierung von der hervorragen⸗ den volkswirtſchaftlichen Bedeutung der Dreiteilung für alle Großſtädte zu überzeugen, um der Char⸗ lottenburger Dreiteilung als Probeobjekt zur Durch⸗ führung zu verhelfen. — Ich muß ſagen, ich wundere mich, daß überhaupt eine ſolche Einrichtung getroffen werden konnte, ohne daß vorher von der Polizei die nötigen Garantien vorhanden waren. Alſo der erſte Schritt wird meines Erachtens der ſein müſſen, daß man nochmals und immer wieder bei der Polizei in geeigneter Weiſe vorſtellig wird, um die Dreiteilung auch wirklich durchzuführen. Dann wird ſie auch von einem hervorragenden Werte ſein. Stadtv. Dr Frank: Meine Herren! Es iſt wieder das alte Lied: Sie ſchreien nach Polizeihilfe. Wenn ſie etwas weniger Angſt vor Ihren Köchinnen hätten, dann könnten Sie wohl ſelber die Dreiteilung in Ordnung bringen. (Heiterkeit.) Stadtrat Boll: Ich wollte nur Herrn Stadtv. Dr. Frank ſagen, daß uns die von ihm erwähnte Arbeit ſehr wohl bekannt iſt und wir uns auch in einem Be⸗ richte, den wir dem Herrn Regierungspräſidenten er⸗ ſtatten mußten, damit beſchäftigt haben. Die Reſul⸗ tate ſind derartig gut, daß die ganze Produktion dieſes Jahres ſchon zu ſehr guten Preiſen abgeſchloſſen iſt. Das Futter wird ſehr gern gekauft und beſonders bei Kühen mit gutem Nutzen verwertet; die Milchproduk⸗ tion iſt erheblich größer als bei anderem Futter. Herr Stadtv. Jacobi meinte, die Polizei müſſe ſich mehr für die Sache intereſſieren. Meine Herren, die ganze Inſtitution baut ſich ja auf einer Polizeiverord⸗ nung auf. Ohne die Polizeiverordnung hätten wir nicht das geringſte Mittel, auf die Dreiteilung durch die Beteiligten einzuwirken. (Stadtv. Jacobi: Die Polizei kümmert ſich aber nicht darum!) Sie hat alſo doch ſelbſt ein erhebliches amtliches und dienſtliches Intereſſe daran, daß die Dreiteilung durchgeführt wird. Wir weiſen die Polizei immer wieder durch erneute Schreiben, durch mündliche und ſchriftliche Verhandlungen darauf hin, daß die Dreitei⸗ lung beſſer erfolgt. Wir können im übrigen nur unter der Mitwirkung der Hausbeſitzerſchaft, die ihrer⸗ ſeits wieder auf die Mieter drückt, dahin gelangen, daß wirklich richtig ſortiert wird. Der Polizei fehlt es ſchließlich an Organen, in jedem Müllkaſten nachzu⸗ dehen, o richtig geteilt iſr. Inſofern ſchwebt alſo Die ganze Sache nicht in der Luft, ſondern — ich wieder⸗