214 hole das noch einmal — ſie iſt auf eine Polizeiver⸗ ordnung gegründet, und dieſe Polizeiverordnung iſt in erſter Linie von der Polizei durchzuführen. Stadtv. Jacobi: Es iſt auf eine Polizeiverord⸗ nung gegründet! Die Erfahrung lehrt aber, daß die Polizei wohl in den erſten paar Wochen die An⸗ ordnung getroffen hat, ſich aber ſeit der Zeit gar nicht mehr darum gekümmert hat. Wenn die Bewohner wiſſen werden, daß ein Unterlaſſen der Dreiteilung ſtrafbar iſt, dann wird das Müll auch wirklich geteilt werden. Solange aber das Publikum weiß, daß es tun und laſſen kann, was es will, und daß die Polizei nicht einſchreitet — ſie wird auch nicht einſchreiten, wie es bis jetzt ausſieht —, ſolange wird der Uebelſtand fortbeſtehen. Ich wiederhole deshalb: es iſt die vor⸗ nehmſte Aufgabe des Magiſtrats, hier auf die Polizei einzuwirken, damit das Publikum endlich einmal weiß, daß es ſtrafbar iſt, wenn es die Dreiteilung nicht in der vorgeſchriebenen Weiſe vornimmt. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Zur Verſtärkung des Etatsanſatzes Sonder⸗ etat 9 Abſchnitt 3 Nr. 1 für 1911 — der Drei⸗ teilung, Allgemeinen Müllverwertungs⸗Geſell⸗ ſchaft m. b. H., hier, Ilſenburger Straße, für Abfuhr des Hausmülls — werden 5691,60 ℳ aus laufenden Mitteln dieſes Sonderetats be⸗ willigt.) Vertreter des Vorſtehers Stadtv. Otto: Punkt 3 der Tagesordnung: Vorlage betr. Wahl eines ſtellvertretenden Vorſitzenden des Gewerbegerichts — Druckſache 150. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren! Ich ſchlage vor, den gegenwärtigen Inhaber der Stelle, Herrn Magiſtratsaſſeſſor Wimmel, wiederzuwählen. Vertreter des Vorſtehers Stadtv. Otto: Ein an⸗ derer Vorſchlag wird nicht gemacht. Ich ſtelle feſt, daß Herr Magiſtratsaſſeſſor Wimmel wiedergewählt iſt. Punkt 4 der Tagesordnung: Vorlage betr. Erweiterung des Reſtau⸗ rationsgebäudes für das Opernhaus. — Druckſache 162. Die Berichterſtattung hat Herr Kollege Harniſch übernommen. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. (Zuruf.) — Er iſt augenblicklich nicht da; dann ſchlage ich vor, dieſen Punkt der Tagesordnung vorläufig auszu⸗ ſetzen und in der Tagesordnung fortzufahren. Wir kommen zu Punkt 5: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Maß⸗ regeln zur Bekämpfung der Folgen unfreiwilliger Arbeitsloſigkeit. — Druckſachen 79 von 1911 und 148. Berichterſtatter Stadtv. Dr Landsberger: Meine Herren! Sie ſollen heute die entſcheidende Ent⸗ ſchließung über eine Angelegenheit treffen, deren große Schwierigkeit Ihnen allen ſchon daraus in Erinnerung iſt, daß ſie die ſtädtiſchen Körperſchaften bereits eine Reihe von Jahren ernſt beſchäftigt hat. Die erſte Leſung in dieſer Verſammlung hat ebenfalls ſchon vor Sitzung vom 22. Mai 1912 über Jahresfriſt ſtattgefunden, am 29. März v. I., und der Ausſchuß, den Sie damals eingeſetzt haben, der allerdings erſt im Oktober zuſammentrat, hat ſeit den verfloſſenen ſieben Monaten in ſieben ange⸗ ſtrengten und langwierigen Sitzungen das Material noch einmal genau verhandelt. Sie haben die Druck⸗ ſchrift in Händen, die Ihnen die Vorlage des Magi⸗ ſtrats und die dazu gefaßten Beſchlüſſe des Ausſchuſſes gegenüberſtellt. Wenn man dieſe Gegenüberſtellung rein äußerlich anſieht, ſo lönute man zu dem Eindruck kommen: da iſt nichts weſentlich verändert, das meiſte iſt „unver⸗ ändert“ geblieben, und wo Veränderungen eingetreten ſind, ſind ſie von relativ untergeordneter Bedeutung. Aber eine Prüfung der Protokolle über die Ausſchuß⸗ verhandlungen, die Ihnen ebenfalls gedruckt vor⸗ liegen, zeigt deutlich, welche reichliche Arbeit der Aus⸗ ſchuß darauf verwendet hat, um die Angelegenheit nach allen Seiten noch einmal zu prüfen, und welche Zweifel in ſeinen eigenen Reihen entſtanden waren. Das ergibt ſich auch ſchon daraus, daß der Angel⸗ punkt der erſten Vorlage, der § 3, in den beiden Leſungen, die der Ausſchuß veranſtaltet hat, verſchie⸗ dene Abſtimmungsergebniſſe hatte, die allerdings im weſentlichen wohl darauf zurückzuführen ſind, daß der Ausſchuß, als er in der erſten Leſung den ablehnenden Beſchluß über den entſcheidenden Punkt faßte, nur mit 10 Perſonen beſetzt war, während in der zweiten Leſung bei der Abſtimmung über denſelben Punkt 14 Ausſchußmitglieder anweſend waren. Immerhin erſehen Sie daraus — und man kann das verſtändlich finden —, daß große Verſchiedenheiten ſelbſt in der Auffaſſung derjenigen Herren beſtanden, die derſelben politiſchen Weltanſchauung huldigen. Wenn ich auch nicht wie bei der erſten Leſung auf die ganze hiſtoriſche Entwicklung eingehen will, ſo darf ich wohl kurz hervorheben, daß die beiden Vor⸗ lagen des Magiſtrats drei verſchiedene Richtungen der Unterſtützung von unverſchuldet arbeitslos Gewor⸗ denen enthalten: zunächſt d i e Form, daß jemand, der ſich durch Sparen eine Verſicherung gegen etwa ein⸗ tretende Arbeitsloſigkeit ſelbſt einrichtet, durch die Hälfte desjenigen Beitrags unterſtützt werden ſoll, den er als Sparer wieder abhebt; zweitens die Form, daß der Magiſtrat eine ſtädtiſche Arbeitsloſenkaſſe vor⸗ ſchlägt, zu welcher jeder unter beſtimmten Kautelen Zutritt hat und zu welcher er Beiträge regelmäßig ent⸗ richtet und von der er dann unterſtützt wird, ebenfalls unter gewiſſen Kautelen (ſeine Arbeitsloſigkeit darf keine ſcheinbare ſein und er muß ſich verpflichten, ge⸗ eignete Arbeit zu übernehmen), und zwar mit höch⸗ ſtens 1 ℳ pro Tag während 60 Tage der Arbeits⸗ loſigkeit im Laufe eines Jahres. Das iſt eine Form nicht des Sparens, ſondern einer gewiſſen Verſiche⸗ rungstechnik, wobei gleich zu ſagen iſt, daß ſie dieſen vorgeſchrittenen Namen nicht verdient, weil ſie im weſentlichen auf loſen Beſtimmungen beruht, welche die Stadt in der Abſicht erläßt, den Arbeitsloſen ihre Hilfe zuteil werden zu laſſen. — Die dritte Form will dann allen denen, die ſich in Selbſthilfe bei anderen Vereinigungen gegen den Fall von Arbeits⸗ loſigkeit bereits verſichert haben — alſo bei den freien Gewerkſchaften, bei den Hirſch⸗Dunckerſchen Ge⸗ werkvereinen oder ſonſtigen Berufsvereinigungen —, die Hälfte des dort erhaltenen Beitrags als Zuſchuß während höchſtens 60 Tage im Laufe eines Jahres gewähren. Man bezeichnet, wie Ihnen bekannt iſt, dieſe letztere Form — übrigens auch gleichzeitig das Sparſyſtem — als Genter Syſtem; denn wenn man auch in der Regel das Sparſyſtem nicht als