244 (Auf Antrag des Stadtv. Zander wird die Be⸗ ſprechung der Anfrage beſchloſſen.) Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren! Ich habe im Namen meiner Freunde zu dieſer Angelegenheit eine Erklärung abzugeben. Wir ſtehen auf dem Stand⸗ punkt, daß aggreſſive und polemiſche Behandlung irgend einer Partei aus der Schule unter allen Um⸗ ſtänden fern gehalten werden muß, (Bravo!) ſowohl in dem gewöhnlichen Laufe des täglichen Unterrichts in den Klaſſen als auch ganz beſonders bei feierlichen Gelegenheiten, wie es hier die Ent⸗ laſſung der Abiturienten geweſen iſt. Wir wiſſen, daß der Beruf der Lehrer und insbeſondere der Be⸗ ruf der Leiter von Schulanſtalten überaus ſchwierig iſt und ſehr viele Opfer erfordert, und zu dieſen Opfern zählen wir in aller erſter Linie die Not⸗ wendigkeit, ſich in politiſchen Dingen eine ſehr große Zurückhaltung und Reſerve gegenüber den Schülern aufzuerlegen. (Sehr richtig!) Dieſe Zurückhaltung können wir in dem Vorkommnis, von dem hier die Rede iſt, nicht finden, und von dieſem Standpunkte aus bedauern wir es und ſprechen die Hoffnung aus, daß es ſich in Charlottenburger Schulen nicht wiederholen möge. (Bravo!) Stadtv. Zander: Meine Herren! Ein großer Teil meiner Freunde ſteht auf dem gegenteiligen Standpunkt. (Sehr richtig! bei der vereinigten alten Fraktion. Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Der große Teil meiner Freunde iſt der Meinung, daß es zur Erziehung der Jugend gehört, ſie auf die Fährniſſe des Lebens aufmerkſam zu machen, (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Das iſt bei Ihnen verſtändlich! — Heiterkeit) und beſonders bei einer Abiturientenentlaſſung iſt es ſehr notwendig, daß der Direktor ſeine geweſenen Schüler darauf aufmerkſam macht, was ihnen im Leben paſſieren kann. Wenn es den Herren von der Sozialdemokratie erlaubt geweſen iſt, im Abgeord⸗ netenhauſe vor einiger Zeit die Zugehörigkeit zum preußiſchen Staate und die Angehörigkeit zum preußiſchen Staatsweſen als Deklaſſierung zu bezeich⸗ de5 — wenn ich mich eines gelinden Ausdrucks dabei ediene —, (Stadtv. Hirſch: Unwahr!) ſo halte ich es im Gegenteil für die Pflicht eines Direktors einer Schule, die Schüler darauf aufmerk⸗ ſam zu machen, daß ſie ſich von einer ſolchen Partei, die das höchſte Gut, das wir haben, unſere Staats⸗ angehörigkeit und unſere Nationalität verachtet, fern halten ſollen. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Hurral) Sitzung vom 22. Mai 1912 Vertreter des Vorſtehers Stadtv. Otto: Ich bitte, meine Herren, auf die Vorgänge im Abgeord⸗ netenhauſe nur ſoweit jetzt noch einzugehen, als es durch die Ausführungen des Herrn Kollegen Zander nötig geworden iſt. Im übrigen bitte ich, Zwiſchen⸗ rufe wie „unwahr“ zu unterlaſſen; Sie haben nach⸗ her Gelegenheit, richtig zu ſtellen, was etwa nicht richtig iſt. Stadtv. Zietſch: Meine Herren! Nach dem, was der Herr Vertreter der liberalen Fraktion eben geſagt hat, kann ich mich zu der Sache ſelbſt kurz faſſen. Ich bedauere aufs lebhafteſte, daß der Ma⸗ giſtrat nach Prüfung der ſachlichen Unterlagen ein Eingreifen in dieſe Angelegenheit nicht für not⸗ wendig gefunden hat. Er ſagt: das iſt eine innere Angelegenheit der Schule. Ich bin der Meinung, daß auch in dieſe innere Angelegenheit der Schule, ſofern ſie in das äußere Leben hinübergreift und die Schule zum Tummelplatz politiſcher Leiden⸗ ſchaften zu machen droht, der Magiſtrat wahrhaftig Veranlaſſung gehabt hätte, einzugreifen. Denn dieſer Fall reicht weit über den Rahmen der inneren Schul⸗ verhältniſſe hinaus. Und ſo erfreulich es auch iſt, daß feſtgeſtellt worden iſt, — ich meine im Intereſſe des Schuldirektors — ſo erfreulich es auch iſt, daß verſchiedene beſchimpfende Worte gegen die Partei, der auch ich angehöre, nicht gefallen ſind, ſachlich bleibt doch der Angriff gegen meine Partei beſtehen, inſofern als die Sozialdemokratie als eine der Ge⸗ fahren bezeichnet wird, die den jungen Menſchen in der Großſtadt drohen; denn die Sozialdemokraten ſeien Leute, die die „heiligſten Güter unſerer Nation“ verachten. Woher hat der Herr Schuldirektor die Weisheit, daß die Sozialdemokraten die heiligſten Güter der Nation verachten? Freilich iſt, was von dem Direktor geſagt worden iſt, eine leicht erklärliche Folge der unglaublichen Geſchichtsklitterung, die in den Schulen betrieben wird, die ſich in erſter Linie aufbaut auf der Dynaſtienverherrlichung, und die jede freie Forſchung hintenanhalten möchte. Wir Sozialdemokraten ſtehen durchaus nicht auf dem Standpunkt, die heiligſten Güter der Nation zu ver⸗ achten. Im Gegenteil, was der Nation förderlich iſt, was ihr dient, werden wir innerhalb der Nation und des Volkslebens unterſtützen und fördern. Die An⸗ ſchauungen gehen aber darüber auseinander, was die heiligſten Güter ſind. Sehr richtig!) Ich glaube, keinen Augenblick im Zweifel zu ſein, daß bei einem Teil der Herren, zu deren Sprecher ſich Herr Kollege Zander gemacht hat, die heiligſten Güter der Nation das Profitintereſſe ſind, (Unruhe) und die werden wir freilich bekämpfen. (Stadtv. Zander: Bei den Führern Ihrer Partei, da haben Sie Recht, aber nicht bei uns! — Stadtv. Hirſch: Wie kommen Sie denn dazu?! — Unruhe.) Vertreter des Vorſtehers Stadtv. Otto: Ich bitte, meine Herren, keine Zwiegeſpräche zu führen. (Stadtv. Hirſch: Aber nicht beſchimpfenl) — Laſſen Sie mich doch reden! — Ich habe in den Ausführungen des Herrn Kollegen Zander keine Be⸗