Sitzung vom 5. Juni 1912 etwas geſchieht. Der Zeitpunkt hierfür iſt ge⸗ geben bei der Verlegung der Straßenbahn. Meine Herren, wir wiſſen ja alle, daß die Straßen⸗ bahn nachher nicht verlegt wurde. Das hat Herr Neßler ſich zunutze gemacht. Nach 6 Wochen kommt die Sache an Herrn Stendel zurück mit der Bemer⸗ kung: die Sache iſt erledigt, da die Straßenbahn nicht verlegt wird. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Meine Herren, ſo geht es weiter. Die Akten ſtrotzen von Petitionen und von anonymen Peti⸗ tionen. In einer anonymen Petition wird dem Ma⸗ giſtrat zum Vorwurf gemacht, daß man die Mittel, die Charlottenburg ziemlich reichlich zu Gebote ſtän⸗ den, hauptſächlich für die neuen Gegenden verwendet, für den Kaiſerdamm uſw., und daß man ſie nicht gleichmäßig verwendet. Wenn ich auch nicht ganz auf dem Standpunkt dieſes anonymen Petenten ſtehe, ſo ſtehe ich doch auf dem Standpunkt, daß der Magiſtrat nicht richtig handelt, wie er die Gelder verteilt. Ein Kaufmann ſucht nicht nur neue Kunden heranzu⸗ ziehen, ſondern er ſucht vor allen Dingen ſich ſeine alten Kunden zu erhalten; er ſucht nicht nur neue Steuerzahler durch Ausſchmückung neuer Gegenden heranzuziehen, ſondern er ſorgt auch dafür, daß ihm die Steuerzahler, die in den alten Gegenden wohnen, nicht fortziehen. Und wenn die Berliner Straße, die wirklich zu einer Dorfſtraße herabgeſunken iſt, weiter ſo behandelt wird, ſo muß es paſſieren, daß in ihr bald kein Menſch mehr beſtehen kann. Es ſteht in einer Petition, daß die Anwohner der Berliner Straße friedliche Bürger ſind. Ich glaube, das läßt ſich beſtätigen. Denn in dieſem Jahre, nachdem wir jetzt auch einen Gartenbau⸗ direktor mit einem hohen Gehalt haben, iſt nicht nur für den Raſen nichts getan, ſondern der Raſen be⸗ findet ſich in einem Zuſtand, daß er gar nicht anzu⸗ ſehen iſt. (Zuruf.) — Ja, auf der einen Seite, der des Rathauſes, iſt er ſchön, auf der anderen Seite aber nicht. Ich werde nachher die Antwort von den Hunden bekommen; aber die Hunde der Berliner Straße ſind nicht anders als in anderen Straßen und ruinieren die Anlagen nicht mehr, als in anderen Straßen. Die Anwohner der Berliner Straße ſagen auch: wir legen gar keinen großen Wert auf Blumenbepflanzung, ſondern wir legen nur Wert darauf, daß es anſtändig auf dem Raſen ausſieht, und daß vielleicht von einem zum an⸗ deren Baume ein bißchen Efeu oder Weinranken ge⸗ zogen werden, und worauf wir einen Hauptwert legen, iſt, daß wieder einmal gelber Kies geſtreut wird. Ich ſehe die Entgegnung, auch wieder voraus: das ſtaubt! — Meine Herren, in den größten Kur⸗ orten, Schwindſuchskurorten uſw. wird gelber Kies geſtreut, in Berlin Unter den Linden wird gelber Kies geſtreut, in der Sieges⸗Allee wird gelber Kies geſtreut, und bis vor drei Jahren wurde bei uns auch geſtreut. Wenn wieder mehr Publikum in der Ber⸗ liner Straße promenieren kann — und ſie iſt unſere ſchönſte Straße in Charlottenburg und die einzige Straße, wo man wirklich promenieren kann —, dann wird es auch den Geſchäften dort wieder beſſer gehen, ſie werden mehr geſehen werden, und das wird auch dem Stadtſäckel wieder etwas mehr einbringen, indem mehr Steuern gezahlt werden können. 259 Im Konverſationslexikon von 1889 iſt bei Char⸗ lottenburg bemerkt: unter den Straßen iſt die Ber⸗ liner Straße hervorragend. In der neueſten Auflage von Meyers Konverſationslexikon finden Sie dies nicht mehr. (eiterkeit.) Meine Herren, über dem Rathaus ſteht: Unabläſſige Arbeit überwindet alles. Unabläſſig, denke ich, wer⸗ den die Stadtverordneten immer wieder von neuem mit dieſer Vorlage kommen und den Magiſtrat er⸗ ſuchen, endlich einmal dafür zu ſorgen, daß in der Berliner Straße etwas geſchieht, damit die Fremden, die etwas ſehen wollen, die unſer Schloß ſehen und nach unſerem Mauſoleum kommen, nicht den Ein⸗ druck haben, als wenn ſie auf eine Dorfſtraße kommen. Meine Herren, wie wenig der Magiſtrat für unſere Berliner Straße übrig hat, erſieht man weiter aus dem letzten Protokoll der Parkdeputation, als es ſich um die Ausſchmückung der Berliner Straße han⸗ delte, und man erſieht daraus auch, wie wenig die Herren in der Parkdeputation überhaupt die Berliner Straße zu kennen ſcheinen. (Hört, hört! und Heiterkeit.) Es heißt da: Die Deputation hat nicht die Abſicht, die Ber⸗ liner Straße in derſelben Weiſe mit Blumen zu bepflanzen, wie dies verſuchsweiſe in frühe⸗ ren Jahren vom Wilhelmsplatz bis zur Cauer⸗ ſtraße geſchehen. Ja, meine Herren, in den früheren Jahren iſt das nämlich nie geſchehen; im vorigen Jahre zum erſten Male. (Stadtrat Dr de Gruyter: Falſch!) — Nein, meine Herren, ich wohne in der Nähe der Berliner Straße. Vor dem Rathauſe hat man es gemacht. Es geht deutlich aus den Akten hervor: im vorigen Jahre zum erſten Male auf die Petition von 1909 hin. — Dann heißt es weiter darin: Die Blumen leiden unter den großen Bäumen derartig durch Tropfenfall — meine Herren, es hat nämlich im vorigen Jahre, als das erſte Mal gepflanzt wurde, faſt gar nicht ge⸗ regnet und dann leiden die Blumen unter dem Honig⸗ tau, der von den Linden herabfällt. Als Apotheker habe ich auch mal Botanik gelernt; ich habe aber ſo etwas nicht gehört, und ich glaube, wenn ich meinem Profeſſor beim Staatsexamen geſagt hätte, daß die Aſtern im Herbſt durch den Honigtau der Linden gelitten hätten, dann wäre ich glatt durchs Eramen gefallen; das iſt meine Ueberzeugung. Aber uns kann es ja hier aufgetiſcht werden! Es heißt dann ferner: Da der Magiſtrat die Mittel für die Bepflan⸗ zung der Berliner Straße überhaupt im Etats⸗ jahre geſtrichen hat. Alſo von vornherein war für richtig befunden wor⸗ den, daß es nicht notwendig iſt, daß für die Berliner Straße etwas geſchieht! Es war beſſer, daß neue Straßen eröffnet wurden. Ein anderes Bild — ein neues Bild; das Alte, das kann bleiben! Schließlich kommt dann die Deputation zu dem Beſchluß, beim Magiſtrat 2500 %% zu beantragen,