264 Atem habe ich geſagt: es iſt eine Dorfſtraße, und in dem anderen Atem: es iſt eine der ſchönſten Straßen. Ich habe geſagt: man bringt durch die Vernach⸗ läſſigung die Berliner Straße allmählich auf eine Dorfſtraße zurück, während ſie eine der ſchönſten Straßen von Charlottenburg iſt. Ich habe auch weiter geſagt, daß wir in der Berliner Straße gar keinen ſo großen Wert auf die Blumen legen, ſondern nur darauf, daß man das, was da iſt, vernünftig und einer ſolchen Straße würdig erhält. Ich beſtreite, daß das Gras noch nicht gekeimt hat auf der Schatten⸗ ſeite, und daß die kahlen Stellen, die dort die ganze Fläche einnehmen, daher kommen, weil der Samen nicht gekeimt hat, ſondern ich behaupte, daß auf dieſen Stellen überhaupt nicht ausgeſät worden iſt. Es wird uns doch niemand erzählen, daß ein Same, der gewöhnlich in acht bis zehn Tagen keimt, bis heute noch nicht gekeimt haben ſollte — am 5. Juni, nach⸗ dem es ſo und ſo oft geregnet hat und ſo und ſo oft die Sonne geſchienen hat! Das ſind doch nur Mär⸗ chen, die erzählt werden. Es iſt eben noch nicht neu ausgeſät; es iſt ſo, wie es im vorigen Jahre ge⸗ weſen iſt. Warum ſollte es nicht gehen, wilden Wein zu pflanzen, und warum ſollte die Parkdeputation es bei der Tiefbaudeputation nicht erreichen können, daß wieder gelber Kies geſtreut wird, wenn ſie ſich ſagt: das ganze Bild, die grünen Bäume, der grüne Raſen machen ſich dadurch beſſer? Ich meine, für die Parkdeputation iſt es eine Kleinigkeit, bei der Tief⸗ baudeputation das zu erreichen. Und warum ſollte man den wilden Wein nicht pflanzen können? Wenn die Bäume zu weit auseinander ſtehen, dann wird man die Ranken bald etwas niedriger, bald etwas höher machen. Man ſoll doch auch Verſuche darüber anſtellen; das koſtet ſo gut wie nichts. Man ſage nicht von vornherein: das wird nichts, das iſt nichts. Ich möchte noch auf ein anderes hinweiſen. Als der Gartenbaudirektor uns ſo warm ans Herz gelegt wurde, da hat der Dezernent der Parkdeputation uns erzählt, wie ſehr ihn die Wieſe entzückt hat, die der Gartenbaudirektor vor ſeiner Wohnung in Lübeck angepflanzt hat; wie wunderbar würde es ausſehen, wenn man Pflanzen wie Cardamine pratensis, Bellis perennis und ähnliche anſäte. Es wäre dann wieſenartig ausgeſtattet. Es iſt nicht notwendig, daß der Raſen ſo breit angelegt wird. Vielleicht würde die Berliner Straße dann, wenn ſie nur dorf⸗ ſtraßenmäßig, aber in ſchönem Sinne geſagt, aus⸗ ſehen würde, mehr Leute heranziehen! Heute ſieht es aber nicht dorfſtraßenmäßig aus, weil da Gänſe⸗ blumen wachſen, ſondern weil überhaupt nichts wächſt, und weil auch der Raſen ausſieht — na, ich weiß nicht, wie ich ſagen ſoll Pfützen ſind da, und es ſieht nicht ſo aus, wie es auf einer Straße aus⸗ ſehen müßte, wenn dort gelber Kies geſtreut wird. Womit hat man denn die Berliner Straße ver⸗ ſchönert? Iſt es ein beſonderes Entgegenkommen des Magiſtrats geweſen, daß man den Arbeitsnach⸗ weis aus einer Seitenſtraße in die Berliner Straße verlegt und ſie dadurch verſchandelt hat? Iſt das beſonderes Intereſſe? Man will doch nicht behaupten, daß der Arbeitsnachweis der Berliner Straße zur beſonderen Zierde gereicht. (Stadtv. Lehmann: Das iſt doch kein Schaden!) — Meine Herren, es iſt ein großer Schaden! Wenn dieſe Jungens ſich da ruhig hinſtellen, ſo möchte es Sitzung vom 5. Juni 1912 noch angehen; aber wo junge Leute ſind, iſt auch Radau, und das gehört in eine Seitenſtraße und nicht in eine Hauptſtraße von Charlottenburg. (Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Ich behaupte auch, daß Herr Dr Borchardt die Situation doch nicht richtig aufgefaßt hat. Er ſagt: wenn auf der einen Seite die Sache gemacht wird, wird man ja genügend ſehen, ob es einſchlägt, und im nächſten Jahre die andere Seite auch bepflanzen können. Nein, Herr Dr Borchardt, das wird man nicht können, ſondern man wird von neuem Ver⸗ ſuche machen müſſen; denn das eine iſt die Sonnen⸗ ſeite und das andere die Schattenſeite, und jeder, der ſich mit Blumenzucht befaßt hat, weiß, daß Blumen auf der Sonnenſeite beſſer gedeihen als auf der Schattenſeite. Man muß alſo auf beiden Seiten Verſuche machen. Ich bitte alſo, meinen Antrag an⸗ zunehmen, dem Antrage der Parkdeputation an den Magiſtrat zu folgen und die Summe von 2500 ℳ. die die Parkdeputation angeregt hat, und die vom Magiſtrat auf 1500 ℳ herabgeſetzt worden iſt, auf 3000 ℳ zu erhöhen, mit der Bitte, die Verſuche auf beiden Seiten zugleich anzuſtellen, da auf der Sonnenſeite die Verſuche anders ausfallen würden wie auf der Schattenſeite. Vertreter des Vorſtehers Stadtv. Otto: Wir kommen zur Abſtimmung. Der Referent hat zwei Anträge geſtellt: einmal nach den Worten „für die Berliner Straße“ die Worte einzufügen: „auf beiden Seiten“ und dann die Summe von 1500 ℳ zu ändern in 3000 ℳ. (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage des Magiſtrats und den Abänderungsanträgen des Berichterſtatters, wie folgt: Zur Beſchaffung und Ausſchmückung von Blumenſchalen für die Berliner Straße auf beiden Seiten werden 3000 ℳ aus dem Dis⸗ poſitionsfonds bewilligt.) Damit iſt dieſer Punkt der Tagesordnung er⸗ ledigt. Wenn ich von den Herren Unterzeichnern keinen Widerſpruch höre, nehme ich an, daß Punkt 9: Anfrage der Stad t v. Zander und Ge⸗ nofſen verr.“ Blumenanrage in der Berliner Straße — Druckſache 173 durch die Vorlage zu Punkt 8 erledigt iſt. (Zuſtimmung.) Ich ſtelle das feſt. Wir kommen zu Punkt 10: Beſchlußfaſſung über die Dauer der Sommerferien. Ich ſchlage Ihnen vor, die Ferien wie bisher in die Monate Juli und Auguſt fallen zu laſſen. — Sie ſind damit einverſtanden. Gegen die Vorſchläge des Wahlausſchuſſes ſind Einwendungen nicht erhoben worden. 9 Ich ſchließe die Sitzung. (Schluß der Sitzung 8 Uhr 25 Minuten.)