272 meine Herren von den Liberalen, den richtigen Schluß daraus ziehen, dann können Sie weiter nichts tun, als glatt die Vorlage ablehnen. Es wird ſich ja herausſtellen, ob auch hier Worte und Taten bei Ihnen übereinſtimmen. Meine Freunde werden ge⸗ ſchloſſen gegen die Vorlage ſtimmen. Stadtv. Dr Flatau: Meine Herren! Ich be⸗ daure, daß der Magiſtrat der Vorlage keine Angaben über die Höhe der von anderen Stadtverwaltungen und vielleicht auch — was ja gewiß intereſſiert hätte von anderen Selbſtverwaltungskörperſchaften, etwa von den großen ländlichen Kreisbe⸗ hörden gemachten oder geplanten Spenden zu dem angegebenen Zwecke beigefügt hat. Einige meiner Freunde ſind, wie ich, der Meinung, daß dem Zwecke der Magiſtratsvorlage ganz gut unter ſtärkerer Be⸗ rückſichtigung der Finanzlage unſerer Stadt und des von uns allen — im Magiſtrat wie in der Stadt⸗ vertretung — ſo oft und ſo freudig proklamierten Sparſamkeitsprinzips genügt werden könne. Ich halte eine Herabſetzung des in der Vor⸗ lage geforderten Betrages für durchaus angebracht. Es läßt ſich gar nicht verkennen, wie auch unſer Kollege Dr Frentzel ausgeführt hat, daß der Zweck der Vorlage doch nur in einem außerordentlich loſen Zuſammenhange mit den eigentlichen Aufgaben und den eigentlichen Bedürfniſſen einer Stadtverwaltung ſteht. Ich meine, wenn einmal mit dem Prinzipe der Sparſamkeit Ernſt gemacht, wenn dieſes einmal aus dem Bereiche der theoretiſchen Sympathien in die Tat umgeſetzt werden ſoll, dann wird man gerade bei der⸗ artigen mehr repräſentativen Ausgaben den Anfang machen müſſen: man wird gerade bei ſolchen mehr repräſentativen Ausgaben ſich einer gewiſſen Be⸗ ſcheidenheit befleißigen müſſen. Es gibt ja Zeiten, wo eine Stadtverwaltung ſich die Politik der offnen Hand geſtatten kann. Aber auch für unſer Charlotten⸗ burg mit ſeiner günſtigen und ſoliden Finanzlage iſt, ſeitdem einmal der Zweckverband geſchaffen iſt, dieſe Zeit endgültig vorüber. Wir werden auch bei ſolchen an und für ſich ſympathiſchen Aufgaben — ich betone, daß ich dem Zwecke der Vorlage rege Sym⸗ pathien entgegenbringe — uns doch einmal beſcheiden und uns nach der Decke ſtrecken müſſen. Mit Rückſicht hierauf beantrage ich, den Betrag in der Magiſtratsvorlage von 20 000 ℳ auf 10 000 ℳ herabzuſetzen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren! Der Sinn und die Bedeutung der Vorlage wird Ihnen vielleicht am richtigſten und glaubhafteſten dargeſtellt durch die Schilderung der hiſtoriſchen Entwicklung. Wenn die Herren die Akten einſehen werden, ſo werden Sie finden, daß die erſte Idee der Beteiligung an dem Flugweſen eine ganz andere war, nämlich die, daß die verſchiedenen Städte durch die Hergabe einer Summe von je 20 000 ℳ Flugfahrzeuge mit ihren Namen bezeichnet ſtiften ſollten, um ſie dem Kaiſer bzw. der Militärverwaltung zur Verfügung zu ſtellen. Dieſe Idee fand von vornherein im Magiſtrat keinerlei beſondere Begeiſterung und die Sache wurde, wie die Akten ergeben, auf ſich beruhen gelaſſen, bis ſchließlich durch die Gründung dieſes Komitees und die Aufrufe, die nunmehr in ganz anderer Form die Ziele der Spende klar legten, die Sympathie auch des Magiſtrats hervorgerufen wurde. Es ſind aus⸗ drücklich — und es genügt, glaube ich, vollſtändig, wenn die Vorlage darauf hinweiſt — in dem Aufrufe Sitzung vom 19. Juni 1912 des großen Komitees die von Herrn Stadtv. Dr Frentzel gekennzeichneten Aufgaben als diejenigen der Spende bezeichnet worden, und zum Zwecke der Unterſtützung gerade dieſer Aufgaben, vor allem der Förderung der Technik auf dieſem Gebiete, der Unter⸗ ſtützung der Flieger und ihrer etwaigen Hinter⸗ bliebenen, hat der Magiſtrat die Vorlage Ihnen gemacht. Meine Herren, den Ausführungen teils ab⸗ lehnender, teils ſkeptiſcher Natur der Herren Richter und Dr. Flatau gegenüber iſt es ja ſehr ſchwer, irgend⸗ wie zu debattieren. Wenn Sie irgendwo eine Kollekte zu zeichnen haben, ſo wird die Entſcheidung darüber, ob Sie 10 oder 20 ℳ oder wieviel immer zeichnen ſollen, eine reine Gefühlsſache ſein. (Sehr richtig!) Es iſt gar nicht zu ſagen, ob wir nicht mit 10 000 ℳ auch unſeren Verpflichtungen entſprechen würden. (Sehr richtig!) Es kommt eben lediglich darauf an, mit wie warmem Herzen man bei der Sache iſt. (Wiederholte Zuſtimmung und Zurufe.) Jeder von uns wird ja eine Kollekte ſchon gezeichner haben. Wenn nun jeder dabei erſt alle Seiten un:⸗ blättert und nachſieht: was hat der gezeichnet, was hat der gezeichnet — und nun einen Maßſtab für ſeine eigene Beteiligung herausklügelt, dann wird ſie immer ſehr kläglich ausfallen. Das ſteht nun einmal ganz ſicher feſt. Wenn man alſo nicht ſagt: hier iſt ein würdiger Zweck und hier mußt du einmal auch etwas über deinen perſönlichen Etat — ich will von dieſem Beiſpiel ausgehen — leiſten, ſelbſt auf die Ge⸗ fahr hin, daß du dich einer gewiſſen Einſchränkung nachher in anderen Ausgaben unterziehen mußt —, dann kommt aus jeder derartigen Sammlung, ob ſie im kleinen oder großen veranſtaltet wird, nichts her⸗ aus. Wenn Sie erſt abwarten wollen: was zahlt denn eine andere Gemeinde, was zahlen die ländlichen Ge⸗ meinden? — wenn ſich jeder erſt nach ſeinem Nachbar richten will, was foll dann herauskommen! Hier muß man mit einer gewiſſen Begeiſterung handeln, und wenn der Aufruf und die Sache Ihnen die Be⸗ geiſterung nicht einimpfen können, eine Debatte jetzr hier über das Maß der Beteiligung auf dieſer und jener Seite wird dieſe Begeiſterung wahrhaftig nicht entfachen. (Sehr gut!) Meine Herren, ob es nicht noch dringendere Auf⸗ gaben gibt als die Unterſtützung der nationalen Flug⸗ ſpende, das ſteht natürlich auch ſehr dahin. Selbſt⸗ verſtändlich gibt es unmittelbarere Aufgaben, von denen wir leben, mit denen wir uns täglich be⸗ ſchäftigen müſſen. Ich kann mich aber auch vieler Leiſtungen entſinnen, die in dieſer Verſammlung willigſte Zuſtimmung gefunden haben und doch vielleicht weniger dringend waren als manche Leiſtung unſerer Etats, die dort nur notdürftig erfüllt wird. Auch das iſt ja natürlich etwas vollſtändig Unwäg⸗ bares. Wir haben ja bei mancherlei anderen Fragen die Abſtufung der Dringlichkeit wiederholt erörtert, natürlich immer mit negativem Ergebnis; der eine