274 Dem Ausſchuß der Stadt Charlottenburg für die Sammlung einer Nationalflugſpende wird ein Beitrag von 20 000 ℳ überwieſen. Der Betrag iſt dem Dispoſitionsfonds zu ent⸗ nehmen.) Wir kommen nun zu Punkt 6 der Tagesordnung: Vorlage betr. neue Zweigſtelle der Volksbücherei. — Druckſache 183. Berichterſtatter Stadtv. Richter: Meine Herren! Die jetzt zur Debatte vorſtehende Vorlage iſt in Kon⸗ ſequenz früherer Beſchlüſſe dieſer Verſammlung ent⸗ ſtanden. In dem Stadthaushaltsetat für 1912 ſind für Errichtung einer neuen Zweigſtelle der Volks⸗ bücherei 15 000 ℳ bewilligt worden. Dieſe 15 000 ℳ umfaſſen aber nicht ſämtliche Koſten der Errichtung einer neuen Zweigſtelle, ſondern nur die Koſten der Einrichtung, ſoweit ſie durch Bücher, Formulare uſw. bedingt ſind. Die neue Zweigſtelle ſoll nun in einem Stadtteil errichtet werden, der lange Zeit von der Stadtgemeinde etwas ſtiefmütterlich behandelt worden iſt, in dem Stadtteile jenſeits der Spree. Ich glaube bemerken zu können, daß die Durch⸗ führung dieſer Vorlage allſeitig Befriedigung in allen Kreiſen der Bevölkerung erregen wird, und kann Sie nur bitten, der Vorlage einmütig zuzuſtimmen. Es handelt ſich um ein Lokal, das an der Ecke der Kaiſerin⸗Auguſta⸗Allee und Sömmeringſtraße er⸗ mietet werden ſoll in einem Hauſe, das dem Eigen⸗ tümer Stöhr gehört. Die Vorlage iſt in der Fort⸗ bildungsſchuldeputation eingehend geprüft worden. Die Deputation iſt einmütig zu der Anſicht gelangt, daß die ausgeſuchten Räume ſich für den gedachten Zweck ausgezeichnet eignen würden. Ich möchte noch betonen, daß als Neuerung für die Zweigſtelle eine Zeitungsleſehalle eingerichtet werden ſoll. Es ſteht zu hoffen, daß auch dieſe neue Einrichtung in den Kreiſen der Bevölkerung die weit⸗ gehende Sympathie erfahren wird. Ich möchte Sie alſo erſuchen, der Vorlage zuzuſtimmen. Stadtv. Dr. Liepmann: Im Namen meiner Fraktion werde ich Ihnen vorſchlagen, die Vorlage an einen Ausſchuß von 11 Mitgliedern zu über⸗ weiſen. (Rufe: Ach!) — Ja, meine Herren, ich werde Ihnen gleich ſagen, warum. Der Grund hat eine gewiſſe prinzipielle Bedeutung. Grundſätzlich ſtehen wir vollkommen auf dem Boden der Vorlage. Wir finden auch, daß die Gegend, in welcher das ausgeſuchte Lokal liegt, durchaus richtig gewählt iſt; wir finden aber nicht, daß das ſo oft und ſo freudig proklamierte Sparſam⸗ keitsprinzip, von dem vorhin der Kollege Dr. Flatau redete, bei der in Ausſicht genommenen Mietung zur Geltung kommt. Wir finden, daß ein Preis von 16,60 pro Quadratmeter in dieſer Gegend unge⸗ heuer hoch iſt. Wir finden vor allem, daß es nicht notwendig iſt, für eine derartige Leſehalle einen Laden zu mieten, insbeſondere einen Eckladen, wodurch ſich ja dieſer ſehr hohe Preis erklärt. In der beſten Geſchäftsgegend Berlins werden Geſchäfts⸗ Sitzung vom 19. Juni 1912 räume in den oberen Stockwerken für 13 ℳ pro Quadratmeter vermietet, und wir ſollen hier in einer doch immerhin nicht allzu teuren Gegend Char⸗ lottenburgs über 16½2 ℳ zahlen! Wir wollen deswegen die Frage der Angemeſſenheit des Lokals und des Preiſes in einem Ausſchuſſe geklärt ſehen. Dann möchte ich auch hinſichtlich der Zeitungs⸗ leſehalle ein etwas gebremſtes Tempo eingeſchlagen ſehen. Ich verkenne durchaus nicht die hohe Be⸗ deutung der Preſſe und die Möglichkeit, durch die gleichſam wie durch viele Tauſende und Hundert⸗ tauſende von Kanälen unſerer Bürgerſchaft Bildungs⸗ ſtoff zufließen zu laſſen. Ich bin aber doch der Meinung, daß durch den billigen Preis der Zeitungen und dadurch, daß ſie überall ausliegen, die Mög⸗ lichkeit, Zeitungen zu leſen, faſt genügend gegeben iſt, und ich kann nicht einſehen, warum wir uns zur Ein⸗ richtung einer großen Leſehalle aufſchwingen ſollten. Es würde jedenfalls genügen, damit der ernſtere, ge⸗ diegenere und mehr unterrichtende Leſeſtoff guter Bücher die Hauptanziehung der Bibliothek bildet, wenn ſtatt der Einrichtung einer Leſehalle einige Zeitungen, meinetwegen je eine Zeitung jeder Par⸗ teirichtung, ausgelegt werden. Dann können die⸗ jenigen unſerer Mitbürger, die nicht Gelegenheit finden, ſich anderswo über die Tagesereigniſſe zu unterrichten, das in unſerer Volksbibliothek tun. Alſo, meine Herren, wenn wir auch gern bereit ſind, ſtädtiſche Mittel für ideale Zwecke zur Ver⸗ fügung zu ſtellen, und wenn wir auch gern dem zu⸗ ſtimmen, daß das — wie z. B. die heutige Tages⸗ ordnung zeigt — in vielfacher Weiſe geſchieht, ſo möchten wir doch hier die Frage, ob ein billiges und ſparſames Lokal gewählt worden iſt, in dem Ausſchuß geprüft haben; wir möchten gerade bei dieſem Punkt einmal wieder zeigen, daß überall in der Verwaltung Sparſamkeit betätigt werden muß. Deshalb bitte ich Sie, unſerm Ausſchußantrage zuzuſtimmen. Stadtrat Dr Schmitt: Meine Herren! Ich würde Sie bitten, nicht den Ausſchuß, der beantragt iſt, einzuſetzen, ſondern die Vorlage anzunehmen, wie ſie Ihnen vorliegt. Es iſt der Preis bemängelt worden, der bezahlt werden ſoll. Sie erſehen aus der Vorlage, daß man nicht ſo drauf los das Lokal ge⸗ wählt hat, ſondern daß man mehrfache Angebote ent⸗ gegengenommen und unter dieſen ein gut gelegenes und geſtaltetes Lokal gewählt hat, wie es für unſern Zweck notwendig iſt. Man hat aber auch darauf Rückſicht genommen, nicht etwa das teuerſte Lokal zu wählen. Sie ſehen, daß in den Angeboten ein Mietszins von 18 bis 22 ℳ für den Quadratmeter gefordert wurde, und daß hier in Wirklichkeit 16,50%% bewilligt werden. Alſo die Rückſichten, die der Herr Stadtverordnete eben gewünſcht hat, ſind tatſächlich genommen worden. Das Lokal iſt, wenn ich es mit unſeren übrigen Bibliotheken vergleiche, tatſächlich ideal und gut gelegen. Wir können nur wünſchen, daß gerade jetzt, wo wir den erſten Schritt tun in die weiteren Arbeiterviertel jenſeits der Spree hinein, das Lokal auch ſo ſei, daß die Bibliotheksverwaltung dem Leſer etwas bieten kann. Nun iſt noch ein zweiter Punkt berührt worden: das iſt die Zeitungsleſehalle. Dabei herrſcht kein Gegenſatz; denn aus den letzten Ausführungen des Herrn Stadtv. Dr Liepmann geht ja hervor, daß er dasſelbe wünſcht, was wir zu tun gedenken. Es iſt