Sitzung vom 19. Juni 1912 aber immerhin, wer das Bedürfnis hat, eine ſolche Anſtalt aufzuſuchen, der muß nicht erſt eine Weile laufen und ſuchen müſſen. (Zuruf.) — Das „von der Treppe herunterfallen“ hat im übrigen gar nichts mit der Frage der Lage der Be⸗ dürfnisanſtalt zu tun, von der ich eben ſprach. Ob die unterirdiſche Bedürfnisanſtalt wirklich die Mängel hat, die Sie ihr anheften, darüber will ich nicht diskutieren. Ich laſſe das Thema „unterirdiſche Bedürfnisanſtalt“ vorläufig fallen. Ich möchte mich nur an Herrn Stadtv. Marzahn wenden und die Herren, die uns den Rat geben, in möglichſter Nähe des Reichskanzlerplatzes einen Ort zu ſuchen, bitten, uns mit ihrem Rat zu Hilfe zu kommen. Dann wird ſich möglicherweiſe die Frage nach Ihren Wünſchen löſen laſſen. Der Magiſtrat war nicht in der Lage, einen ſolchen Platz ausfindig zu machen. Vertreter des Vorſtehers Stadtv. Otto: Der Antrag Marzahn, der von einer Anzahl Stadtver⸗ verordneter unterzeichnet iſt, hat folgenden Wortlaut: Die Unterzeichneten beantragen, den Aus⸗ ſchußantrag nur zu 1 anzunehmen, im übrigen den Magiſtrat zu erſuchen, eine neue Vorlage zu unterbreiten, die die Errichtung einer Be⸗ dürfnisanſtalt in einer der in den Reichs⸗ kanzlerplatz einmündenden Straßen vorſieht. Stadtv. Vogel: Meine Herren! Es iſt geſagt worden, man möge womöglich mehrere Bedürfnisan⸗ ſtalten errichten. In der Tat iſt die Bismarckſtraße und die Heerſtraße ſehr lang und wohl ungenügend mit Bedürfnisanſtalten verſehen. Der Wunſch, mehrere Bedürfnisanſtalten zu errichten, iſt jedenfalls nicht zu verwerfen. Unterirdiſche Anſtalten ſind aber teuer. Für die Koſten der einen unterirdiſchen An⸗ ſtalt können wir ſehr gut zwei oberirdiſche errichten, und wenn wir ſie verteilen — meinetwegen an der Soorſtraße und dann hinter dem Reichskanzler⸗ platz in der Nähe desſelben oder an der Sophie⸗Char⸗ lotte⸗Straße und Soorſtraße —, ſo entſprechen wir dem Bedürfnis mehr als mit dem Bau nur einer unterirdiſchen Anſtalt am Reichskanzlerplatz, und dieſe zwei Anſtalten koſten dann nicht mehr als die eine. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Ich habe bereits das vorige Mal ausgeführt, daß es ſich hier um eine reine Zweckmäßigkeitsfrage handelt, daß eine Reihe von Gründen dafür ſpricht, eine ſolche Anſtalt unterirdiſch zu bauen, und eine andere Reihe von Gründen dafür, ſie oberirdiſch zu bauen. Um nur das eine zu erwähnen: die oberirdiſche Anſtalt iſt billiger, bequemer, leichter zugänglich. Das iſt ein durchaus beachtenswerter Grund, daß namentlich ältere Perſonen es bequemer haben, eine oberirdiſche Anſtalt aufzuſuchen als eine unterirdiſche. Ander⸗ ſeits ſpricht für die unterdiſche Anſtalt z. B. das Stadtbild, und deswegen iſt namentlich bei der Platz⸗ frage zu prüfen, ob oberirdiſch, ob unterirdiſch. Ich hatte nun geglaubt, im Ausſchuß würde eine Prüfung in dieſem Sinne erfolgen, ſo daß wir uns dann wirklich ſehr leicht dem Ausſchußantrage an⸗ ſchließen und das beſchließen könnten, was der Aus⸗ ſchuß vorſchlägt. Aber, meine Herren, nachdem ich mir den Ausſchußantrag angeſehen habe, und nachdem ich dann Kollegen De ün gehört habe, muß 277 ich leider zu der Erkenntnis kommen, daß der Aus⸗ ſchuß in dieſer Frage uns nicht weiter geholfen hat, und ich muß nunmehr — leider — für die Vorlage des Magiſtrats ſtimmen. Sowohl der Ausſchuß wie Herr Kollege Marzahn ſagen: auf dem Reichskanzlerplatz an der Stelle, an der die Anſtalt als unterirdiſche Anſtalt geplant iſt, darf ſie als oberirdiſche nicht gebaut werden. Herr Kollege Marzahn führte das in einer ſehr ſchroffen Weiſe aus und erſuchte den Magiſtrat, unbedingt nach einem anderen Platze zu ſuchen; denn auf dem Platz, wo ſie geplant iſt, dürfe die Anſtalt oberirdiſch nicht gebaut werden, und eine unterirdiſche käme nicht in Frage. Der Ausſchuß hat im Grunde dasſelbe geſagt, nur nicht ganz ſo ſchroff; er verklauſuliert es mehr. Er ſagt: die Errichtung der oberirdiſchen Anſtalt auf dem vorgeſehenen Platze ſoll zwar vorgenommen werden, dieſer Errichtung ſoll zugeſtimmt werden, aber doch nur unter der Vorausſetzung, daß nicht ein geeigneterer Platz gefunden werde. Man ſieht daraus alſo, daß ſich der Ausſchuß bei dieſer Beſchlußfaſſung etwas beengt fühlte, daß 23 dabei nicht recht wohl war, daß auch der Ausſchuß ſagte: eigentlich gehört auf dieſen Platz eine oberirdiſche Anſtalt nicht hin, es muß ein anderer Platz geſucht werden, und nur, wenn ein anderer Platz abſolut nicht zu finden iſt, dann wollen wir ſie dahin bauen. Ich muß doch ſagen: wenn ein anderer Platz abſolut nicht gefunden wird, ſo kann der Schluß nicht lauten: dann wollen wir ſie da bauen, ſondern dann kann der Schluß nur lauten: dann müſſen wir, ſo ſchwer es uns auch wird, und ſo gern wir aus ſchwerwiegenden Gründen auch ober⸗ irdiſche Anſtalten vorziehen, eine unterirdiſche bauen. Dieſer Logik kann ich mich nicht verſchließen, und des⸗ wegen werde ich für die Magiſtratsvorlage ſtimmen. Stadtbaurat Seeling: Meine Herren! Ich möchte Sie dringend warnen, dem Schlußſatz des Ausſchußantrages Folge zu geben, alſo erſtens einmal eine oberirdiſche Anſtalt an der Stelle der geplanten unterirdiſchen zu bauen, in der Mitte der Längsſeite des Platzes, und zweitens dort die oberirdiſche in dem Umfang zu errichten, der bis jetzt geplant iſt, nur daß ſie in der Höhe eingeſchränkt werden und weniger auffällig in 1. 4. . treten ſoll. Meine Heren, dort iſt die ſchmalſte Stelle des Platzes; dort wollen Sie alſo genau denſelben großen Grundriß hinſetzen, und ich ſoll nur verſuchen, das Gebäude in der Höhe zu beſchränken! Bis zum Hauptgeſims lann ich die Höhe nicht einſchränken; ich kann alſo nichts anderes tun als eine andere Dachlinie an⸗ ordnen. Dann haben Sie an der Schmalſeite des Platzes dieſen Tempel, der doch ungefähr ſeine 9 m Durchmeſſer bekommt, als Baumaſſe und als Schand⸗ fleck ſtehen! Ich bin nicht in der Lage — ich habe mir faktiſch alle Mühe gegeben —, die Verantwortung für ein derartiges Bauwerk zu tragen, ich muß die Verantwortung der Stadtverordnetenverſammlung überlaſſen. Aber das nutzt mir ja auch nichts. Wenn Sie mich zwingen, ein ſolches Bauwerk dorthin zu bauen, ſo wird es immer noch dahin kommen, daß geſagt wird: wie kann die Hochbauverwaltung Char⸗ lottenburgs auf einem ſolchen Platz ein ſolches Ge⸗ bäude errichten! Und meiner Ueberzeugung nach wird es direkt ein öffentlicher Skandal werden, meine Herren. Eine unterirdiſche Anſtalt zu bauen, iſt im vor⸗ liegenden Falle meines Erachtens das einzig Mög⸗ liche — wie ſich ja jetzt auch Berlin entſchließt, ſoga.