Sitzung vom 19. Juni 1912 durch einen großen Aufbau in ſeinem äußeren An⸗ ſehen verſchandeln ſoll. Darin ſind wir vollkommen einer Anſicht. Infolgedeſſen können meine Freunde dem Ausſchußantrage nicht zuſtimmen, der direkt den Magiſtrat ermächtigt, auf dem Reichskanzlerplatz eine oberirdiſche Bedürfnisanſtalt zu bauen, allerdings mit dem Zuſatz: falls es nicht irgendwo anders geht. Wir haben aber vom Magiſtrat gehört, daß er erklärt: es gibt keinen andern Platz. Folglich würden wir hiermit dem Magiſtrat nur die Ermächtigung geben, eine oberirdiſche Bedürfnisanſtalt auf dem Reichs⸗ kanzlerplatz zu bauen. Infolgedeſſen können meine Freunde dem Ausſchußantrage nicht zuſtimmen. Dagegen können wir dem Ausſchußantrage zu 1 zuſtimmen, die Magiſtratsvorlage abzulehnen. Denn wir ſind nicht davon überzeugt, daß nur eine unterirdiſche Anſtalt dieſem Bedürfnis gerecht wird. Meine Herren, der Herr Stadtbaurat hat auf London hingewieſen. Ich bin in den letzten Tagen in London geweſen. Ich gebe ihm zu, daß viele unterirdiſche Anſtalten in London ſind; aber gleich⸗ zeitig werden manche dieſer Anſtalten — z. B. an der Weſtminſterbrücke — dazu benutzt, um den Ver⸗ kehr zu regeln. Die Eingänge ſind nicht auf dem Straßendamm, ſondern auf den Bürgerſteigen, und die Anſtalten werden gleichzeitig als Tunnel benutzt. Das iſt eine vorzügliche Einrichtung. Man kann zweifelhaft ſein, ob es nicht gerade auf dem Reichs⸗ kanzlerplatz bei dem enormen Automobilverkehr zweckmäßig wäre — nicht direkt auf dem Reichs⸗ kanzlerplatz, ſondern vor ihm oder gleich hinter ihm eine unterirdiſche Anſtalt zu bauen und ſiegleich⸗ zeitig als Tunnel für diejenigen Per⸗ ſonen auszugeſtalten, die über die Straße gehen wollen. Vielleicht iſt dieſer Gedanke noch verfrüht; er kann aber in ſpäterer Zeit einmal verwirklicht werden. 4 Wenn Sie aber davon abſehen, ſo iſt doch der Vorſchlag, den der Herr Stadtbaurat machte, ſehr beachtenswert, im Zuſammenhang mit dem Antrage des Herrn Kollegen Marzahn, nämlich irgendwo in der Nähe des Reichskanzlerplatzes ein hübſches Häuschen aus Holz zu bauen, das einen netten und durchaus nicht das Stadtbild verunzierenden Anblick gewähren kann, wie wir es in Wilmersdorf und auch hier ſchon haben, das mit Blumen umpflanzt wird. Von ſolchen Anſtalten könnten wir zwei oder drei in dem langen Straßenzuge bauen. Wir beantragen daher, dem Ausſchußantrage nur zu 1 zuzuſtimmen, d. h. die Magiſtratsvorlage abzulehnen, und im übrigen den Magiſtrat zu er⸗ ſuchen, in der Nähe des Reichskanzlerplatzes für den Bau einer Bedürfnisanſtalt zu ſorgen und eine neue Vorlage zu machen. Vielleicht findet der Magiſtrat noch einen andern Ausweg aus der Schwierigkeit. Ich möchte aber noch betonen, daß meine Freunde durch⸗ aus der Anſicht ſind, daß das Bedürfnis, eine An⸗ ſtalt dort zu errichten, ſehr groß iſt, und daß mit möglichſter Beſchleunigung ein Projekt ausgearbeitet werden ſoll. Stadtv. Klau: Meine Herren! Da ſich die Majorität nicht für eine unterirdiſche Bedürfnis⸗ anſtalt auf dem Reichskanzlerplatz entſchließen zu können ſcheint, ſo möchte ich doch vorſchlagen, daß „wir den Ausführungen des Herrn Stadtbaurats Seeling folgen und vorläufig auf dem Reichskanzler⸗ platz eine Anſtalt proviſoriſch errichten, wie ſolche 3. B. bei uns in Holz auf dem Wilhelmsplatz ſteht, 279 die dann dem augenblicklichen Bedürfnis genügt. Dann werden wir einmal in ſpäteren Jahren doch zu der Einſicht kommen, daß gerade unterirdiſche Be⸗ dürfnisanſtalten bei uns am Platze ſind, namentlich wenn auch Berlin, wie Herr Stadtbaurat Seeling aus einer Zeitungsnachricht erſehen hat, ſolche An⸗ ſtalten bauen will. Mein Antrag geht dahin, daß wir vorläufig den Magiſtrat beauftragen, auf dieſem Platze eine ſolche proviſoriſche Bedürfnisanſtalt ſchleunigſt zu errichten wie am Wilhelmsplatz, die jeden Augenblick wieder weggenommen werden kann, ohne daß größere Koſten verurſacht werden. Solcher Holzbau kann ſpäter vielleicht weiter hinaus an die Heerſtraße verlegt werden, wo ſich ein Plätzchen finden wird. Ich beantrage, ſowohl die Magiſtratsvorlage als auch den Ausſchußantrag abzulehnen und einen Holz⸗ bau, wie geſchildert, proviſoriſch zu errichten und die Mittel dafür zu bewilligen. Vertreter des Vorſtehers Stadv. Otto: Ich bitte, den Antrag ſchriftlich einzureichen. Stadtv. Harniſch: Meine Herren! Mir ſcheinen doch noch nicht die Würfel gefallen zu ſein, wie Herr Kollege Jolenberg ſagt; (Heiterkeit) ich glaube, ſie rollen noch und rollen für ihn ſehr be⸗ denklich. Ich weiß noch nicht, wie ſie fallen werden. Ich habe aber aus dem, was Herr Kollege Ruß und was andere meiner Freunde geſagt haben, doch ge⸗ merkt, daß verſchiedene von ihnen, die ſich in der letzten Sitzung klar zu ſein glaubten, daß wir keine unterirdiſche Anſtalt bauen, doch mindeſtens fraglich geworden ſind und zum Teil mehr als fraglich, und daß ſie in der großen Hälfte ihrer Meinung ſchon zu denen übergehen, die für die unterirdiſche Anſtalt von Hauſe aus geweſen ſind. Kollege Ruß ſagt, ich bin ſo weit, daß ich zu⸗ ſtimmen würde, wenn die Koſten verringert werden würden. Das, habe ich Ihnen das vorige Mal ſchon geſagt, iſt eine Hoffnung, die wir fallen laſſen müſſen. Entweder ſind wir für die unterirdiſche Anſtalt und deren angegebene Koſten, oder wenn wir die Koſten drücken wollen, ſo können wir nur eine oberirdiſche bauen. Da wir aber mehr auf die unterirdiſchen Anſtalten kommen werden, ſo hat es keinen Zweck, eine billigere unterirdiſche Anſtalt ſchaffen zu wollen, ſondern wir müſſen uns damit vertraut machen, daß wir für die unterirdiſche Anſtalt auch den geforderten Preis bewilligen. Ich möchte deshalb den Antrag ſtellen, formell über Punkt aà der Magiſtratsvorlage abzuſtimmen. Ich habe die Ueberzeugung, daß diejenigen, die jetzt für die unterirdiſche Anſtalt eingetreten ſind, mit uns auch die unterirdiſche durchbringen. Ich glaube, die Würfel ſind noch nicht gefallen; ich hoffe, daß ſie anders fallen werden, wie Herr Kollege Jolenberg meint. Stadtv. Jacobi: Meine Herren! Es iſt davon die Rede geweſen, in der Nähe des Reichskanzler⸗ platzes eine unterirdiſche Bedürfnisanſtalt zu bauen. Ich möchte aber davor warnen, dabei eine andere Straße ins Auge zu faſſen als den Kaiſerdamm. Denn wir haben ja bereits eine verſteckte unterirdiſche Be⸗ dürfnisanſtalt, die von den meiſten Menſchen, die